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Diffuses Label ÖkostromÖko-Institut empfiehlt überarbeitete Stromkennzeichnung

Glühlampen in einer Hotellobby
(Foto: Pexels auf Pixabay)

Stromanbieter werben teilweise mit irreführenden Aussagen zu Ökostrom-Tarifen. Das Öko-Institut empfiehlt die geltenden Regeln zur Stromkennzeichnung zu ergänzen und transparent zu machen, ob bezogener Strom tatsächlich die Energiewende voranbringt.

02.08.2023 – Wissenschaftler des Öko-Institutes haben untersucht, welche Werbeaussagen von Stromanbietern zur Klimabilanz ihrer Ökostromprodukte zulässig und angemessen sind. Als zulässig und angemessen definierten sie, wenn Versprechen zur Klimawirksamkeit einem tatsächlichen Beitrag zur Energiewende entsprechen. Das können Anreize sein, den Energieverbrauch zu senken oder wenn mit der Wahl der Stromversorgung Einfluss auf den Ausbau und die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energien genommen wird.

Das Fazit der Experten: ein großer Teil der Werbeversprechen ist irreführend oder gar falsch. Mit der Wahl der damit beworbenen Ökostromprodukte würden Verbraucher nicht zur Energiewende beitragen. Der Vorschlag: Eine erweiterte Stromkennzeichnung sollte die spezifischen Beiträge der Stromanbieter für den Erneuerbaren-Ausbau ausweisen.

Fallstricke des Doppelvermarktungsverbotes

Politisch sind die Weichen gestellt, Emissionen aus fossiler Stromerzeugung bis 2045 gen Null zu bringen. Die erneuerbare Stromerzeugung wird – aller Widerstände zum Trotz – zum Mainstream, und der Anteil der Verbraucher, die von ihrem Versorger ein als Ökostrom vermarktetes Stromprodukt beziehen, ist im Laufe der letzten Dekade von circa 10 auf 30 Prozent gestiegen.

Diesen Trend nehmen die Stromanbieter in ihrer Tarifgestaltung auf und werben aktiv mit Ökostrom-Tarifen. Was als Ökostrom verkauft werden darf, folgt einem Regelwerk. Ein Ökostromprodukt beinhaltet im Regelfall eine Belieferung des Kunden mit erneuerbar erzeugtem Strom im Rahmen einer bilanziellen Zuordnung. Bei vielen Ökostromprodukten – nicht bei allen – überwiegen hierbei erneuerbare Strommengen aus außereuropäischen Bestandsanlagen, beispielsweise Wasserkraftwerken in Skandinavien, die auch ohne den Ökostrommarkt erzeugt worden wären. Neuere inländische Anlagen, die durch das EEG gefördert werden, sind aufgrund des Doppelvermarktungsverbots des EEG vom Ökostrommarkt ausgeschlossen.

Aber allein durch den Bezug von Ökostrom aus erneuerbaren Kraftwerken aus dem europäischen Ausland, die ohnehin längst gebaut sind und rentabel laufen, tragen Stromkunden nicht zum Klimaschutz bei, wie Dominik Seebach, einer der Studienautoren erklärt. Das sei vielen Kunden aber nicht bewusst, wenn sie ein Ökostromprodukt wählen.

„Wenn Anbieter dennoch mit CO2-Einsparungen werben, ohne dass ihre Stromprodukte hierzu einen relevanten Beitrag leisten, führt dies Verbraucher:innen in die Irre“, so Seebach. Das Öko-Institut regt deshalb an, die Angebote durch ergänzende Informationen in der Stromkennzeichnung unterscheidbar zu machen.

Qualitative Unterschiede beim Ökostrom transparent machen

Besonders hochwertige Ökostromangebote reizen demnach den Bau zusätzlicher Windkraft- und Solaranlagen an, aus denen Ökostromanbieter ihre Kunden dann auch versorgen. Zudem sollten ökologisch ambitionierte Versorger den Stromverbrauch ihrer Kunden möglichst in Zeiten mit hohem Erneuerbaren-Anteil – und folglich geringem CO2-Ausstoß – lenken.

Einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leistet den Freiburger Forschern zufolge zum Beispiel Ökostrom, der über langfristige Abnahmeverträge (sogenannte Power Purchase Agreements, kurz PPAs) von neuen und ungeförderten Wind- und Solaranlagen bezogen wird. Positiv sei auch der Strombezug aus alten Wind- und Solarparks, wenn diese nicht durch neue, leistungsfähigere Anlagen ersetzt werden können und aufgrund der Marktbedingungen ansonsten von der Abschaltung bedroht sind. Mit langfristigen Abnahmeverträgen würden Ökostromanbieter Projektbetreibern auch ohne EEG-Förderung Planungssicherheit für ihre Investitionen ermöglichen.

„Die Vorschläge des Öko-Instituts sind überfällig“, sagt Marcel Keiffenheim, Co-Bereichsleiter Politik und Kommunikation von Green Planet Energy. Das Unternehmen hatte die Studie des Öko-Institutes beauftragt. „Die bisherige Stromkennzeichnung wiegt Verbraucher:innen oft in falsche Sicherheit. Die meisten Kund:innen wollen mit ihrem Wechsel zu Ökostrom einen Beitrag für die Energiewende und den Klimaschutz leisten. Mit einer geänderten Stromkennzeichnung kann die Bundesregierung also einen wichtigen Beitrag zu mehr Transparenz im Sinne des Verbraucherschutzes leisten.“

Beim unabhängigen Ökostromanbieter naturstrom werden die Vorschläge ebenfalls positiv bewertet. „Das Öko-Institut legt den Finger zurecht in die Wunde: Der Ökostrom-Markt ist weiter sehr intransparent, ein Großteil der Angebote hat keinerlei Mehrwert für den Klimaschutz. Nur wenige ambitionierte Anbieter und Labels im Markt stehen tatsächlich für eine echte und beschleunigte Energiewende. Eine Reform der Stromkennzeichnung, die diese Unterschiede besser abbildet und mehr Klarheit für die Endverbraucher bringt, wäre daher sehr zu begrüßen“, erklärt Sven Kirrmann, Senior Referent für Politische Kommunikation bei naturstrom. pf


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