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StrukturwandelSo sieht der Milliardenplan der Kohlekommission aus

Blick auf den Braunkohletagebau Nochten in der nördlichen Oberlausitz
Blick auf den Braunkohletagebau Nochten in der nördlichen Oberlausitz. (Foto: © Julian Nyča, CC-BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

Der Zwischenbericht der Kohlekommission sieht langfristige Milliardenhilfen, den Umzug von Bundesbehörden, neue ICE-Trassen und bessere Mobilfunknetze vor. Besonders die Lausitz könnte von dem „Revierbonus“ und neuer Infrastruktur profitieren.

30.10.2018 – Alle Braunkohlereviere in Deutschland, das Rheinische Revier, die Lausitz, das Mitteldeutsche Revier und das Helmstedter Revier sind vom Strukturwandel betroffen. Seit den 1990er Jahren werden dort Arbeitsplätze im Kohlesektor abgebaut, von ehemals über 200.000 Braunkohlekumpeln sind gerade einmal 20.000 übrig geblieben:

  • im Rheinischen Revier fast 9.000
  • in der Lausitz knapp 8.000
  • im Mitteldeutschen Revier ca. 2.000
  • rund um Helmstedt etwa 700

Zulieferer mit eingerechnet könnten bis zu 60.000 Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Wenig im Vergleich mit anderen Branchen und kaum zu vergleichen mit den 300.000 Arbeitsplätzen bei den Erneuerbaren Energien.

Für Regionen mit kaum wirtschaftlichen Alternativen und wenig Industrie schmerzt aber jeder verlorene Arbeitsplatz. Das gilt insbesondere für die Lausitz, deren wirtschaftliche Perspektive auch beim Erhalt aller jetzigen Braunkohlearbeitsplätze alles andere als rosig daherkommt. Ähnlich sieht es im Mitteldeutschen Revier bei Leipzig aus. Das Rheinische Revier zwischen Köln und Aachen gilt als wirtschaftlich stabiler.

1,5 Milliarden sofort, der Rest später

Insofern ist der Zwischenbericht der Kohlekommission zum Strukturwandel in diesen Regionen und wie dort eine wirtschaftliche Entwicklung gefördert werden kann so wichtig. Schon in den vergangenen Wochen sind Ergebnisse an die Öffentlichkeit durchgesickert und sie machen durchaus Sinn. Konkret empfiehlt die Kohlekommission der Bundesregierung folgende Punkte:

  • Mit Milliarden für die wirtschaftliche Entwicklung sollen die Regionen für einen Kohleausstieg entschädigt werden. Schätzungen gehen von einem zweistelligen Milliardenbetrag aus.
  • Ein „Revierbonus“ soll sicherstellen, dass neue Infrastrukturprojekte schneller und einfacher geplant und umgesetzt werden können als im Rest der Republik.
  • Das betrifft etwa die Verkehrsanbindung mit Auto und Bahn in die Metropolen Köln und Düsseldorf vom Rheinischen Revier und nach Berlin und Dresen aus der Lausitz. Im Gespräch sind ein Ausbau der Autobahn A13 von Berlin nach Dresden und eine neue ICE-Verbindung von Berlin nach Görlitz und weiter bis nach Breslau und Krakau in Polen.
  • Beide Reviere sollen Modellregionen für die Einführung des neuesten Mobilfunkstandards werden.
  • Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen könnten in die betroffenen Regionen umziehen und Neugründungen dort angesiedelt werden. Für einen Umzug in Frage kommen das Bundesverwaltungsamt oder das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik. Es geht um einige Tausend Stellen. In Cottbus soll ein neues Forschungsinstitut des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR gegründet werden.
  • Noch in dieser Wahlperiode, also bis 2021, sollen 1,5 Milliarden Euro im Zuge eines Sofortprogramms in die Braunkohleregionen fließen. Das war bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD beschlossen worden.

Ein „Zuviel“ gibt es kaum

Wie viel Geld und Hilfe die Regionen tatsächlich benötigen, um die wegfallenden Jobs und Industrien zu kompensieren, ist unklar. Denn einfache Berechnungsmethoden gibt es nicht, allenfalls Schätzungen. Ein „Zuviel“ kann es aber kaum geben, die Regionen gelten nicht als übermäßig reich oder wirtschaftlich entwickelt.

Die Frage ist unmittelbar mit dem Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung in Deutschland verbunden. Werden schon in den nächsten Jahren viele Braunkohlekraftwerke und Tagebaue abgewickelt, muss der Plan früher greifen. Schiebt die Bundesregierung den Kohleausstieg auf die lange Bank, bleibt mehr Zeit. Einen umfassenden Plan soll die Kohlekommission der Politik noch Anfang Dezember liefern. Derzeit ist die Abschaltung des letzten Kohlekraftwerks zwischen 2035 und 2038 im Gespräch. Das klingt nicht besonders ambitioniert.

Hoffnungsvolles Zeichen

Ein hoffnungsvolles Zeichen sendeten die Mitglieder der Kommission dennoch, sie beschlossen den Zwischenbericht einstimmig. Das weckt Hoffnungen auf einen von Kohleindustrie, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Wissenschaftlern getragenen Kohle-Kompromiss, der die Debatte befrieden und Deutschland wieder auf Klimaschutzkurs bringen kann. cw


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