Menü öffnen

Wuppertal InstitutWie Suffizienzpolitik aussehen könnte

Mutter Mit Kind Herbst Wanderung Wald Suffizienz
Weniger Ressourcen verbrauchen heißt das Gebot der Stunde. (Foto: pxhere / CC0 1.0)

Bisher hat die Politik keinen Weg gefunden, weniger Konsum und Ressourcenverbrauch als Teil der Lösung für die Klimakrise zu vermitteln. Das Wuppertal Institut macht nun Vorschläge für Suffizienz-Strategien in verschiedenen Politikfeldern.

28.09.2023 – Ein heikles Thema ohne Frage, aber ein wichtiges: Wollen wir die planetaren Grenzen nicht überlasten, die menschlichen Lebensgrundlagen nicht vernichten, müssen wir auch unseren Ressourcenverbrauch einschränken. Das Wort Verzicht mag niemand in diesem Zusammenhang aussprechen. Und eigentlich geht es auch nicht um Verzicht, sondern um viele Dinge, die wir gewinnen: saubere Luft, bessere Gesundheit, Erhalt von Hab und Gut durch weniger Umweltkatastrophen, mehr Zeit vielleicht für unsere Familien und unsere Freunde, weniger Stress.

Der Zukunftsimpuls des Wuppertal Instituts für Umwelt, Klima, Energie macht der Politik Vorschläge, diese Aufgabe anzugehen. Unter dem Titel „Suffizienzpolitik als Booster zum Erreichen der Klimaschutzziele“ thematisieren die Autoren die Reduzierung von Ressourcen- und Energieverbräuchen – und damit auch der Emissionen.

„Mit Suffizienzpolitik ist sehr viel mehr möglich als bisher angenommen, wenn sie beherzt angegangen wird, die passenden Rahmenbedingungen gesetzt werden und alle Sektoren ihren Beitrag leisten“, ist Manfred Fischedick, Präsident des Wuppertal Instituts überzeugt und betont gleichzeitig den Faktor Geschwindigkeit. Es muss schnell gehandelt werden, um die Klimaschutzziele noch zu erreichen.

Konkrete Maßnahmen für Konsum, Gebäude, Verkehr, Kreislaufwirtschaft und Energie

Jeweils fünf Maßnahmen für die Bereiche Konsum, Gebäude, Verkehr, Kreislaufwirtschaft und Energie in Deutschland werden formuliert. Dabei setzen die Autoren auf Synergien und Strategien, die mehrere Lösungen gleichzeitig bieten und sich untereinander positiv beeinflussen. Für nachhaltigen Konsum beispielsweise identifizieren die Forscher differenzierte Daten, Sharing- und Tauschsysteme, Änderungen im Steuerrecht und partizipative Quartiere als Handlungsfelder. Das steigende Interesse an pflanzlicher Ernährung sehen sie als Einstieg in suffiziente Lebensstile, der gezielt gefördert werden sollte.

Im Gebäudesektor kann mit einem Flächenmoratorium (Neuinanspruchnahme von Flächen als Bauland nur in bestimmten Regionen), Hebeln in der Gesetzgebung, gezielter Analyse von Wohnraumpotenzialen, der Ausrichtung bestehender Förderprogramme auf Suffizienz und der Unterstützung kommunaler Wohnraumagenturen der Weg bereitet werden.

Die Maßnahmen für den Verkehr stehen zum Teil schon länger auf der Agenda, sind aber bisher ungelöst: Verkehr vermeiden – mit systematischer Politik und Planung, aber auch mit Verschiebung von Prioritäten. Jedes Gesetz sollte daraufhin überprüft werden, dass es nachweislich keinen zusätzlichen Verkehr erzeugt.

Kreislaufwirtschaft und Energie sind weitere Politikfelder, deren mögliche politische Gestaltung im Zukunftsimpuls beschrieben werden.

Suffizienz führte lange ein Schattendasein – das ändert sich gerade

Bisher haben die Mitgliedsländer der EU sehr wenige Suffizienz-Maßnahmen in ihren Energie- und Klimaschutzplänen berücksichtigt. Erst seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und der Preisexplosion bei Energieträgern wurde intensiver über die Rolle von Suffizienz diskutiert. Die verhaltensbedingte Reduktion des Energieverbrauchs, beispielsweise für das Heizen, hat wesentlich dazu beigetragen, dass es im letzten Winter zu keiner physischen Verknappung von Energie gekommen ist. Mittlerweile sind Suffizienz-Maßnahmen – etwa die Reduktion der durchschnittlichen Wohnflächen oder der pro Kopf zurückgelegten Wegstrecken – immer häufiger wichtige Lösungsoptionen in Energieszenarien, zum Beispiel beim Umweltbundesamt. Der Weltklimarat hat Suffizienz inzwischen sogar als entscheidende Strategie zum Erreichen der Klimaziele anerkannt.

Auffällig ist auch, dass EU-Bürgerräte deutlich stärker auf Suffizienz setzen, als bisher in den Nationalen Energie- und Klimaschutzplänen vorgesehen: Die Vorschläge der Räte bestehen zu 39 Prozent aus Suffizienz-Maßnahmen, in den Nationalen Energie- und Klimaschutzplänen sind es lediglich acht Prozent. Das gleiche gilt für vermeintlich unpopuläre ordnungspolitische Maßnahmen: Umfragen zeigen beispielsweise, dass 71 Prozent der Deutschen ein Tempolimit auf Autobahnen befürworten. Laut Fischedick sind die Bürger und Bürgerinnen zu viel mehr bereit, als man ihnen zutraut – wenn man den privaten und gesellschaftlichen Nutzen gut erklärt. pf
 


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft