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Das Ende des Kapitalismus

Das Ende des Kapitalismus

Ist grünes Wachstum möglich? Und wenn nicht, was ist die Alternative? Ulrike Herrmann zeichnet in ihrem Buch die Geschichte der Industrialisierung nach – und trägt den Kapitalismus zu Grabe. Für eine lebenswerte Zukunft müsse die Wirtschaft schrumpfen statt wachsen.

Das Ende des Kapitalismus

Die Wirtschaft muss sich grundlegend ändern, denn an der Klimakrise und ihren Auswirkungen kommt niemand vorbei. Ulrike Herrmann erklärt, warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden.

Ausbeutung macht nicht reich

Herrmann legt den Finger in die Wunde, was die Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen tatsächlich für die Industrialisierung und die Entstehung des Kapitalismus bedeuteten. Der Aufmachung des Buchs zum Trotz widerspricht die Autorin Karl Marx und stützt sich in ihren Thesen weit mehr auf Adam Smith, den Begründer des Liberalismus.

Marx ging davon aus, dass der Kolonialismus einen entscheidenden Baustein in der Entstehung des Kapitalismus darstellt. Die Erschließung immer neuer auszubeutender Mittel in den Kolonien zusammen mit den zahlungskräftigen Absatzmärkten in den Mutterländern hätten demnach erst genug Kapital erzeugt, um die Industrialisierung möglich und den Kapitalismus als Wirtschaftsform erfolgreich zu machen.

Herrmann verweist hingegen auf die Kosten der Extraktion, Eroberung und Unterdrückung. „So paradox es klingen mag, Ausbeutung macht nicht reich“, so Herrmann. Für die Wirtschaftsleistung der Kolonialherren seien die Kolonien nie wirklich bedeutsam gewesen – und wirkten sich oft sogar langfristig negativ aus. Dass man nur reich sein könne, wenn andere arm sind, klinge nur intuitiv plausibel.

Kapitalismus ermöglichte erst Demokratie, Wohlstand, Gerechtigkeit

Der Kapitalismus, so Herrmann, sei gerade kein Nullsummenspiel. Unterdrückung und Ausbeutung seien unnötig. Stattdessen würden Nationen reicher, wenn jeder Einzelne reicher werde. Die Industrialisierung habe so den Kolonialismus erst möglich gemacht, und nicht etwa umgekehrt. Der Kapitalismus benötige keine niedrigen Löhne, keine Ausbeutung, keine Kolonien und keinen Krieg.

Das sei eigentlich eine gute Nachricht: Für die Demokratie, für mehr Gerechtigkeit, für die westliche Lebensweise. Wäre da nicht der im Kapitalismus tatsächlich inhärente Wachstumszwang. Denn, und das wird immer mehr Menschen klar: Unendliches Wachstum ist in einer endlichen Welt nicht möglich. Deshalb zerstört der Kapitalismus seine Umwelt – und letztendlich sich selbst

Schrumpfen statt Wachsen

Die Energiewende sei ein notwendiger Schritt, werde aber auch in Zukunft kein Leben im Überfluss erlauben, ist Herrmann überzeugt. Ein grünes Wachstum sei nicht realistisch. Um eine lebenswerte Zukunft zu schaffen, müsse der Kapitalismus enden – und die Wirtschaft schrumpfen.

Das beste Modell sei eine Kreislaufwirtschaft, in der nur genutzt wird, was auch wieder recycelt werden kann. Diese Vision sei bei weitem nicht neu, aber noch immer erschreckend wenig durchdacht worden. Es mangele an ausgearbeiteten ökonomischen Konzepten für eine Postwachstumsgesellschaft und an Ideen und Wegen, wie auf eine solche Wirtschaftsweise umgestellt werden kann.

Die Grenzen des Wachstums

Herrmann legt mit einer eigenen Modellidee nach, die sie Überlebenswirtschaft nennt. Der Staat solle festlegen, was noch produziert wird und die Güter verteilen. Dieses Modell orientiert sich an der britischen Kriegswirtschaft im zweiten Weltkrieg. Der Staat lenkt die Wirtschaft, die Betriebe blieben jedoch privat. Das strukturierte Schrumpfen könnte sogar irgendwann wieder Wachstum ermöglichen. Aber eben nur noch in dem Maße, in dem Effizienz tatsächlich gesteigert wird. Hier meint Herrmann vor allem die Effizienz grüner Energie. Am Ende hängt es eben doch wieder von der Ökoenergie ab.

 

 

Ulrike Herrmann

Das Ende des Kapitalismus

Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden

Kiepenheuer & Witsch 2022

Gebundene Ausgabe, 352 Seiten, 24 Euro

ISBN: 978-3-462-00255-3


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Dieter Stompe 22.12.2022, 10:23:27

Wann ist dieser Beitrag erschienen?

Vielleicht ist er ganz neu?

Dann wäre zu verstehen, dass es noch keine Kommentare dazu gibt.

Oder ich bin ich einfach zu altmodisch …

 

Wie diskutieren wir miteinander? Die handschriftliche Kommunikation ist am Aussterben, zum größten Tummelplatz sind die „sozialen” Medien geworden, ich nutze beides kaum (noch), mache mir dennoch Sorgen, wenn ich z. B. an dieser Stelle keinen einzigen Kommentar finde.

 

Eigentlich reicht ein Satz:

Es ist ein Glücksfall, dass dieses dringend notwendige Buch endlich geschrieben wurde!

Die bestechende Logik, die klare Sprache sowie keinerlei Scheu, Unbequemes unmissversständlich auszusprechen, das zeichnet die Ulrike Herrmann aus.

Sie ist weder Wissenschaftlerin noch Politikerin und hat vielleicht deshalb zu einer Sprache gefunden, die es braucht um endlich die ganze Wahrheit zu verkünden.

Allein der Erfolg eines solchen Buches (Bestsellerliste!) ist schon eine Sensation. Fast noch höher ist zu bewerten, dass es keinen Shitstorm gibt. Wie kann das sein?

Wann endlich fängt Deutschland, Europa, die ganze Welt an, darüber laut (!) nachzudenken?

Stephan Thönnes 11.01.2023, 17:00:05

Ein Buch, das anregt, über die eigene Situation nachzudenken. Das es nicht so weitergehen kann, ist den meisten Leuten klar; aber WIE gehen wir das an? Diese Frage treibt mich immer um...

 

Das Buch legt sehr verständlich nahe, in welche Richtung der Weg zeigt... und auch warum.

Ein Politiker wird das nie so aussprechen, also sollte es möglichst "von unten" im kleinen starten


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