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TiefseebergbauErforschen statt Ausbeuten

Meer
Die Bundesregierung will vorläufig keinen Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee unterstützen. (Bild: Danni van der Merwe / pixabay)

Die Tiefsee blieb bisher vom Menschen fast unberührt. Doch technischer Fortschritt und steigende Rohstoffnachfrage reizen Unternehmen, Ressourcen am Tiefseeboden abzubauen. Die Bundesregierung will vorläufig keinen Tiefseebergbau unterstützen.

05.11.2022 – Am Meeresboden lagern bisher unerschlossene Ressourcen. Der steigende Bedarf an Rohstoffen macht Bergbauaktivitäten am Meeresgrund zunehmend attraktiv für Unternehmen. Neben der Digitalisierung treibt auch die grüne Wirtschaftswende den Rohstoffhunger. Denn nun werden andere Rohstoffe benötigt als bisher.

Doch sie zu heben würde mit großer Wahrscheinlichkeit die Ökosysteme der Tiefsee zerstören. Wie groß der Schaden der Extraktion am Meeresboden wirklich ist, ist dabei noch unklar. Erste Forschungsprojekte kamen allerdings zu dem Schluss, dass Bergbauaktivitäten das Leben in der Tiefsee wohl in großen Teilen zerstören würde.

Ressourcenhunger treibt Exploration

Manganknollen, kobaltreiche Eisen- und Mangankrusten sowie Massivsulfide und Erzschlämme rückend zunehmend in den Fokus von Unternehmen. Die Rohstoffvorkommen befinden sich laut Umweltbundesamt in 2.000 bis 6.000 Metern Tiefe, an den Hängen von Seebergen, auf Mittelozeanischen Rücken, am Tiefseeboden sowie am Boden des Roten Meeres.

Die Tiefsee gehört zu den am wenigsten erforschten Gebieten der Erde. Die Lebensräume der Tiefsee sind vielfältig und artenreich. Wie andere Ökosysteme sind sie anfällig für große physikalische Störungen. Einige Tiefseearten sind zudem auf die zu erschließenden Rohstoffe angewiesen, weil sie etwa ihren Lebensraum bilden.

Eine Metastudie wissenschaftlicher Arbeiten zeigte zum Beispiel bereits 2020, dass der Tiefseebergbau die auf die Knollen angewiesenen Arten im Abbaugebiet wohl dauerhaft auslöschen würde. Die Folgen des Rohstoffabbaus wären kaum rückgängig zu machen und noch nach Jahrtausenden zu spüren, auch, weil sich Arten in der Tiefsee besonders langsam entwickeln.

NGOs, Wissenschaftler und Unternehmen fordern Moratorium

Tiefseebergbau wird zurzeit noch nirgendwo auf der Welt wirtschaftlich betrieben. Es gibt jedoch eine Reihe von Explorationsprojekten internationaler Bergbaufirmen. Die Internationale Meeresbehörde schloss über die letzten 20 Jahre insgesamt 31 Erkundungsverträge mit einer Laufzeit von je 15 Jahren. Auch Deutschland unterstützt bereits seit längerem die Erforschung von Ressourcen am Grund der Tiefsee und hält über die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zwei Explorationsverträge im Pazifik und im Indischen Ozean.

Sozial- und Umweltorganisationen fürchten, dass die Umweltauswirkungen des Bergbaus in den Tiefen des Meeres dabei nicht ausreichend berücksichtigt wird. Selbst aus der Wirtschaft gibt es Unterstützung für ein Tiefseemoratorium: Unternehmen wie BMW, Volvo, Samsung und Google forderten im Frühjahr 2021 öffentlich ein Abrücken von Tiefseebergbauplänen. Sie selbst wollten keine Rohstoffe aus der Tiefsee nutzen.

Auch Wissenschaftler veröffentlichten einen entsprechenden internationalen Aufruf. Nun forderte erstmals auch die Bundesregierung ein Innehalten. Die Tiefsee sei zu unerforscht, vorhandenes Wissen und der Stand der Forschung reichten nicht aus, um ernsthafte Umweltschäden durch Tiefseebergbau auszuschließen.

Deutschland unterstützt vorläufig keine Abbauverträge

Bisher waren große Teile der Tiefsee über das Internationale Seerechtsübereinkommen (SRÜ) der Vereinten Nationen (UN) geschützt.  Der Tiefseeboden und seine mineralischen Ressourcen wurden darin 1982 zum „Gemeinsamen Erbe der Menschheit“ erklärt. Zurzeit verhandelt der Rat der Internationalen Meeresbodenbehörde in Jamaica darüber, wie Erkundung und Abbau von mineralischen Rohstoffen in Zukunft geregelt wird.

Deutschland wird zumindest vorläufig keine Anträge auf kommerziellen Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee unterstützen und forderte die Mitgliedstaaten auf, dies ebenfalls nicht zu tun. Eine formale Unterstützung von Abbauanträgen durch einen Mitgliedstaat des UN-Seerechtsübereinkommens ist zwingende Voraussetzung dafür, dass ein Unternehmen eine Genehmigung der Internationale Meeresbodenbehörde erhält.

"Tiefseebergbau würde die Meere weiter belasten und Ökosysteme unwiederbringlich zerstören. Deshalb werben wir als ersten Schritt für ein Innehalten und keine vorschnellen Entscheidungen auf Kosten der Meeresumwelt. Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern haben wir jetzt die Chance, eine weitere drohende Umweltkrise abzuwenden und dem Erhalt der Natur und ihrer Erforschung Vorrang zu geben. Nur ein intakter Ozean hilft uns im Kampf gegen Biodiversitäts- und Klimakrise", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke.

Ins Blaue

Die „precautionary pause“ könnte Wissenschaftlern etwas mehr Zeit für die Erforschung der Tiefsee verschaffen. Der Tiefseebergbau ist damit jedoch noch lange nicht vom Tisch. jb


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