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VogelschwundIntensive Landwirtschaft schadet Vögeln

Trauerschnäpper auf einem Ast
Der Trauerschnäpper ist in ganz Deutschland verbreitet und gern in Wäldern und baumreichen Gegenden unterwegs. Er überwintert in Afrika und gilt als gefährdet. (Foto: Jürgen/jggrz auf Pixabay)

Seit 1980 ist die Zahl der Vögel in Europa um ein Viertel gesunken. Ein Hauptgrund ist der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln in der intensiven Landwirtschaft. Eine Studie zeigt das dramatische Ausmaß, besonders für Vögel in Agrarlandschaften.

19.05.2023 - Die Anzahl an Vögeln in Europa ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Der wichtigste Grund dafür ist die Ausweitung intensiver Landwirtschaft und damit der verstärkte Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln. Dies ist das Kernergebnis einer Studie eines europäischen Forschungsteams. Die Autorinnen und Autoren warnen, dass ohne eine schnelle Transformation der Landwirtschaft das Schicksal der europäischen Vogelpopulationen auf dem Spiel stehe.

Einerseits betrachteten die Forschenden, wie sich 170 Vogelarten an 20.000 Standorten in 28 Ländern zwischen 1980 und 2016 entwickelten. Andererseits untersuchten sie für jedes der 28 Länder vier potenzielle Stressfaktoren für Vögel: die Ausweitung von Landwirtschaft mit hohem Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln, die Urbanisierung, die Änderung der Bewaldung und steigende Temperaturen. Daraus leiteten die Forschenden Zusammenhänge zwischen der Entwicklung dieser Stressfaktoren und der Vogelzahlen ab.

Insgesamt nahm die Anzahl an Vögeln im betrachteten Zeitraum um ein Viertel ab. Besonders betroffen waren Vögel, die in Agrarlandschaften leben – hier gab es einen Rückgang von über 50 Prozent. Der Analyse zufolge wirkte sich die Ausweitung intensiver Landwirtschaft mit Abstand am stärksten auf die Vogelzahlen aus. Zunehmende Urbanisierung hatte ebenfalls einen negativen, wenn auch geringeren, Effekt. Die Bewaldung nahm in fast in allen Ländern zu, was sich auf manche Vogelarten positiv, auf andere aber negativ auswirkte. Bemerkenswerterweise ging die Zahl der im Wald lebenden Vögel trotz größerer Waldflächen um fast ein Fünftel zurück. Die durch den Klimawandel steigenden Temperaturen schadeten besonders den Arten, die kalte Temperaturen bevorzugen, kamen aber anderen zugute.

Als spannende Studie ordnet Christian Hof die Publikation ein, auch wenn grundsätzlich schon bekannt war, dass die Zahl der Vögel zurückgeht, die an Kulturland angepasst sind. Hof ist Juniorforschergruppenleiter am Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie an der Technischen Universität München. Auch dass intensive Landwirtschaft einen massiven negativen Einfluss auf Agrarlandvögel hat, sei nicht neu, aber durch die Studie noch einmal sehr gut belegt. Die neue Errungenschaft der Studie ist nach Hofs Meinung der große Umfang, die Datenqualität und die explizite Verknüpfung der Vogeldaten mit der Intensität der Landwirtschaft und anderen Faktoren.

„Wir sollten weniger intensiv wirtschaften. Vor allem müssen wir von dem hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden wegkommen. Allerdings spielt nicht nur die Intensität der Landwirtschaft eine Rolle, sondern auch die Landschaftsstruktur. Hier wäre ein regionaler Vergleich spannend“, sagt Hof. Die Studie zeige, dass in Ländern, in denen die intensive Landwirtschaft dominiert, die Vogelbestände besonders stark zurückgehen, vor allem in den westeuropäischen Industriestaaten. In Osteuropa sind die negativen Trends bei den Agrarlandvögeln nicht so eindeutig. Das habe höchstwahrscheinlich damit zu tun, dass hier die großflächige, intensive und monokulturelle Landwirtschaft weniger vorherrscht.

Hof macht auf eine weiteres Problem aufmerksam: „Wandernde Arten kommen weniger gut mit dem Klimawandel zurecht. Ein Beispiel: Langstreckenzieher – europäische Arten, die im südlichen Afrika überwintern – kriegen nicht mit, wenn die Bedingungen im Frühjahr in Europa schon gut genug sind, um zu brüten. Die genetische Fixierung auf das Wanderverhalten ist so stark, dass diese Arten ihr Programm standardmäßig abspulen. Sie können dann in Konkurrenz mit Standvögeln oder Kurzstreckenziehern, die in Europa überwintern, Nachteile erfahren. Vereinfacht gesagt sehen diese: Das Laub im Wald treibt aus, die Raupen sind da – ich kann brüten. Arten wie der Trauerschnepper oder Halsbandschnepper kommen dann womöglich zu spät aus Afrika zurück, wenn alle Nistplätze von konkurrierenden Arten bereits besetzt sind und die Raupen, die diese Arten für die Aufzucht ihrer Jungen bräuchten, schon durch sind.“ pf


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