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Corona-Konjunkturpaket100 Milliarden Euro für Wirtschaft und Klima

Sonnenaufgang über Windkraftanlagen
Durch eine Senkung der EEG-Umlage kann die Kaufkraft gesteigert werden: schnell, sozial ausgewogen, nachhaltig und zielgerichtet. (Foto: Karsten Würth on Unsplash)

Über 50 Maßnahmen für mehr Klimaschutz in den Bereichen Industrie, Verkehr, Gebäude und Energiewirtschaft: Das ist die Antwort von Agora Energiewende auf die Corona-Krise. Die Kaufkraft soll über eine Senkung des Strompreises gestärkt werden.

12.05.2020 – Um sieben bis acht Prozent könnte das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland aufgrund der Corona-Krise in diesem Jahr einbrechen. Unternehmen fahren ihre Produktion herunter und die Bevölkerung konsumiert aufgrund des Lockdowns weniger – betroffen sind also sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite.

Warum Klimaneutralität nun das Leitmotiv für ein Konjunkturprogramm sein muss, erklären Agora Energiewende und Agora Verkehrswende in ihrem Impulspapier „Der Doppelte Booster“, das seit Wochen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik diskutiert wurde. Die drei wichtigsten Argumente:

  • Langfristigkeit: Die Investitionen wirken über Jahrzehnte hinweg.
  • Richtungswirkung: Investitionen werden zu bestimmten Technologien und Strategien gelenkt.
  • European Green Deal: Kein Konjunkturprogramm darf hinter dem Ziel der Klimaneutralität 2050 der EU zurückfallen.

Nachdem die „Relief-Phase“ abgeschlossen ist, bei der die Bundesregierung Sofort- und Liquiditätshilfen ausgezahlt sowie Kurzarbeitergeld und steuerliche Hilfen verteilt hat, beginnt die sogenannte „Recovery-Phase“. Genau hier wollen die beiden Thinktanks mit ihrem „Doppelten Booster“ ansetzen und empfehlen dem Bund in den nächsten zwei Jahren Investitionen von insgesamt 100 Milliarden Euro anzustoßen.

Wir haben weder die Zeit noch ausreichende Mittel, um die Corona- und die Klimakrise nacheinander zu lösen.

„Im Moment steht Corona im Fokus, aber die Klimakrise ist immer noch da: 2020 könnte wieder eines der trockensten Jahre in Deutschland werden und eines der heißesten weltweit“, mahnt Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Wir haben weder die Zeit noch ausreichende Mittel, um die Corona- und die Klimakrise nacheinander zu lösen. Ein Wachstums- und Investitionsprogramm, das die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie überwindet, muss deshalb auch der Herausforderung der Klimaneutralität gerecht werden“, so Graichen weiter.

Welche Punkte ein Corona-Konjunkturpaket abdecken muss:

1. Stärkung der Kaufkraft

22 Milliarden Euro sollen demnach in die Stärkung der Kaufkraft fließen. Anstelle von Steuersenkungen schlagen Agora Energie- & Verkehrswende eine Senkung der EEG-Umlage vor, da dies nicht nur schnell umgesetzt werden könne und sozial ausgewogen sei, sondern die Kaufkraft auch nachhaltig und zielgerichtet stärke. Die für 2021 vorgesehene Senkung von 1,5 ct/kWh könnte auf den 1. Juli 2020 vorgezogen und auf 5 ct/kWh erhöht werden. Für Haushalte würde der Strompreis aufgrund des Mehrwertsteuer-Effekts sogar um 6 ct/kWh sinken, die Gesamtkosten um etwa 20 Prozent. Mithilfe eines CO2-Preises könnte das Geld ab 2022 wieder refinanziert werden.

2. Mobilität fördern

Sowohl die Nachfrage als auch das Angebot nach elektrischen Fahrzeugen müsse gefördert werden, so die beiden Thinktanks. Außerdem sollen Fördermittel in den öffentlichen Verkehr und die Verkehrsinfrastruktur fließen. Hierfür werden insgesamt 15 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Stärkung der Nachfrage umfasst eine höhere und ausgedehntere Kaufprämie für rein elektrische Pkw sowie den Bau von bis zu 200.000 zusätzlichen Ladepunkten. Die Automobilindustrie soll durch eine höhere Förderung für Batterie- und Zellfertigung gestärkt werden. Ein staatlicher Investitionsfonds für Start-ups unterstützt deren Wettbewerbsfähigkeit. Die Verkehrswende in den Städten soll durch die Unterstützung moderner Bussysteme vorangebracht werden.

3. Industrie zukunftsfähig machen

Damit die deutsche Industrie auch in zehn Jahren noch wettbewerbsfähig bleibt, empfiehlt Agora Energiewende die Investition von 15 Milliarden Euro in die Stahl-, Chemie- und Zement-Branche. Zuschüsse könnte es insbesondere in Null-Emissions-Technologien, für Wasserstoff- und Elektrolyse-Anlagen sowie Ökostrom-Lieferverträge geben.

4. Den Bausektor stärken

In dem Impulspapier wird zudem empfohlen, die drei Kerntechnologien der Baubranche (Sanierung, Wärmepumpen, Fernwärme) mit insgesamt 25 Milliarden Euro zu pushen. Demnach soll die energetische Sanierung von 100.000 Wohneinheiten auf den KfW-Standard 55 ausgeschrieben und die Förderung insgesamt verdoppelt werden. Außerdem muss die Installation von Wärmepumpen inklusive notwendiger Begleitmaßnahmen mit 50 Prozent bezuschusst, ein Sofortprogramm für grüne Fernwärmenetze und die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude veranlasst werden.

5. Energiewende in der Energiewirtschaft voranbringen

Die Solar- und Windkraftindustrie müssen gestärkt, der Ausbau beschleunigt und Blockaden abgebaut werden. Die Thinktanks sprechen sich für eine schnelle Abschaffung des 52-GW-Deckels sowie weitere Sonderausschreibungen für Solaranlagen aus. Windkraftprojekte sollten schneller genehmigt werden und eine größere Investitionssicherheit für die Wind-Offshore-Industrie herrschen.

6. Europäisch denken

20 Milliarden Euro sollen zur gemeinsamen Bewältigung der Krise mit den europäischen Partnern bereitgestellt werden. Mit dem Aufbau einer „European Green Hydrogen Economy“ und einem massiven Ausbau der Erneuerbaren könnten große Schritte in Richtung Klimaneutralität 2050 der EU gemacht werden.

„Das von uns skizzierte Konjunkturpaket ist ein doppelter Booster für die deutsche Industrie, weil es die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise mit einem Modernisierungsschub verbindet“, betont Graichen. Dies sei auch im Interesse der Wirtschaft, da ansonsten in wenigen Jahren die nächste Wirtschaftskrise drohe. Und diesmal durch den sich verschärfenden Klimawandel. jk


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Denkender Bürger 12.05.2020, 10:31:03

Gut gemeint, aber:

Die Branche der alternativen Einergieerzeugung lebt vor allem von der EEG-Umlage.

Wenn die wegfällt, sieht es für viele Unternehmen auf dem Sektor trübe aus - sie haben schon vor Corona geklagt.

Da wäre es weit sinnvoller, das gesamte Gefüge der Branche und der Förderung mal gründlich zu überarbeiten.

Zudem müßte endlich mal die Energiespeicher in den Fokus gerückt werden. Sonenernergie und Windenergie sind nun mal nicht grundlastfest, weil sie zu sehr von den Bilden und Unbilden der Natur abhängig sind. Man braucht schlicht und ergreifend Energiespeicher, um diese Schwankungen auszugleichen und unweigerlich auftretende Dunkelflauten zu überbrücken - sonst kommt man von den fossilen Energieträgern nicht los!

Nicht das hier durch Kurzsichtigkeit, mangelndes Technik-Verständnis oder ideologische Verbrähnung leichtfertig eine Chance vertan wird !!!

Denkender Bürger 19.05.2020, 00:47:45

Jetzt denkt man schon ernsthaft über eine Senkung des Stronpreises durch Verringerung der Stromsteuer, der Umsatzsteuer auf Strom und eine Rezuzierung der EEG Umlage nach.

 

Eine Umstellung der Energieversorgung weg von den fossilen Energieträgern wird Milliarden und Abermilliarden kosten. Wo sollen diese herkommen, wenn nicht aus Steuern und Abgaben?

 

Wenn man tatsächlich die Steuern und Sonderabgaben auf Strom senkt, sägt man der Energiewende den Ast ab, auf den man sie setzten will !!!


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