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Ölförderung wird ausgebautNorwegen schummelt beim Klimaschutz

Erdölmuseum im norwegischen Stavanger
Öl spielt in Norwegen eine große Rolle und sorgt für den Reichtum des Landes. Im Erdölmuseum im norwegischen Stavanger bekommen Besucher einen Eindruck vom Leben und Arbeiten auf einer Ölbohrinsel. Für Kinder gibt es eine „eigene kleine Bohrinsel“ im Museum, „die immer auf der Suche nach neuer Mannschaft ist.“ (Foto: Nol Aders - Eigenes Werk / Wikimedia Commons / CC BY 2.5)

Norwegen zeigt sich in Sachen Klimaschutz fortschrittlich und investiert in nachhaltige Systeme. Das Geld kommt aus dem Ölgeschäft, das ist kein Geheimnis. Doch nun wird die Ölförderung massiv gesteigert und macht die eigene Klimapolitik zur Farce.

25.10.2019 – In Norwegen läuft es scheinbar rund mit dem Klimaschutz. Im dem weitläufigen Land lässt es sich prima Elektroauto fahren, auch über weite Strecken, denn es gibt ein gutes Ladesäulennetz. Elektroautos haben daher einen Anteil von rund 50 Prozent bei den Neuzulassungen. Geladen wird hier Ökostrom.

Die Stromerzeugung basiert in Norwegen fast ausschließlich auf Erneuerbaren Energien, vor allem aus der Wasserkraft, ein bisschen Windkraft und thermischen Kraftwerken. Rund 98 Prozent der Stromproduktion sind also erneuerbar. Nun werden Ölheizungen ab 2020 auch noch verboten. Doch auf die Ölgewinnung des skandinavischen Landes wird das keinerlei Einfluss haben, ganz im Gegenteil: Ölproduktion und Ölexport sollen sogar noch steigen. Dabei hatte der norwegische Staatsfonds gerade erst verkündet, alle Ölaktien aus seinem Portfolio zu verbannen.

2016 hatte das norwegische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das Norwegen zur Klimaneutralität ab 2030 verpflichtet. 35 Millionen Tonnen CO2 stößt das Land im Jahr aus, angetrieben durch die Ausbeutung fossiler Rohstoffe, mit deren Export die Norweger den Klimawandel zusätzlich anheizen. Es sollen nicht die eigenen Treibhausgasemissionen reduziert werden, die Klimaneutralität soll vor allem durch Ausgleichszahlungen erreicht werden. Geld gibt es ja genug durch den Ölexport: Das macht Norwegens Klimapolitik kompliziert.

Öl- und Klimapolitik gehen nicht zusammen

Norwegens Wirtschaft floriert, die Ölförderung hat Norwegen seit den 1950-erJahren zu einem der reichsten Länder der Welt gemacht. Auch der Tourismus ist ein wichtiges Standbein, doch auch der ist teilweise vom Öl abhängig: Denn der massive Dieselschiffsverkehr in den paradiesischen Fjorden verpestet die Luft und passt nicht mehr zu Natur- und Klimaschutzvorstellungen von heute. Dadurch fühlen sich ganze Wirtschaftszweige und auch Dörfer bedroht, falls es zu einem Verbot oder auch nur einer Reduzierung von dieselbetriebenen Schiffen kommen sollte – denn dann blieben die Besucher aus.

Norwegens Staatskasse hängt am Öltropf. Die Fördergesellschaft Equinor hat nun kürzlich damit begonnen, eines der größten jemals entdeckten Ölfelder der Nordsee auszubeuten. Der Staat kann also weiterhin mit sprudelnden Einnahmen rechnen. Norwegens Außenbild hinsichtlich Klimaschutz bekommt damit allerdings noch größere Risse.

Seit den 90er-Jahren fließt ein bedeutender Anteil der Einnahmen aus dem Ölexport in den Staatlichen Pensionsfonds. Der investiert weltweit in Aktien als auch Immobilien und Anleihen. Transparenz ist dabei ein Kriterium, die Investments schließen Unternehmen aus, die im Waffengeschäft tätig sind oder auch umweltschädigend agieren. Etwas paradox ist es nun also, dass nun noch mehr Geld in den „sauberen Fonds“ aus der verstärkten Ölförderung fließen wird. Mit der Ausbeutung dieses riesigen Ölfeldes steigt die norwegische Ölproduktion sogar um rund ein Drittel.

Öl wird mit Ökostrom gefördert

Der börsennotierte Öl- und Gaskonzern Equinor, dessen Mehrheit vom norwegischen Staat gehalten wird, entstand aus dem Zusammenschluss von Statoil und den Erdöl- und Erdgas-Aktivitäten von Norsk Hydro. Auf seiner Website versucht der Konzern den Klimaspagat mit einer Art Greenwashing der expansiven Ölförderung. Denn die Ölförderung sei quasi klimafreundlich, die Förderplattform werde mit Ökostrom aus norwegischer Wasserkraft betrieben. Das reduziere den CO2-Ausstoß bei der Ölförderung entscheidend. Was danach bei der Verbrennung des Öls an globalen Klimagasemissionen anfällt – damit hat Norwegen ja dann im Prinzip nichts mehr zu tun, das wird doch außerhalb des Landes verbrannt.

Wen das noch nicht überzeugt: In den nächsten Jahren werden rund 100 Milliarden Dollar in die Kassen des norwegischen Staates gespült. Damit kann man viel Klimaschutz finanzieren. Und es füllt den Staatfonds. Denn den musste Norwegens Finanzminister zuletzt anzapfen. Das wiederum – und hier schließen sich die Kreise – lag am Rückgang des Ölpreises. Der fiel innerhalb eines Jahres von 80 Dollar pro Fass Rohöl auf 60 Dollar. Die Nachfrage nach Öl stagniert. Norwegens Ölexporte gingen zurück, das führte zu einem leichten Außenhandelsdefizit. Norwegens Finanzminister musste daraufhin den Staatsfonds anzapfen.

Die Ausbeutung des riesigen Ölfelds verspricht nun Entspannung in wirtschaftlicher Hinsicht, die Förderkosten dort belaufen sich auf 20 Dollar pro Fass, damit sind hohe Gewinne für die Fördergesellschaft wieder garantiert. Zudem ist zu erwarten, dass die Ölpreise wieder nach oben gehen werden.

Und nachdem der Aktienkurs des Konzerns mit dem Ölpreis gesunken war, hat Equinor nun angekündigt, bis 2022 rund fünf Milliarden Dollar aus den Erlösen der expandierten Ölförderung in der Nordsee einzusetzen, um damit eigene Aktien zurückzukaufen und so deren Kurs wieder in die Höhe zu treiben. Der Staatsfonds verkauft also seine Ölaktien, während Equinor, das zu zwei Dritteln dem norwegischen Staat gehört, die Aktien wieder zurückkauft. Das paradoxe System läuft nur, solange das Öl sprudelt. Indes wird der Klimaschutz im Land hochgehalten – sind die anderen Länder ja selber schuld, wenn sie norwegisches Öl kaufen und dann auch noch verbrennen. Dem globalen Klimaschutz ist mit einer solchen Politik und Wirtschaftsweise leider in keinster Weise gedient.  na


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