Hohe FolgekostenSteuerzahlern droht ein finanzielles Braunkohle-Desaster

Zwei Braunkohlebagger im Nebel.
In Jänschwalde wurde der Tagebau Anfang September per gerichtlicher Verfügung stillgelegt. Auch hier drohen der LEAG hohe Verluste. (Foto: Lutki / WikiCommons, CC BY-SA 3.0)

Was passiert, wenn der Energiekonzern LEAG nicht mehr für die Schäden aus dem Braunkohleabbau zahlen kann? Wer dann die Kosten trägt, ist angesichts komplizierter Firmengeflechte unklar. Es könnte den Steuerzahler treffen.

11.11.2019 – Im September 2016 verkaufte der Energiekonzern Vattenfall die Lausitzer Braunkohletagebaue und -kraftwerke an den tschechischen Energiekonzern Energetický  a Holding (EPH) sowie das tschechisch-britische Investmentunternehmen PPF-Investments (PPF-I), die daraufhin über ein verzweigtes Firmengeflecht die LEAG Holding gründeten. Diese ist seitdem für das Lausitzer Braunkohlerevier zuständig. Damit ist die LEAG gesetzlich verpflichtet Tagebaue nach deren Schließung wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen, mit verschiedenen Rekultivierungsmaßnahmen.

Und das kann teuer werden: Schätzungen des Brandenburger Ministeriums für Wirtschaft und Energie zufolge rund drei Milliarden Euro. Um die spätere Rekultivierung sicherzustellen, musste die LEAG mit den zuständigen Bundesländern Sachsen und Brandenburg Vorsorgevereinbarungen unterzeichnen, die den Energiekonzern finanziell haftbar machen.

Doch das Braunkohlegeschäft in Deutschland ist wirtschaftlich angeschlagen und könnte 2019 hohe Verluste einfahren. Dies legen Berechnungen des unabhängigen Thinktanks Sandbag dar. Besonders der Betrieb älterer Kraftwerke, die vor 1990 gebaut wurden, war zwischen Mai und Juni dieses Jahres nicht ökonomisch. Etwa die Hälfte der Zeit fuhren die Kraftwerksblöcke demnach keinen Gewinn ein. Der Emissionshandel scheint langsam Wirkung zu zeigen. Auch hohe Einspeiseraten von Wind- und Sonnenenergie machen Braunkohle unrentabler. Zwischen 2020 und 2022 erwarten die Experten ein Minus von bis 1,8 Milliarden Euro.

„Das jetzige System der Finanzierung beruht darauf, dass die Braunkohle auch in Zukunft viel Geld verdient.“

Verluste, die in den Rückstellungen der LEAG für die Braunkohlefolgekosten nicht vorgesehen sind, wie das Forum für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) analysiert. Swantje Fiedler vom FÖS macht deutlich: „Das jetzige System der Finanzierung beruht darauf, dass die Braunkohle auch in Zukunft viel Geld verdient. Das ist aber längst nicht mehr der Fall“. 2018 betrugen die Rückstellungen 1,38 Milliarden Euro und sind damit weit entfernt von den anberaumten drei Milliarden Euro. Schlimmer noch: Durch die drohenden Verluste ist eine Insolvenz nicht ausgeschlossen. Und wer dann für die Folgekosten haftet, ist unklar.

Ein hochrangiger Manager der EPH erklärte bereits 2017, dass sie seiner Meinung nach nicht für die Verpflichtungen der Lausitzer Tochter LEAG haften. Denn das Firmengeflecht ist so konzipiert, dass die Mutterunternehmen EPH und PPF-I nur über mehrere Tochterfirmen, zum Teil mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey und auf Zypern, mit der LEAG Holding verbunden sind. Laut Analyse des FÖS könnten sich EPH und PPF-I, nach geltender Gesetzeslage, durch Umstrukturierungsmaßnahmen und der Kündigung sogenannter Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen der Verantwortung entziehen. Am Ende müssten der Staat und damit der Steuerzahler die Folgekosten des Braunkohleabbaus tragen.

Ist ein Mutterkonzern der LEAG in kriminelle Machenschaften verstrickt?

Dass hinter der tschechischen EPH ein bedenkliches Unternehmen steckt, zeigen auch vertrauliche Dokumente, die Vorwürfe wegen Geldwäsche, Steuerbetrug, Bestechung und Korruption belegen. Öffentlich gemacht hatten diese Dokumente schwedische Medien, die damit den schwedischen Staatskonzern Vattenfall und die Regierung anprangern. Die schwedische Regierung hatte 2016 offenbar Kenntnis von den Vorwürfen gegen die EPH und genehmigte den Verkauf durch Vattenfall trotzdem. Nach den Regeln des EU-Vergaberechts hätte Vattenfall die EPH jedoch vom Kauf ausschließen müssen.

Ein Bündnis aus Klima-Allianz-Deutschland, Grüne Liga und Greenpeace fordert vor dem Hintergrund dieser Enthüllungen die Verantwortlichen in Brandenburg und Sachsen zu einer umfassenden Untersuchung der Verträge mit der LEAG auf. Und wie das Bündnis, weist auch das FÖS auf eine dringende Überarbeitung der Vorsorgevereinbarungen hin, damit die Länder nicht auf den Folgekosten des Braunkohleabbaus sitzen bleiben. mf

Kommentare

Denkender Bürger am 11.11.2019

+374 Gut Antworten

Wird da möglicherweise eine Mücke zu einem Elefanten aufgeblasen?

Das einzige Kohlekraftwerk in Ostdeutschland, was schon vor 1990 gebaut (und danach technisch überarbeitet und ertüchtigt) wurde, ist das Kraftwerk Jänschwalde. Alle ürbigen Kohlekraftwerke wurden nach der Wende als Ersatz für die Alt-Kraftwerke neu errichtet. Was der VEAG und später Vattenfall auch eine ganze Menge Geld gekostet hat.

Daher kommen wohl auch die wirtschaftlichen Verluste - weil sich die Abschreibungszeiten für die Kraftwerke durch den Kohleausstieg verkürzen. Hinzu kommt die immer größer werdende Erzeugung alternativer Energien - also Strom aus Windkraft und Photovoltaik und der immer geringer werdende Energiebedarf in Wirtschaft und Haushalten durch die immer größer werdende Energie-Effizienz.

Klar, daß die Braunkohle-Verstromung da zu Verlust-Geschäft wird.

Aber Häme ist da unangebracht - schließlich erfolgte sowohl der Kraftwerksneubau nach der Wende als auch die jetzige Entwicklung bei der Stromerzeugung vor allem und in erster Linie aus aus Gründen des Umweltschutzes.

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