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Methan-EmissionenIn Mülldeponien gärt die Klimakrise

Ein Junge steht inmitten einer riesigen Mülldeponie. Im Hintergrund fliegen Vögel hoch
Unkontrollierte Müllberge machen Mensch und Umwelt krank (Bild: Shameem ul islam, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0 Deed)

Neben fossilen Brennstoffen und der Landwirtschaft verursachen Mülldeponien erhebliche Emissionen des klimaschädlichen Methans. Besonders schlimm ist es in einigen asiatischen Ländern, aber auch in Spanien.

15.02.2024 – Wenn auf Deponien organische Abfälle unter Sauerstoffmangel anfangen sich zu zersetzen, entsteht Methan, das in die Atmosphäre aufsteigt und die Klimakrise antreibt. Zwar hat Methan nur eine durchschnittliche Verweildauer von 12 Jahren in der Atmosphäre – Kohlendioxid bleibt bis zu 500 Jahre dort – doch in dieser kurzen Zeitspanne richtet Methan immensen Schaden an. Die klimaschädliche Wirkung ist etwa 83-mal höher als die von CO2.

Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen erzeugen Mülldeponien 20 Prozent der weltweit vom Menschen verursachten Methan-Emissionen. Jeweils 40 Prozent erzeugen fossile Brennstoffe und die Landwirtschaft – hier insbesondere die Viehaltung. Der Guardian hat nun anhand von Satellitendaten ermittelt, wo die besonders klimaschädlichen Mülldeponien liegen, bei denen durch fehlende Verantwortlichkeiten und falschen Umgang besonders häufig sogenannte „Methan-Super-Emitter-Events“ auftreten.

Die Satellitendaten zeigten in einem Zeitraum zwischen Januar 2019 und Juni 2023 insgesamt 1.256 solcher „Events“. Die meisten davon in Pakistan, Indien und Bangladesh. Mülldeponien in Delhi etwa, der Hauptstadt Indiens, verursachten mindestens 124 Super-Emitter-Events. Im April 2022 wurde dort Methan mit einer Rate von 434 Tonnen pro Stunde emittiert. Vergleichbar mit dem Austoß von 68 Millionen Autos mit Verbrenner, die gleichzeitig laufen. Ungehindert wachsen in Delhi und anderen Orten in der Region Abfallberge in die Höhe, ohne den Müll zu trennen und anders zu verwerten.

Müll als Ressource nutzen

Antoine Halff, Mitgründer des Unternehmens Kayrros, das die Satellitenbilder dem Guardian zur Verfügung stellte, sagte gegenüber dem Medium: „Müll ist eine große Quelle für Methan. Und in Ländern wie Indien, Pakistan und Bangladesh ist es nicht nur eine Quelle für Treibhausgase, sondern auch eine verpasste Gelegenheit, eine Treibstoffressource zu erschließen die helfen könnte, den Energiebedarf der Länder zu decken. Es gelte den Müll besser zu managen, fordert Carlos Silva Filho, Präsident der International Solid Waste Association. So sollte organischer Müll, wie Lebensmittelreste und Gartenabfall, getrennt und Biomassekraftwerken zugeführt werden, die daraus Energie produzieren.

Laut Euan Nisbet, Professor und Methan-Experte an der Royal Holloway University of London, könnten aufgeschüttete Erdschichten über bestehenden Müllbergen helfen, bis zu 97 Prozent der klimaschädlichen Wirkung abzumildern. Über bestehende Müllberge könnten Erdschichten geschüttet werden. Dadurch wird Methan in CO2 umgewandelt. Auch das Abbrennen der Müllberge hätte einen ähnlichen Effekt, würde aber zugleich weitere Schadstoffe in die Umgebung ablassen. Derweil könnte es weitere schwierig zu messende Methan-Emissionen von Mülldeponien in Teilen von Afrika und in Südostasien geben. Die feuchte Luft in der Äquatorregion aber macht es schwierig, entsprechende Events zu detektieren.  

Methan-Super-Emitter-Events auch in Europa

Doch auch in Europa wurden Methan-Super-Emitter-Events über Mülldeponien gemessen. Die meisten davon südlich von Madrid in Spanien. Die dortige Pinto Mülldeponie sorgte allein für 17 solcher Super-Emitter-Events seit 2021. Dort sind bereits Biogasgewinnungsanlagen in Betrieb, die eigentlich das Methan auffangen sollen. Auf Anfrage des Guardian erklärten die dortigen Verantwortlichen, dass das Entweichen von bis zu 20 Prozent des Methans normal sei. Die Messungen aber zeigen zum Teil deutlich höhere Mengen, die entwichen sind. Die Verantwortlichen wollen nun genauere Analysen an den entsprechenden Anlagen durchführen.

Die Grüne EU-Abgeordnete Jutta Paulus fordert eine Revision der geltenden EU-Deponienrichtlinie und verpflichtende Überwachungen von Deponiegasen, „idealerweise automatisiert und rund um die Uhr", wie Paulus auf Anfrage der energiezukunft mitteilte. Die Technologie sei vorhanden und werde im Energiesektor bereits seit Jahren eingesetzt.

Die aktuelle EU-Deponienrichtlinie sieht zudem vor, dass Deponiegas (dessen Hauptbestandteil Methan ist), das nicht für die Energieerzeugung genutzt werden kann, abgefackelt wird. „Deponiegas abzufackeln statt es zu nutzen, sollte nur noch in Notfällen zulässig sein. Schließlich handelt es sich um einen wertvollen Energieträger; zudem wird beim Abfackeln immer auch extrem klimaschädliches, unverbranntes Methan frei. Nicht umsonst wurde das routinemäßige Abfackeln im Energiesektor untersagt", so Paulus.

In der EU ist die Abfallwirtschaft mit einem Anteil von 26 Prozent inzwischen für mehr Methanemissionen verantwortlich als der Energiesektor (19 Prozent). Von der EU mitinitiiert, schlossen sich auf der 26. Klimakonferenz in Glasgow rund 100 Länder dem sogenannten „Global Methane Pledge“ an. Das Ziel: Methanemissionen sollen bis 2030 um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2020 verringert und verbindlich gemessen werden. Inzwischen sind 150 Länder Teil der Initiative. Sollten die Versprechen eingelöst werden, könnte die Erderwärmung bis 2050 um 0,2 Grad reduziert werden. Klimawissenschaftler fordern deutlich höhere Ziele bei der Methan-Reduzierung. mg


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