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Energiewende – § 2 EEG 2023Wirkt die Beschleunigungsregelung zum Erneuerbaren-Ausbau?

Windkraft, Windenergie, Ackerflächen
Die Erneuerbaren Energien rücken laut Paragraph 2 EEG 2023 in „überragendes öffentliches Interesse“, damit soll der Ausbau beschleunigt werden. (Foto: Mark König on Unsplash)

Mit dem Paragrafen 2 EEG 2023 wollte der Bundesgesetzgeber die Bedeutung der Erneuerbaren Energien gegenüber anderen Belangen stärken und damit den Ausbau beschleunigen. Ein Forschungsteam zieht nach einem Jahr Rechtspraxis erste Bilanz.

10.11.2023 –Der Ausbau der Windenergie hat dank grünem Wirtschaftsministerium zwar Rückenwind erhalten, hinkt aber den notwendigen Ausbauzielen immer noch weit hinterher. Um mehr Tempo in den Ausbau zu bringen, hat der Gesetzgeber bereits im vergangenen Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Rahmen des Osterpakets reformiert. In diesem Zuge wurde mit dem neuen § 2 EEG 2021 (nun § 2 EEG 2023) den Erneuerbaren Energien ein überragendes öffentliches Interesse und ein Beitrag zur „öffentlichen Sicherheit“ zugeschrieben.

Die Wirkung des Paragraphen und der darin enthaltenen Regelung – also ob die Neuerung den Ausbau der Erneuerbaren und speziell der Windenergie an Land wirklich beschleunigen kann – hat sich ein Forschungsteam der Stiftung Umweltenergierecht nun näher angesehen und in einer umfassenden Studie eine erste Bilanz gezogen: Die fällt recht positiv aus.

In der aktuell publizierten Würzburger Studie zum Umweltenergierecht Nr. 31, Das überragende öffentliche Interesse und die öffentliche Sicherheit nach § 2 EEG 2023, analysieren die Juristen Frank Sailer und Saskia Militz Hintergrund, Inhalt und Wirkungsweise der Regelung und ihre Anwendungsbereiche. Zudem wird die Anwendungspraxis samt Beispielen aus der aktuellen Rechtsprechung aufgezeigt. Auch das inhaltlich verwandte überwiegende öffentliche Interesse nach Artikel 3 EU-Notfall-Verordnung wird in der Studie thematisiert, berichtet die Stiftung Umweltenergierecht.

Vorrang für die Erneuerbaren – mit Vorbehalten

Der Gesetzgeber schreibt in § 2 EEG 2023 für alle Rechtsbereiche und für Behörden und Gerichte verbindlich ein höchstrangiges öffentliches Interesse an den Erneuerbaren und damit eine strikte Gewichtungsvorgabe fest. „Es handelt sich nicht nur um einen bloßen Programmsatz, sondern um eine Wertungsdirektive“, erläutert Studienautorin Militz. Gerade bei wertoffenen Spielräumen, etwa bei Abwägungs-, Ermessens- und Planungsentscheidungen, sei damit die Entscheidung für Behörden und Gerichte für die Erneuerbaren vorgeprägt. „Die hier vorhandenen Spielräume fungieren als Einfallstore für die Wertungen des § 2 EEG 2023“, sagt die Juristin.

Im Zweifel für die Erneuerbaren – mit Ausnahmen

Bei Abwägungsentscheidungen gelte damit eine Regelvermutung für das Überwiegen der Erneuerbaren. Im Rahmen der Abwägung sei dann nur noch zu prüfen, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der ein außerordentlich hohes Gewicht der gegenläufigen Belange begründet, so die Juristen. Einen absoluten Vorrang der Erneuerbaren vor anderen Belangen, wie zum Beispiel dem Denkmal- und Naturschutz, habe der Gesetzgeber jedoch nicht geregelt. Dabei müsse weiterhin eine Abwägung im Einzelfall erfolgen. Zudem wäre § 2 EEG 2023 dort nicht anwendbar, wo das Gesetz gar keine Wertungsspielräume enthält.

In der Praxis angekommen, aber Verbesserungsbedarf

Immerhin habe die Regelung – nach erstem anfänglichen Zögern einzelner Gerichte – inzwischen breiten Eingang in die Behörden- und Gerichtspraxis gefunden, befinden die Studienautoren: Prominente Beispiele sind der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Windenergie im Wald im Verhältnis zur Außenbereichsprivilegierung, das Urteil des OVG Münster zur zwingenden Anwendung des § 2 EEG 2023 bei der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer nicht-privilegierten Windenergieanlage sowie das Urteil des OVG Greifswald zu der Wirkungsweise von § 2 EEG 2023 im Zuge einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung für eine Windenergieanlage.

„Diese Beispiele zeigen, dass sich die Gewichtung zugunsten der Erneuerbaren verschoben hat“, kommentiert Frank Sailer. „Unsere erste Bilanz fällt also positiv aus: § 2 EEG 2023 ist eine wirkungsvolle Regelung. Sie kann und will jedoch nicht alle Hemmnisse für einen beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau beseitigen.“ Gesetzgeber von Bund und Ländern seien daher weiterhin aufgerufen, besonders durch eine Konkretisierung von Prüfungsmaßstäben, einer Klarstellung und Reduzierung der Prüfprogramme sowie durch Verbesserungen bei Verfahren und Rechtsschutz den Ausbau der Erneuerbaren weiter zu beschleunigen. na


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