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Gebäude-EnergiewendeGreen Building statt Green Washing

Luftaufnahme des Centro Tesoro in München mit Photovoltaik
Ein Mieterstrommodell für Gewerbemieter, E-Ladestationen und ein nachhaltiges Abfallwirtschaftssystem wurden im Münchner Centro Tesoro realisiert. (Foto: Schwaiger Group)

Die energetische Sanierung von Gewerbeimmobilien ist eine der größten Herausforderungen der Zukunft. Beim Gewerbekomplex Centro Tesoro, einer ehemaligen Sektkellerei in München, ist dies beispielhaft gelungen.

06.11.2020 – Die Sanierung von Bausubstanz ist schon deshalb sinnvoll, weil nicht nur das Resultat nachhaltig ist, sondern auch der Weg dorthin. Allein der Bedarf von mineralischen Baustoffen wird enorm reduziert – im Schnitt beträgt er nur 40 Prozent dessen, was bei Abriss und Neubau derselben Immobilie notwendig wäre.

Die 2,7 Millionen Nichtwohngebäude in Deutschland mögen zwar zahlenmäßig wenig relevant erscheinen. Aufgrund ihrer großen Flächen haben diese Gebäude jedoch einen hohen Anteil am Endenergieverbrauch. Laut dem Gebäudereport von 2016 der Deutschen Energieagentur (dena) wird mit einem Anteil von 80 Prozent die meiste Energie für Raumwärme benötigt. Während im Handel und in der Hotellerie bereits vielfältige Konzepte und Lösungen existieren, schlummern bei vielen sonstigen Gewerbe- und Büroimmobilien noch enorme Potenziale.

Recycling-Baumaterial, überdurchschnittliche Dämmwerte, Öko-Strom aus der Photovoltaikanlage – am Gewerbe- und Büroquartier Centro Tesoro statuierte die Schwaiger Group ein grünes Exempel. 2016 erwarb der Immobilienprojektentwickler die ehemalige Nymphenburger Sektkellerei im Münchner Osten. Die beiden auf dem Gelände verteilten Gebäude aus den 1980er und 1990er Jahren waren sichtlich in die Jahre gekommen. Trotzdem sollte die Substanz erhalten und in einen modernen Bürokomplex überführt werden.

Die Entscheidung für die Modernisierung der 24.000 Quadratmeter Fläche hat sich gerechnet. Gegenüber einem Neubau lagen die Kosten der Sanierung um fast zwei Drittel niedriger – bei weniger als 400 Euro pro Quadratmeter.

Photovoltaikstrom für Gewerbemieter

Neben der nachträglichen Dämmung der Dächer und der Fußböden im Erdgeschoss, dem Austausch aller Oberlichter und dem Einbau von Hocheffizienzpumpen ist die Photovoltaikanlage auf dem Dach eine wichtige Säule der energetischen Sanierung. Realisiert wurde sie in Kooperation mit den Stadtwerken München. Auf 10.000 Quadratmetern Fläche wurden 1.354 Module mit einer Gesamtleistung von 428 Kilowatt montiert. Damit war diese Anlage zum Zeitpunkt ihrer Errichtung die größte innerstädtische Aufdachanlage.

Sie liefert kostengünstigen Direktstrom für die Mieter, was sich als absolutes Plus für die Vermarktung der Büroflächen herausstellte. Dabei übernehmen die Stadtwerke München die Rolle des Erzeugers sowie des Lieferanten und bieten den Strom allen Unternehmen im Centro Tesoro zu günstigen Konditionen an – rund zehn Prozent preiswerter als andere Anbieter. Nicht im Gebäude genutzter Strom wird ins Netz eingespeist. Die Mieter im Centro Tesoro freuen sich über konkurrenzlos günstige Nebenkosten in Höhe von 1,38 Euro pro Quadratmeter. Auch die Mieten selbst sind im Vergleich zum sonstigen Münchner Gewerbemarkt extrem günstig: 12,50 Euro kostet der Quadratmeter Nutzfläche.

Die drei Säulen - Gebäudehülle, Anlagentechnik und Erzeugung

Weil die Energiewende bei Immobilien nur gelingen kann, wenn Energieerzeugung, Gebäudehülle und Gebäudetechnik im Fokus stehen, wurde beim Centro Tesoro auch die Hülle gedämmt und die technische Gebäudeausstattung (TGA) erneuert. Der Dämmstandard des Gebäudes liegt nun 40 Prozent über den gesetzlichen Vorgaben, und eine neue, hoch effiziente Heizanlage mit Gas-Brennwert-Technik verbessert die Anlageneffizienz. Last but not least regelt eine smarte Gebäudeleittechnik die TGA-Einrichtungen wie Heizung, Hebeanlage und Aufzüge.

Bei der Aufstockung um zwei Etagen und bei der Verstärkung der vorhandenen Bausubstanz setzten die Bauherren auf Recycling-Beton. Im Gebäude befindet sich ein Unterflur-Müllsystem. Fünf Unterflurcontainer für Restmüll, Bioabfälle und Papier sind im Untergrund verborgen, was oberirdisch wertvolle Flächen spart und Geruchsbelästigungen vermeidet.

Das Quartier wurde als erste Bestandsimmobilie in Deutschland mit dem internationalen Green Building Label LEED Platin (Leadership in Energy and Environmental Design) zertifiziert. Das US-amerikanische Label beurteilt Gebäude mittels Punktevergabe für einzelne Kriterien. Die Summe der erreichten Punkte entscheidet, wie das Bauwerk bei der Zertifizierung eingestuft wird. Die Punkte werden in folgenden Kategorien vergeben: nachhaltiger Grund und Boden, Wassereffizienz, Energie und Atmosphäre, Materialien und Ressourcen, Innenraumqualität, Innovation und Designprozess.

Während der Sanierungsarbeiten ging der Betrieb im Gebäude teilweise weiter, seit Februar 2020 sind die Bauarbeiten beendet und auch neue Mieter ins Gebäude eingezogen.

Bürokomplex in Unterhaching mit Geothermie über Fernwärme

Auch beim 30.000 Quadratmeter umfassenden Bürokomplex Hatrium in Unterhaching hat sich die Schwaiger Group dazu entschieden, auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Neben einer großflächigen Aufdach-Solaranlage wurde die gesamte TGA im Gebäude für die Geothermienutzung über Fernwärme umgestellt. Eine Aufgabe, die bei Bestandsimmobilien normalerweise keiner freiwillig in Angriff nimmt.

Nominiert für den Deutschen Immobilienpreis

Mit den beiden Projekten – Centro Tesoro und Hatrium – hat sich die Schwaiger Group um den Deutschen Immobilienpreis beworben und gehört zu den Nominierten für die Auszeichnung in der Kategorie Commercial Player. Den Münchner Projektentwicklern würde der Preis sehr viel bedeuten, könnte er doch ein Schlaglicht auf eine nachhaltig ausgerichtete Immobilienwirtschaft werfen. Doch CEO Michael Schwaiger geht es um mehr: „Wir wollen die gesetzlichen Vorgaben nicht nur einhalten, sondern deutlich übertreffen. Schließlich ist unser Anspruch, die Zukunftsfähigkeit eines Objektes herzustellen und nicht die Erfüllung eines Paragrafen.“

Der Deutsche Immobilienpreis wird 2020 zum ersten Mal in acht verschiedenen Kategorien vergeben. Die Preisträger werden im November bekannt gegeben. pf


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