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Energiekommune mit VisionHelgoland auf dem Weg zur Klima-Friedens-Insel

Sonnenuntergang über der „Klimafriedensinsel“ Helgoland (Foto: Förderverein-Aquaventus/ Jakob Martens)
Sonnenuntergang über der „Klimafriedensinsel“ Helgoland (Foto: Förderverein-Aquaventus/ Jakob Martens)

Die kleine Nordseeinsel Helgoland macht nicht nur viel Wind zu Strom – und bald auch Wasserstoff. Mit dem Projekt Klima-Friedens-Insel will sie zudem ein Zeichen für den globalen Kampf gegen die Klimaerwärmung setzen – als Vorbild für Kommunen.

02.03.2023 – Erneuerbare Energien können Kommunen nicht nur zu Energieautarkie, sondern auch finanzieller Autonomie verhelfen. Vor der Küste der Insel Helgoland wurde 2014 Deutschlands erster kommerziell betriebener Offshore-Windpark fertiggestellt – inzwischen sind es vier Windparks.

Die 43 Kilometer vom deutschen Festland entfernte, nur 1,8 Quadratkilometer große Nordseeinsel, hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Knotenpunkt für die vier Offshore-Windparks vor der Insel entwickelt, berichtet die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), die Helgoland aktuell zur Energiekommune des Monats gewählt hat.

Windenergie und deren Nutzung haben auf der Insel eine unbeständige Geschichte hinter sich. Nachdem erste Versuche der Versorgung der Insel mittels Windenergie gegen Ende der 80er-Jahre aufgrund der damaligen, unzureichenden Technik scheiterten, besitzen die Offshore-Windparks vor Helgoland inzwischen eine Gesamtnennleistung von 1,35 Gigawatt. Die aktuell in Betrieb befindlichen Parks versorgen aktuell 360.000 Haushalte mit erneuerbarem Strom, berichten die Akteure.

Helgoland bringt die Energiewende voran – und profitiert

Zunächst waren die Helgoländer den Windparks nach den gemischten Erfahrungen aus dem letzten Jahrhundert kritisch gesinnt, nun steht die Mehrheit aber hinter den Windenergieanlagen vor der Küste der Insel.

Wie kam das? Vor allem, berichtet die AEE, weil die dadurch gesteigerten Einnahmen der Gemeinde unmittelbar den Inselbewohnern zugutekommen. „Die Erneuerbaren Energien zeigen oft, dass sie gerade kleineren Kommunen zu neuer finanzieller Autonomie verhelfen können“, sagt AEE-Geschäftsführer Robert Brandt. „Helgoland als Servicestelle für die Offshore-Windparks hat der Insel neue Möglichkeiten eröffnet.

Erneuerbare Energien ermöglichen den Abbau kommunaler Schulden

Nach einem steten Rückgang der Touristen auf der Insel in den letzten Jahrzehnten und einem Tiefstand im Jahr der Finanzkrise 2008, stellte der Bau der vier Offshore- Windparks 24 Kilometer vor der Küste der Insel einen Befreiungsschlag für die angeschlagenen Finanzen der Gemeinde dar. Über die gesteigerten Gewerbesteuereinnahmen konnte die Schuldenlast der kleinen Gemeinde Jahr für Jahr verringert werden. Summierten sich die Schulden der Insel im Jahr 2014 noch auf ungefähr 35 Millionen Euro, konnten diese dank der zusätzlichen Einnahmen auf sechs Millionen Euro reduziert werden.

Die Produktion von erneuerbarem Strom hat sich so für die 1.300 Einwohner zählende Gemeinde zu einem zweiten finanziellen Standbein neben dem Tourismussektor entwickelt. Gleichzeitig wurde mit der Ansiedlung der Windindustrie auch die Infrastruktur modernisiert und zahlreiche Helgoländer haben eine Anstellung im Bereich der erneuerbaren Stromversorgung gefunden.

Projekt Grüner Wasserstoff am Start

Bereits seit 2020 in der Planung nimmt nun das Vorhaben AquaVentus immer stärkere Konturen an. Ziel des Projektes ist der Aufbau einer Wasserstoffproduktion mit einer Elektrolyseleistung von 10 Gigawatt bis zum Jahr 2035. Nachdem erste Konzepte aufgrund von Wirtschaftlichkeitserwägungen angepasst werden mussten, befindet sich das Teilprojekt AquaCore in der Planungsphase. Eine erste Windenergieanlage (Prototyp) mit Elektrolyseeinheit vor der Küste liefere dann Offshore produzierten, Grünen Wasserstoff zur direkten Verwendung auf der Insel, berichten die Akteure.

Der Wasserstoff soll zur Wärmeerzeugung für das Wärmenetz der Insel genutzt werden. So könnte das Netz mittelfristig die knapp 700 Haushalte der Insel vollständig CO2-neutral mit Wärme versorgen. Zudem sei geplant, bis 2025 die Serviceschiffe der Insel sowie eine Fähre auf den Betrieb mit Grünem Wasserstoff umzurüsten. Damit wäre ein wichtiger Schritt in Richtung CO2-freier Versorgung der Insel getan, sagen die Akteure.

Heute ist das Gewerbegebiet der Insel modernisiert, die öffentlichen Autos auf der ansonsten autofreien Insel werden elektrisch betrieben und die Laternen sind mit energieeffizienten LEDs bestückt. Auch die Besucherzahlen sind seit der Etablierung der Offshore-Parks gestiegen. Auf gut besuchten Tagestouren können Interessierte sich die Windparks im Sommer sogar aus der Nähe anschauen.

Klimaschutz als Friedensbotschaft

Zurückgehend auf die Initiative des Inselkantors will Helgoland als historischer Zankapfel Deutschlands, Großbritanniens und Dänemarks jetzt Klimaschutz und Aussöhnung miteinander verbinden. Einst beherrscht von Dänen, dann von Briten, wurde die Insel mal zum Umschlagplatz für Schmuggelware, bald mondänes Seebad und schließlich, ab 1890 unter deutscher Herrschaft zur Seefestung der Marine. Mehrmals haben die Inselbewohner ihre Nationalität gewechselt, mehr als einmal mussten Sie Helgoland zeitweise verlassen. Geblieben sind flexible und resiliente Menschen, die Wandlungsprozesse nicht scheuen, schreibt die AEE.

Mit dem Projekt Klima-Friedens-Insel Helgoland wollen sie nun ein Zeichen für den globalen Kampf gegen die Klimaerwärmung setzen und auf die Verwerfungen, die infolge des Anstiegs des Meeresspiegels und der Zerstörung natürlicher Lebensräume entstehen, aufmerksam machen. „Die kleine Hochseeinsel mit ihrer konfliktreichen Vergangenheit und ihrer nachhaltigen Zukunft scheint dafür prädestiniert“, meint auch die AEE. na


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