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EEG 2023Knackpunkte für die Bürgerenergie

Windräder in Ostfriedland
Die Definition der Bürgerenergiegesellschaft im EEG 2023 schränkt Energiewendeaktivisten zu stark ein, findet das Bündnis Bürgerenergie. Auch bei der Eigenversorgung müsse noch nachgearbeitet werden. (Bild: Erich Westendarp / pixabay)

Mit der Definition der Bürgerenergiegesellschaft im EEG 2023 ist das Bündnis Bürgerenergie unzufrieden. Der Aktionsradius der Energiewendeaktivisten wird darin räumlich stark begrenzt. Auch bei der Eigenversorgung fehlt noch eine Klarstellung.

02.05.2022 – Paragraf 3 des EEG definiert wichtige Begriffsbestimmungen des Gesetzes. Unter Punkt 15 findet sich die Definition von Bürgerenergiegesellschaften. Sie wurde leicht verändert mit der Absicht, sie dem EU-Recht anzugleichen. Allerdings kritisiert das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) zwei Punkte als nicht praxisgerecht. Das Bündnis sieht in der jetzigen Fassung die Gefahr, dass Bürgerenergiegesellschaften nur noch wenige Projekte realisieren können.

Der erste Knackpunkt ist das Beteiligungsgebiet: 75 Prozent der Stimmrechte müssen bei Personen liegen, die in der kreisfreien Stadt oder dem Landkreis leben, wo die Solar- oder Windenergieanlage gebaut werden soll. Diese Vorgabe sei realitätsfern, sagt Viola Theesfeld vom Bündnis Bürgerenergie. Es gebe bereits heute Bürgerenergiegesellschaften, die in einem großen regionalen Radius aktiv sind – sie würden mit dieser Begriffsbestimmung zukünftig nicht mehr als Bürgerenergiegesellschaft gelten – bzw. keine Projekte realisieren können, die nicht im unmittelbaren Umfeld ihres Sitzes liegen. Darüber hinaus führten die räumlich sehr unterschiedlichen Flächen der Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland zu ungleichen Chancen. Beispielsweise könnten städtische Bürgerenergiegesellschaften in aller Regel keine Freiflächen-Photovoltaikanlagen oder
Windparks in ihrem Stadtgebiet realisieren.

Der Landkreis ist zu klein

Das BBEn schlägt stattdessen vor, das Verwendungsgebiet aus dem Regionenkonzept des Regionalnachweisregisters als Beteiligungsgebiet zu definieren. Das Beteiligungsgebiet einer Bürgerenergiegesellschaft würde demnach einen Umkreis von 50 Kilometern um den Sitz der Bürgerenergiegesellschaft umfassen und sollte nicht projekt- oder anlagenspezifisch definiert sein. „Wie auch immer man es regeln wird – der Landkreis ist jedenfalls zu klein als Aktionsraum für eine Bürgerenergiegesellschaft“, sagt Theesfeld.

Die Definition des Beteiligungsgebietes hat eine weitere Komponente. Das EU-Recht sieht vor, dass sich Bürgerinnen und Bürger gemeinschaftlich aus eigenen Anlagen über das Verteilnetz versorgen können sollen. Wenn aber das Beteiligungsgebiet so klein gewählt ist, wird auch das Energy Sharing als Konzept behindert, bevor es überhaupt ins nationale Recht umgesetzt wurde. Die Ampelkoalition müsse zeitnah eine Definition von Energy Sharing im deutschen Recht verankern, beginnend mit der Einführung einer passenden Definition für die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften bzw. Bürgerenergiegesellschaft im nationalen Recht.

Ein zweiter Knackpunkt liegt im Gesellschaftsrecht begründet. Genossenschaften haben einen festen Sitz und gründen nicht jedes Mal eine neue Gesellschaft, wenn sie ein neues Projekt realisieren. Sie arbeiten weniger einzelprojektbezogen, sondern setzen vielfältige Projekte entweder direkt in der Genossenschaft oder in einer neu vor Ort gegründeten Tochter-Projektgesellschaft (oft einer GmbH & Co. KG) um. Die Projektgesellschaft gehört dann entweder zu 100 Prozent der Genossenschaft oder bei Kooperationsprojekten anteilig den Kooperationspartnern. Die im Gesetz vorgesehene Regelung zu Zusammenschlüssen geht hingegen an der Praxis vorbei und passt nicht zur Arbeitsweise von Genossenschaften.

Befreiung von Ausschreibungspflicht auch für PV-Dachanlagen

Als Erleichterung für Bürgerenergiegesellschaften ist die Befreiung von der Ausschreibungspflicht gedacht, wenn die Projekte eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Geregelt sind diese Ausnahmen in §22 (3) EEG 2023. Bei der Windkraft sind es Projekte bis 18 Megawatt, bei der Photovoltaik Projekte bis 6 Megawatt. Allerdings soll die Befreiung bei der Photovoltaik nur für Freiflächensolarparks gelten, nicht für große Dachanlagen. Auch diese Einschränkung kritisiert das Bündnis Bürgerenergie, da die europarechtlichen Möglichkeiten der Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen nicht vollständig ausgeschöpft wurden.

Eigenversorgung, das andere große Thema

Bei der Erleichterung für die gemeinsame Eigenversorgung hat sich zwischen Referentenentwurf und Kabinettsbeschluss eine Änderung ergeben. Mit dem Wegfall der EEG-Umlage wird bei der umlagebefreiten Eigenversorgung die Personenidentität zwischen Erzeuger und Verbraucher hinfällig und ist folgerichtig auch im EEG-Entwurf gestrichen. Das vermindert tatsächlich bürokratischen Aufwand. Allerdings ist damit nur ein Teil des Problems gelöst.

Denn nach wie vor wird bei der gemeinsamen Eigenversorgung der Erzeuger zum Energieversorger und hat damit erhebliche Mess- und Meldepflichten zu erfüllen. Dieser juristische Fallstrick könne laut Theesfeld wahrscheinlich nur im Energiewirtschaftsgesetz aufgelöst werden, wo der Lieferbegriff geregelt ist. Hier brauche es unbedingt noch Klarheit. Immer dann, wenn Eigenversorgung ohne öffentliches Netz stattfindet, sollten auch keine Melde- und Messpflichten auferlegt werden. Die regulatorische Freiheit hinter dem Netzanschlusspunkt sei mit dem Osterpaket jedenfalls noch nicht in Sicht. pf


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