Menü öffnen

Photovoltaik-ProduktionPV-Maschinenbauer setzt auf Innovation Made in Europe

Photovoltaik, Stringer-Produktion, Solarmarkt, Solarproduktion, Europa, Baden-Württemberg
Der Stringer TT4000 i8 ECA wurde mit einem speziell entwickelten Klebeverfahren zur Verbindung hocheffizienter Solarzellen der neuesten Generationen vom Typ Heterojunction (HJT) und Multijunction (Tandem-Solarzellen) entwickelt. (Bild: Teamtechnik)

Derzeit ringt Europa um eine gemeinsame Strategie zum Wiederaufbau der Photovoltaik-Produktion. Know-how und Erfindergeist ist auch hierzulande vorhanden wie das Beispiel Teamtechnik, Technologieführer für Anlagen für Solarzellen-Strings, zeigt.

05.12.2023 – Beschaulich präsentiert sich der Bahnhofsvorplatz im gut 16.000 Einwohner zählenden Freiberg am Neckar (Baden-Württemberg) an diesem sonnigen Spätherbstvormittag. Knapp fünf E-Autominuten entfernt, direkt hinter der Autobahnunterführung der A 8, schlägt in der Zentrale des Maschinen- und Anlagenbauers Teamtechnik ein dynamischer Zukunftspuls. In teils futuristisch gestylten Gebäuden entwickeln und produzieren hier gut 550 Beschäftigte Hightech-Automatisierungslösungen für die Branchen E-Mobilität, Medizintechnik und New Energy (PV und Batterietechnik).

So ist das Unternehmen u.a. Technologieführer bei der Entwicklung von Produktionsanlagen für die Herstellung von Solarzellen-Strings für Photovoltaikmodule. Teamtechnik beschäftigt weltweit 1.100 Mitarbeitende an 7 Produktions- und 13 Servicestandorten. Seit 2021 gehört Teamtechnik zum Dürr-Konzern (18.000 Mitarbeitende), der gerade mit BBS Automation die Akquisition eines weiteren Automatisierungsunternehmens abgeschlossen hat. Innerhalb des Konzerns bilden BBS und teamtechnik die Division „Production Automation Systems“ mit einem Umsatz von zusammen ca. 500 Millionen Euro.

Seit 2004 im Solarbereich aktiv

Schon 2004 stieg Teamtechnik in den Markt der Solartechnologie ein. 2006 wurde die erste Generation von Hochleistungsstringern für die Produktion von Produktion von Solarzellenstrings auf internationalen Leitmessen präsentiert. 2010 folgte der Neubau einer 2.300 m2 großen Produktionshalle für den Solarbereich in Freiberg. Pro Woche wurde eine Stringeranlage ausgeliefert. Im selben Jahr machte der schwäbische Maschinenbauer mit der Gründung der Teamtechnik Production Technology Ltd. in Jintan und Suzhou auch den Schritt nach China.

2012 verkaufte das Unternehmen bereits eine Produktionskapazität von mehreren GWp an Solarsstringern und war damit Weltmarktführer in diesem Bereich. Das Photovoltaikgeschäft boomte und es folgten weitere Großaufträge aus China. Allein im letzten Quartal 2013 bestellten die großen chinesischen Solarmodulfabriken über 50 Stringeranlagen bei Teamtechnik. „in 2,25 Sekunden eine Zelle“, hieß es dann 2014. Die Schwaben präsentierten in China das damals weltweit schnellste Stringersystem.

Kleben statt löten – Nominierung für Baden-Württembergischen Umwelttechnikpreis

Und die Innovationsspirale dreht sich weiter. Aktuell liegt die Taktzeit bei 0,85 Sekunden beim TT4200 i8 bzw. 0,9 Sekunden beim TT4000 i8 ECA. Der TT4200 i8 arbeitet mit konventioneller IR-Lichtlötung und wird hauptsächlich in der Produktion von Solarzellenstrings mit PERC- oder TopCon-Technologie eingesetzt. Der TT4000 i8 ECA wurde mit einem speziell entwickelten Klebeverfahren zur Verbindung hocheffizienter Solarzellen der neuesten Generationen vom Typ Heterojunction (HJT) und Multijunction (Tandem-Solarzellen) entwickelt. Heterojunction- und Tandem-Solarzellen kombinieren herkömmliche kristalline Solarzellen mit einer Dünnschicht aus amorphem Silizium oder aus einem weiteren Halbleitermaterial, wie zum Beispiel Perowskit.

Beim Klebeverfahren wird in einem ersten Schritt ein elektrisch leitfähiger Kleber (ECA) beidseitig auf die Zellen gedruckt. Im zweiten Schritt werden die metallischen Zellverbinder in den Klebstoff eingebettet und die Zellverbindung unter niedriger Temperatur ausgehärtet. Dieses Verfahren ist thermisch und mechanisch besonders schonend für die empfindlichen Schichten der modernen und immer dünner werdenden Solarzellen. Es verringert das Auftreten sogenannter „Microcracks“ (minimale Beschädigungen der Zellstruktur), ist bleifrei und erlaubt die Verarbeitung sogenannter „busbarloser“ Zellen.

„Der Verzicht auf Blei macht die Solarmodulherstellung umweltverträglicher und das Recycling einfacher“, die Verwendung busbarloser Zellen spart Rohstoffe bei der Zellherstellung, sagt Teamtechnik Sprecher Philipp Enzel. Ende Oktober wurde das Unternehmen mit der neuen Technik deshalb für die Finalrunde des Baden-Württembergischen Umwelttechnikpreises in der Kategorie „Materialeffizienz“ nominiert.

„Derzeit ist die Klebetechnik bei Stringern noch eine Nische, doch sie wird immer wichtiger. Denn die modernen Solarzellen werden nicht nur leistungsfähiger, sondern auch dünner und empfindlicher“, sagt Michael Schäfer, Senior Account Manager Solar. Nun liegen erste Bestellungen im Gigawatt-Bereich vor.

Präzision und Schnelligkeit entscheidend

Blitzblank sind etliche den neuen, weißen Stringer in der Fertigungshalle aufgereiht und werden vor der Auslieferung nochmals geprüft und vom Kunden abgenommen. Sie sind auf engstem Raum gespickt mit automatisieren Präzisionswerkzeugen, Greifern mit Saugnäpfen, Rollbändern, Lichtschranken, Kameras, sonstiger Elektronik sowie Kabeln und Schläuchen.

In Sekundenschnelle werden die feinen Zelldrähte auf die zugelieferten Rohzellen geklebt oder gelötet und zu Zellstrings verbunden. „Entscheidend ist Präzision und Schnelligkeit“, unterstreicht Enzel. Kernkompetenz bei der Entwicklung der Maschinen und Automatisierungslösungen ist die Software, wobei Teamtechnik hier auch mit Steuerungsspezialisten wie Beckhoff zusammenarbeitet. Ein Stringer der neuen Generation kann pro Jahr Solarzellen mit einer Gesamtleistung von etwa 125-145 Megawatt miteinander verbinden.

Teamtechnik Experten begleiten im Übrigen auch die Montage der Stringer in den PV-Fabriken vor Ort, weisen das Fachpersonal in die Bedienung ein, bieten Schulungen an und übernehmen die Wartung sowie bei Bedarf spätere Updates und Modernisierungen der Fertigungslinien.

Exportgeschäft nach China passé – Konzentration auf Europa

Vorbei sind allerdings die Zeiten, als die Schwaben ihre Stringer in großen Mengen in China absetzten. „Wir können aktuell keine Stringer mehr aus Deutschland nach China verkaufen und das wird auch nicht mehr kommen“, sagt Schäfer.  Denn in den vergangenen Jahren haben die Chinesen den eigenen Anlagen- und Maschinenbau stark weiterentwickelt und produzieren mittlerweile eigene Stringer für die großen PV-Hersteller im Reich der Mitte. Derweilen fertigt Teamtechnik in China vor allem Anlagen für den Bereich E-Mobility.

Umso mehr setzt nun Teamtechnik auf die PV-Produktion und eine Renaissance der Hochleistungs-Solarzellenfertigung in Europa und den USA als Absatzmarkt. In ersten Schritten bewege sich nun was, so Enzel. „Doch ohne gemeinsame europäische Strategie wird der verstärkte lokale Wiederaufbau der PV-Fertigung schwer.“ Schließlich subventionieren China und die USA aktuell massiv die eigene Industrie und verzerren die Märkte. Deshalb entwickelt sich der europäische Solarmodul-Produktionsmarkt bisher nicht richtig weiter, denn Unternehmen investieren aktuell eher in den USA und nicht in Europa. Doch Know-how, Erfinder- und Pioniergeist ist auch in „good old Europe“ vorhanden, wie das Beispiel Teamtechnik zeigt. Hans-Christoph Neidlein


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft