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Akzeptanz Wärmewende„Es geht nicht nur um Informationsvermittlung“

Solarthermie-Anlage in Ludwigsburg am Römerhügel.
Erneuerbare Wärme für die Kommune: Solarthermie-Anlage in Ludwigsburg am Römerhügel. (Foto: MTheiler / CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Trotz der zentralen Bedeutung der Wärmewende ist deren gesellschaftliche Akzeptanz auch in der Forschung bisher kein großes Thema. Darüber gebe es bisher kaum Untersuchungen, sagt Daniela Thrän. Die Bioenergie-Expertin gibt Handlungsempfehlungen.

24.11.2022 – In der Woche der Wärme haben wir mit Prof. Daniela Thrän zum Stand der Wärmewende im Bereich der Forschung gesprochen. Sie leitet das Department Bioenergie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Sie ist Sprecherin des Forschungsverbundes Erneuerbarer Energien (FVEE).

Frau Thrän, wenn über gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende diskutiert wird, ist meist von der Windkraft die Rede. Wie wichtig ist die gesellschaftliche Akzeptanz für eine beschleunigte Umsetzung der Wärmewende?

Die Fragestellung ist bei der Wärmewende deutlich komplexer als bei der Stromwende, denn die Wärmewende kommt ja quasi ins Wohnzimmer, den Heizungskeller, die Gebäudehülle oder den Garten. Eine wichtige Rolle spielen hierbei auch sehr unterschiedliche Wissensstände der verschiedenen Akteure, seien es Planer, Handwerker, Wohnbaugesellschaften oder Häuslebauer. Diskutiert wurde auf der Tagung dazu zum Beispiel, dass aufgrund von Informationsdefiziten die Breite der Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpen in verschiedenen Anwendungsfällen nicht genügend gesehen wird; unter anderem, weil die technische Weiterentwicklung diese erweitert hat. Das sind aber nur Beispiele, insgesamt hat man die Akzeptanz der Wärmewende in der Forschung, im Gegensatz zur Stromwende, bisher nicht systematisch verfolgt, es gibt hierzu bisher kaum Untersuchungen oder Befragungen.

Ist also ein verbesserter Informationsstand der verschiedenen Akteure ein Schlüsselfaktor für die Akzeptanz?

Ja, aus Sicht der Umsetzung ist es sehr wichtig, dass es aktuelles, umfassendes Wissen gibt und dass das auch verfügbar ist. Sprich ein einfacher Zugang zu Information, der auch eine Ertüchtigung der beteiligten Akteure beinhaltet. Zudem ist es wichtig, die ganze Bandbreite der Fragestellungen zu berücksichtigen. Hier vielleicht noch ein anderes Beispiel: Bei der Bioenergie, die einen hohen Beitrag zur regenerativen Wärmebereitstellung liefert, bestehen Unsicherheiten bei der Biomasseversorgung, die z.B. die Umstellung der Wärmeversorgung in der Industrie behindert.

Wie können denn diese umfassenden Informationen so an Planer, Handwerker, Hausbesitzer oder Mieter gebracht werden, dass sie ihr Verhalten ändern und mehr Maßnahmen im Sinne der Wärmewende umsetzen?

Lassen Sie mich ein Beispiel hierzu nennen, welches das Wuppertal-Institut untersucht hat. Es zeigte sich, dass über 30 Prozent der befragten Mieter und Wohnungseigentümer bereit wären, in eine kleinere Wohnung zu ziehen, was eine wichtige Maßnahme zur Senkung des CO2-Ausstoßes ist. Doch vielfach scheiterte dies daran, dass sie gar nicht wussten, wie sie an eine kleinere Wohnung rankommen oder wie sie ihre Wohnungen oder Häuser teilen können. Dazu kommt die sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, was dazu führen kann, dass Menschen, die ihre jetzige Wohnung aufgeben, für eine kleinere Wohnung mehr bezahlen. Es geht also nicht nur um Informationsvermittlung, sondern um mehr. Man sollte auch ermöglichen, dass Handlungsalternativen machbar sind und Hürden abbauen, zum Beispiel durch Wohnungstauschbörsen oder Umzugsprämien.

Ganz neu ist das Thema Energieeffizienz auch im Wärmebereich nicht. Es gab in den vergangenen Jahren gefühlt schon Dutzende von Kampagnen, die Energieberatung wurde ausgebaut und Institutionen wie die Deutsche Energie-Agentur informieren. Doch trotzdem reicht das nicht aus und kommt nicht bei den Menschen an?

Ein guter Punkt, doch da hatte ich vor lauter Forschung gar nicht drauf hingewiesen. Es gibt im Moment so viel Interesse wie nie zuvor für die Wärmewende; auch schon vor dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar. Das heißt die Angebote werden angenommen, das kann man natürlich auch als Akzeptanzhinweis werten. Wir haben auf der Tagung aber eher geguckt, wo sind die Felder, wo man noch mehr tun könnte.  So wurde die Entwicklung einer App vorgestellt, die Haus- und Wohnungseigentümern beispielsweise praktische Tipps beim Umstieg von einer Ölheizung auf klimafreundliche Alternativen gibt. Also, was gibt es für Systeme, worauf muss ich achten usw. Die Nutzer können hier viele Schritte schon mal selbst durchgehen, bevor sie sich auf die Warteliste für eine Energieberatung setzen lassen.

Welche weiteren Best-Practice-Beispiele wurden auf der FVEE-Tagung vorgestellt?

Zum einen das Gecko-Projekt aus Karlsruhe zur Nutzung der Tiefen-Geothermie für eine klimaschonende Versorgung des Nord-Campus des KIT. Zum anderen das Projekt Blau-Grün in Leipzig, wo es vor allem um Kühlung und Stadtbegrünung geht. Die beiden laufenden Projekte sind jeweils inter- und transdisziplinär angelegt und die lokale Bevölkerung und weitere gesellschaftliche Akteure werden schon bei der Konzepterstellung intensiv einbezogen.

Was müsste denn sonst noch passieren, um die Akzeptanz für die Wärmewende weiter zu steigern?

Für grundlegend halte ich ein entsprechendes Monitoring, um genauer zu wissen, wo wir stehen und so die vermeintlich eher hohe aktuelle gesellschaftliche Akzeptanz der Wärmewende noch weiter beschleunigen zu können. Und bei dem Monitoring muss es darum gehen, die unterschiedlichen Akteursgruppen und Ebenen jeweils gesondert zu betrachten, seien es unterschiedliche Heizsysteme oder kommunalen Wärmelösungen.

Welche Rolle spielen die stark gestiegenen Energiepreise in der jetzigen Krisensituation. Hat dies die Akzeptanz für die Wärmewende stark befördert?

Das ist schwer zu sagen. Aus meinem persönlichen Verständnis heraus, würde ich sagen, ja. Aber es fehlt ja bisher das Monitoring und systematische Untersuchungen hierzu.

Welche weiteren Forderungen haben Sie an die Politik. Sind sozialverträgliche Lösungsansätze und Maßnahmen für eine Beschleunigung der Wärmewende schon genügend in Programme und Maßnahmen der Bundesregierung integriert?

Ich würde schon sagen, dass die Politik die wesentlichen Probleme und Lösungsansätze erkannt hat und versucht, die Wärmewende voranzutreiben. Positiv ist auch, dass beispielsweise Anreize geschaffen wurden, um die Produktion von Wärmepumpen in Deutschland und Europa auszubauen. Als ein wichtiges Schlüsselelement für die Beschleunigung einer klimaschonenden Wärmeversorgung wurde auf der Tagung zudem die kommunale Wärmeplanung identifiziert. Doch muss es darum gehen, diese nun tragfähig auszustatten, auch personell. Auch sollten Informationskampagnen und -angebote zielgerichtet konzipiert werden, um die verschiedenen Zielgruppen von den Fachhandwerkern bis zu den Endkunden möglichst gut zu erreichen.

Das Interview führte Hans-Christoph Neidlein.

Informationen rund um die Wärmewende bietet der Bundesverband Erneuerbare Energie BEE aktuell in dieser Woche der Wärme


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