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BochumInnovative Groß-Wärmepumpe geht in Betrieb

Luftaufnahme vieler unterschiedlicher, zum Teil hoher, Gebäude
In der Ruhr-Universität Bochum und dem Stadtteil Querenburg ist die Wärmewende in vollem Gange (Bild: Tuxyso / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)

Ein altes Bergwerk in Verbindung mit Solarthermie und Wärmepumpe sorgt ab sofort dafür, dass der Bochumer Süden klimaneutral mit Wärme versorgt wird. Grundlage für das neue Heizsystem ist das bestehende Fernwärmenetz.

26.09.2023 – Der gesamte Campus der Ruhruniversität mit 5.600 Arbeitsplätzen, sowie 4.800 Mietwohnungen, 760 Häuser und 115 weitere Kunden des umliegenden Stadtteils Querenburg, sind teil eines bestehenden Fernwärmenetzes, dass seit 2018 in einem Pilotprojekt federführend vom Fraunhofer IEG, der Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie, umgerüstet wurde. Nun ging das neuartige Wärmekonzept in Betrieb, wie Fraunhofer IEG am gestrigen Montag mitteilte.

Eine Kombination von Solarthermie, Wärmepumpen und Grubenwasser als Wärmespeicher sei ein bislang weltweit einzigartiger Ansatz, den das Fraunhofer IEG nun als Prototypen in Bochum testet. Der Speicher ist ein ehemaliges bereits geflutetes Steinkohle-Bergwerk in Bochum. Probebohrungen und Pumptests hatten ergeben, dass das Grubenwasser in dem Bergwerk geeignet ist für die neue Fernwärmeversorgung. 37.000 Tonnen Steinkohle wurden in den 1950er Jahren aus dem Bergwerk gefördert. Der verbliebene Hohlraum ist, nach Angaben der Fraunhofer IEG, heutzutage mit rund 20.000 Kubikmeter Grubenwasser zwischen 23 und 64 Metern Tiefe gefüllt. Die Bohrungen hatten ergeben, dass sich die gefluteten Bereiche als Wärmespeicher für Temperaturen von rund 60 Grad Celsius gut eignen.

Im Sommer sorgt die Solarthermieanlage dafür, dass sich das Grubenwasser auf dieses Temperaturniveau aufheizt. Die Hochtemperaturwärmepumpe heizt dann, betrieben mit Ökostrom, je nach Bedarf und Temperaturlage, das Wasser auf 80 bis 120 Grad auf, und gibt die Wärmeenergie über das Fernwärmenetz an die Kund:innen weiter. „Wir haben die komplexe Pilotanlage schrittweise entwickelt und nun im Sommer alle Teile erfolgreich zusammengefügt“, so Arianna Passamonti, leitende Projekt-Ingenieurin. „Wir sind schon sehr gespannt, die Anlage im realen Betrieb der ersten Heizperiode zu sehen, und den Beweis anzutreten, dass Wärmepumpen die hohe Temperatur des Fernwärmenetzes zuverlässig erreicht.“

Als Arbeitsmedium wird in der speziell von Passamonti und ihrem Team entwickelten Wärmepumpe, im Niedertemperaturbereich Ammoniak und im Hochtemperaturbereich Butan eingesetzt. Die Stoffe arbeiten dabei ähnlich dem Medium in einem Kühlschrank und tragen die Wärme von innen nach außen, ohne verbraucht zu werden. Zurzeit wird Ammoniak in Deutschland noch vorwiegend mit Erdgas hergestellt. Doch künftig soll, etwa über eine deutsch-namibische Kooperation, mit Windkraft und Solarenergie Ammoniak in großen Mengen klimaneutral in Afrika produziert und nach Deutschland verschifft werden. Butane werden als Nebenprodukt bei der Gewinnung und Verarbeitung von Erdgas und Erdöl gewonnen. Da das Butan nicht verbrannt wird, entsteht aber kein CO2. Laut Fraunhofer IEG sollen in Folgeprojekten in der Region weitere Bergwerke als Wärmespeicher und zudem Abwärme als Wärmequelle erschlossen werden.

„Fernwärmenetze sind die effizienteste Art viele Haushalte zu versorgen“, sagt Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG. „Wenn wir mehr innovative Ideen umsetzen und fossile Wärmequellen abschalten, kann Fernwärme auch die Nachhaltigste werden.“ Das Projekt zeige, laut Fraunhofer IEG, wie vorhandene fossile Infrastrukturen wie Bergwerke und Fernwärmenetze eine nachhaltige Rolle für die Wärmewende spielen können. Neben dem Fraunhofer Institut waren als lokale Betreiber und Nutznießer unter anderem auch die Stadtwerke Bochum, sowie die Ruhruniversität Bochum an dem Projekt beteiligt.

Die für Bochum, laut neuem Gebäudeenergiegesetz, verpflichtende kommunale Wärmeplanung bis 2026 ist der Lokalpolitik zufolge in vollem Gange. Die gemeinsam mit der SPD regierenden Grünen erklärten, bis Herbst würden Pläne für den Ausbau des Fernwärmenetzes für größere Teile des Stadtgebietes vorliegen. Andere Teile würden an Nahwärmenetze angeschlossen, die von lokalen Wärmequellen wie Grubenwasser gespeist werden. Gebäude, die nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden können, müssten mit Wärmepumpen bzw. alternativen nachhaltigen Systemen beheizt werden. Zum Ziel hat es sich die Stadt gesetzt bis 2035 klimaneutral zu sein, mit der Wärmewende als zentralen Hebel. mg


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