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BundesverfassungerichtBundesländer dürfen Windkraft im Wald nicht pauschal verbieten

Montage einer Windkraftanlage im Wald
Windkraftanlagen im Wald dürfen nicht generell verboten werden. (Foto: naturstrom AG/Miriam Ersch)

Das Thüringer Waldgesetz untersagt die Umwidmung von Waldflächen zur Errichtung von Windkraftanlagen. Dieses generelle Verbot hat das Bundesverfassungsgericht gekippt. Das Land hat damit seine Gesetzgebungskompetenz überschritten.

23.11.2022 – „Eine Änderung der Nutzungsart zur Errichtung von Windenergieanlagen ist nicht zulässig“, heißt es im Paragraf 10 des Ende 2020 geänderten Thüringer Waldgesetzes. Das Verbot kam damals auf Vorschlag von CDU und FDP zustande. Doch dieser Passus ist nicht verfassungskonform und deshalb nichtig, urteilte jetzt das Bundesverfassungsgericht. Es gab damit einer Klage von Waldbesitzern statt, die auf ihren durch Schädlingsbefall geschädigten Waldflächen Windkraftanlagen errichten wollten.

Auch andere Bundesländer müssen nun bestehend Verbote überprüfen: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Rheinland-Pfalz hingegen wurden 2020 die Hälfte aller neuen Windkraftanlagen im Wald gebaut.

Die Argumentation der Richter am Bundesverfassungsgericht: Das Land dürfe nur Waldgebiete unter Schutz stellen, sofern diese Gebiete aufgrund ihrer ökologischen Funktion, ihrer Lage oder auch wegen ihrer Schönheit schutzwürdig und -bedürftig sind. Der Bau von Windkraftanlagen ist hingegen im Bundesbaugesetz geregelt. Der Bund habe insbesondere durch die bauplanungsrechtliche Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich abschließend Gebrauch gemacht hat. Lediglich die Abstandsregeln von Windkraftanlagen liegen in der Regelungshoheit der Landesgesetzgeber.

Flächenziel nun gerechter erreichbar

Rund 34 Prozent der Fläche des Freistaats Thüringen sind Waldflächen. Ein nennenswerter Teil des Waldes besteht aus sogenannten Kalamitätsflächen, bei denen eine forstwirtschaftliche Nutzung wegen Waldschäden, etwa aufgrund von Sturmfolgen oder Schädlingen, nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich ist. Auch diese geschädigten Waldbestände und Kahlflächen gelten als Wald und sind vom Ausschluss der Umwandlung zur Errichtung von Windenergieanlagen durch die Formulierung im Thüringer Waldgesetz erfasst.

Ramona Rothe, Bereichsleiterin Erneuerbare Energien bei der Thüringer Energieagentur, kommentiert: „In bewegenden Zeiten und dem dringlich notwendigen Zubau von erneuerbaren Energien, kam das Urteil zur Verfassungsbeschwerde gegen das ausnahmslose Verbot von Windenergieanlagen in Waldgebieten zu einem wichtigen Zeitpunkt. Private Waldbesitzer aus Thüringen hatten die Klage geführt und somit wegweisend, auch für andere Bundesländer geltend, den Bau von Windkraft im Wald wieder ermöglicht.“

Thüringen stellt aktuell nur 0,4 Prozent seiner Regionsfläche für Windenergie bereit, ist aber wie alle Bundesländer angehalten das Flächenziel von zwei Prozent umzusetzen. In Ost- und Süd-West Thüringen liegen zahlreiche Forstflächen, wo Windenergie grundsätzlich möglich wäre. Durch das bisherige Verbot zur Errichtung von Windkraft im Wald hätten die waldärmeren Standorte Nord- und Mittelthüringen deutlich mehr Anlagen in Ihrer Region errichten müssen. Mit dem Urteil wird eine gerechte gleichmäßige Verteilung einfacher möglich.

Caeli Wind, ein Online-Marktplatz für Windkraftflächen, hat berechnet, wieviel Fläche in Thüringen damit für den Windkraftausbau potenziell verfügbar wird – nämlich etwa 405 Quadratkilometer. Die Fläche berücksichtigt bereits andere Restriktionen wie Flugverbotszonen oder Naturschutzgebiete. Sie entspricht etwas mehr als 2,5 Prozent der Gesamtfläche Thüringens – damit könnte der Freistaat auf einen Schlag das 2-Prozent-Ziel der Bundesregierung für den Windkraftausbau erreichen. Aus Berechnungen anhand einer Referenzanlage ergibt sich für die Fläche ein Windkraft-Erzeugungspotenzial von 11.138 Megawatt.

Verband fordert Wirtschaftsforste als Flächen für Windenergie

Der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Hermann Albers, bezeichnete das Urteil als Paukenschlag. Große Teile der Wirtschaftsforste in Deutschland seien in Folge des fortschreitenden Klimawandels in einem schlechten Zustand. Windenergieanlagen ermöglichten den Umbau der Forstwirtschaft. Flächen, die durch Trockenheit, Krankheit oder Schädlingsbefall stark geschädigt sind, können für die Windenergie genutzt und über die Erträge wieder aufgeforstet werden. Der Bundesverband Windenergie plädiere daher dafür, Flächen in Wirtschaftsforsten zur Nutzung für die Windenergie freizugeben.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entfaltet sofortige Wirkung. pf


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