Menü öffnen

UNEP-Bericht 2023 zu Treibhausgas-EmissionenDie Klimakrise hat keine Pause-Taste

Verbrannte Graslandschaft
Im Vorfeld der Klimakonferenz COP28 konstatiert ein UN-Bericht unzureichende Fortschritte bei der globalen Reduktion von Treibhausgasemissionen. (Foto: energiezukunft / Petra Franke)

Ein Weiter-So in der Klimapolitik führt zu drei Grad Erderhitzung bis zum Jahr 2100. Der Bericht des UN-Umweltprogramms konstatiert eine verstörende Intensivierung der Klimakrise. Trotz aller Anstrengungen steigen die Emissionen.

24.11.2023 – Die Welt erlebt eine verstörende Intensivierung der Klimakrise. Mit dieser Aussage beginnt die Zusammenfassung des „Emissions Gap Report 2023“ des UN-Umweltprogramms UNEP. Temperaturen, Klimagas-Emissionen und der Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre sind alle auf Rekordhoch. Ein „Weiter-So“ in der aktuellen Klimapolitik könnte die Erderhitzung lediglich auf 3 Grad begrenzen. Und selbst wenn alle Ankündigungen umgesetzt würden, würde sich die Erde immerhin noch um 2,5 Grad erhitzen. Im Vorjahresreport standen die beiden Werte bei 2,8 und 2,4 Grad.

Trotz vieler Anstrengungen steigen die Treibhausgas-Emissionen

Laut dem Report stieg der globale Treibhausgas-Ausstoß im vergangenen Jahr auf das neue Allzeithoch von 57,4 Millionen CO₂-Äquivalenten; dabei sind andere Klimakiller wie Methan (CH₄), Lachgas (N₂O) sowie fluorierte Treibhausgase entsprechend ihrer Wirkung auf CO₂ umgerechnet. Nicht einmal die Zuwachsrate bei den Emissionen sinkt: Sie betrug 1,2 Prozent und damit 0,3 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt 2010 bis 2019, den zehn Jahren vor der Corona-Pandemie. Die CO₂-Konzentration in der Erdatmosphäre stieg auf 417,9 ppm (Teile je eine Million Luftmoleküle); vor der Industrialisierung waren es 280 ppm. Und dem 2015 im Weltklimaabkommen proklamierten Ziel, die Erderhitzung im langjährigen Durchschnitt möglichst auf 1,5 Prozent zu begrenzen, steht für 2022 ein weiterer trauriger Rekord gegenüber: In der Kurzfristbetrachtung war der Planet bereits an 86 Tagen mehr als 1,5 Grad heißer als vor der Industrialisierung.

„Auch wenn für 80 Prozent der globalen Emissionen inzwischen Ankündigungen existieren, sie irgendwann auf netto null zu senken – die Emissionen selbst nehmen weiter zu, die Trendwende lässt immer noch auf sich warten“, sagt William Lamb, Wissenschaftler in der MCC-Arbeitsgruppe Angewandte Nachhaltigkeitsforschung und einer der beiden Leitautoren des Emissionskapitels im UNEP-Report. „Weder die aktuelle Krise bei der Versorgung mit fossilen Energien, hervorgerufen durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, noch die Fortschritte bei erneuerbaren Energien haben für eine wirkliche globale Klimawende gereicht. Es läuft in die falsche Richtung – aber wie wir in unserem Kapitel zeigen, durchaus nicht überall in gleichem Maße.“

Die Treibhausgas-Emissionen stiegen besonders stark in Indonesien (10,0 Prozent) und Indien (5,1 Prozent), hingegen nur mäßig in den USA (1,6 Prozent) und China (0,3 Prozent); rückläufig waren sie in der EU (minus 0,8 Prozent), Russland (minus 1,0 Prozent) und Brasilien (minus 2,5 Prozent). Beim aktuellen globalen Anteil an den Emissionen liegt China mit 30 Prozent deutlich höher als die USA und die EU zusammen mit 18 Prozent. Anders verteilt ist hingegen die historische Verantwortung für die Klimakrise: Von den globalen Emissionen 1850 bis 2021 erfolgten nur 13 Prozent in China, in den USA und den heutigen EU-Staaten hingegen zusammengenommen 32 Prozent.

Emissionen aus Landnutzung noch gar nicht enthalten

In den Berechnungen der Emissionen für die einzelnen Länder sind noch nicht die CO2-Bilanzen von Wäldern und landwirtschaftlichen Flächen eingeflossen, weil diese noch nicht vorlagen. Von dieser Flanke drohen weitere kritische Fakten: Eine andere Studie hat die verschiedenen Berechnungsmethoden von globalen Modellen und nationalen Treibhausgasbilanzen untersucht und große Differenzen festgestellt. Der Methodenunterschied liegt an unterschiedlichen Definitionen von „bewirtschaftetem“ Land und von menschengemachter CO2-Entnahme auf diesem Land. Daraus resultiert der Studie zufolge eine riesige Lücke von etwa 4 bis 7 Gigatonnen CO2 weltweit pro Jahr, also mindestens 10 Prozent aller heutigen Treibhausgasemissionen.

Vermögende verursachen mehr Emissionen

Das am MCC federführend gestaltete Kapitel des UN-Berichts präsentiert auch Berechnungen nach der Klimabilanz von Einkommensgruppen quer durch alle Länder. Demnach verursacht das reichste Zehntel knapp die Hälfte aller Klimagas-Emissionen – und nicht weniger als ein Drittel dieser globalen Oberschicht wohnt mittlerweile nicht in den reichen Industrieländern, sondern in den Entwicklungs- und Schwellenländern. „Die uralte Diskussion über Ungleichheit beim Lebensstandard bekommt vor dem Hintergrund der Klimakrise noch einmal zusätzliche Relevanz“, sagt Lamb. „Große Häuser, große Autos, viele Flugreisen, hoher Fleischkonsum – das ist eben nicht nur Privatsache.“

Das Umweltprogramm der vereinten Nationen (UNEP) ermittelt alljährlich die Lücke zwischen den real zu erwartenden Emissionen in den kommenden Jahren und den Werten, die für eine Erreichung der Pariser Klimaziele notwendig wären. Der Bericht fließt in die Bestandsaufnahme bei der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28) ein, bei der die nationalen Maßnahmen zur Erreichung der Pariser Klimaziele überprüft werden. pf


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft