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Nordhalbkugel im HitzestressGreat Salt Lake in Utah trocknet aus

Vertrockneter Uferbereich des Great Salt Lake
Der Great Salt Lake ist der größte Salzwassersee der westlichen Hemisphäre und der achtgrößte Binnensee der Welt. Fast die Hälfte seiner Oberfläche hat der See verloren. (Foto: Fsendek1904 auf Wikimedia / CC BY-SA 4.0)

Hitzewellen stressen Ökosysteme und Menschen der Nordhalbkugel. Letzte Woche fiel der Pegel des großen Salzsees in Utah auf ein historisches Tief. Neben der Hitze sind auch ungebremste Wasserentnahmen für Mensch und Landwirtschaft die Ursache.

19.07.2022 – Seit 1847 werden die Wasserstände am Great Salt Lake im US-Bundesstaat Utah gemessen. Anfang Juli meldete die US-amerikanische geologische Gesellschaft (USGS) einen traurigen Rekord – den niedrigsten Wasserstand seit Beginn der Aufzeichnungen. Damit enthält der See heute nur noch ein Viertel der Wassermenge, die er auf seinem Höchststand 1987 hatte. Seit zwei Jahrzehnten leidet die Region unter zu geringen Niederschlägen, Dürre und Hitze. Doch die Entnahmen für Industrie, Landwirtschaft und privaten Verbrauch gingen ungebremst weiter.

Gesundheitsgefahr durch giftige Stoffe

Fast die Hälfte seiner Oberfläche hat der See verloren. Etwa 2000 Quadratkilometer Seeboden sind nicht mehr mit Wasser bedeckt, zum Teil zu staubigen Wüsten geworden, die mit Kalzium, Schwefel und Arsen versetzt sind. Starke Winde tragen die gesundheitsgefährdenden Stoffe in die angrenzenden Städte und die Metropole Salt Lake City. Zudem gelangten über die Zuflüsse weitere Schwermetalle aus dem Bergbau in den See, die nun nach und nach freigesetzt werden könnten.

Die geringen Niederschläge in der Region lassen befürchten, dass sich die Wassermenge weiter verringert, mehr Wasser verdunstet als zufließt und noch in diesem Jahr weitere Negativ-Rekorde erreicht werden. Geringere Schneefälle in den Bergen – auch verursacht durch den Wassermangel im See – führen wiederum zu geringen Zuflussmengen, höhere Temperaturen im Frühjahr lassen mehr Schmelzwasser gar nicht erst in den See gelangen, eine Abwärtsspirale.

Künstliche Bewässerung einschränken

„Dies ist nicht die Art von Rekord, die wir gerne brechen“, sagte Joel Ferry, Executive Director des Utah Department of Natural Resources. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, um diese wichtige Ressource zu schützen und zu erhalten.“ Es drohe eine ökologische und wirtschaftliche Katastrophe. Nicht nur der Artenreichtum rund um den See ist gefährdet.  Die ganze Region lebt von Landwirtschaft und Gartenbau und damit vom Wasser. Weil die Sommer in der Region sehr heiß und trocken sind, geht ohne künstliche Bewässerung gar nichts. Ein Umdenken ist notwendig.

Klimakrise auf der Nordhalbkugel

Meldungen wie vom Great Salt Lake sind leider keine Ausnahme. Die gesamte Nordhalbkugel leidet unter Hitzewellen und zu geringen Niederschlägen. Im Frühjahr waren Indien und Pakistan von einer sehr langen Periode mit extrem hohen Temperaturen betroffen.

Die katastrophale Dürre in Ostafrika hat bereits jetzt eine Hungerkrise zur Folge. Im Norden Kenias sowie in vielen Regionen Somalias und Äthiopiens herrscht die schlimmste Trockenheit seit 40 Jahren. Millionen Menschen kämpfen ums Überleben.

Aktuell ringt auch Shanghai mit der Hitze, zum dritten Mal in diesem Jahr wurde in der Industrie- und Handelsmetropole die höchste Hitzewarnstufe ausgerufen. Die Hitze betrifft aber nicht nur Shanghai, sondern das riesige Jangtse-Becken und damit mehrere Millionenstädte. Durch den erhöhten Bedarf an Klimaanlagen stieg die maximale Stromlast in China auf ein Allzeithoch, berichteten laut Reuters die staatlichen Medien.

Auch Europa bleibt nicht verschont, die Hitzewellen nehmen sogar schneller zu als anderswo. Seit Wochen begleiten uns die Waldbrand- und Hitzemeldungen aus Portugal, Spanien, Italien und Frankreich. Die Obst- und Gemüsekulturen auf der iberischen Halbinsel verdörren, die italienische Po-Ebene trocknet aus, am Gardasee tobt ein Streit ums Wasser. In Frankreich berief das Landwirtschaftsministerium eine nationale Dürrekommission, um über eine vernünftige Nutzung der Wasserressourcen zu beraten. Atomkraftwerke werden wegen Mangel an Kühlwasser heruntergefahren. Großbritannien hat am Wochenende einen nationalen Krisenstab einberufen. Deutschland kam bisher vergleichsweise glimpflich davon, obwohl ebenfalls Hitzerekorde gebrochen wurden. Aktuell erreicht uns eine neue Heißfront, die Warnungen laufen seit dem Wochenende.  Bis zu 38 Grad Hitze erwarten die Wetterexperten, in Südeuropa bis zu 45 Grad und mehr.

Schwangere, Kleinkinder und Menschen mit Vorerkrankungen sind besonders gefährdet

Die mehrtägig anhaltende Hitze ohne ausreichende Abkühlung in der Nacht birgt erhebliche Gesundheitsgefahren für Menschen. Das körpereigene Kühlsystem kann überlastet werden, Kreislaufprobleme sind die Folge. Nicht nur Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen leiden, auch für Schwangere ist das Klima eine Belastung. „Während Hitzewellen steigt das Risiko für eine Frühgeburt um 15 Prozent, die Gefahr, dass das Kind mit einem niedrigeren Geburtsgewicht auf die Welt kommt, sogar um ein Drittel“, berichtet die Kinderärztin Friederike Jonas dem MDR. Auf Platz 6 und 7 der zehn größten Naturkatastrophen nach Anzahl der Todesopfer zwischen 2000 und 2019 liegen die Hitzewellen 2003 in Europa und 2010 in Russland.

Hitze hinterlässt keine zerstörten Städte und Dörfer oder Brücken, aber sehr wohl ausgetrocknete Böden, Flüsse und Seen und damit erhebliche Schäden an unserer Umwelt, die kaum reparabel sind. Die Lösung ist längst bekannt: die Ressourcen der Erde schonen, Emissionen aus fossilen Energien drastisch verringern.

Eigenschutz und kommunale Maßnahmen gegen die Hitze

Kurzfristig können wir uns nur so gut es geht, vor der Hitze schützen: im Schatten aufhalten, Aktivitäten in die frühen Morgenstunden verlagern, viel trinken, mit Wasser den Körper zusätzlich kühlen, sei es durch ein Bad oder nasse Kompressen.

Städte und Kommunen können darüber hinaus viel wertvolle Unterstützung leisten – zumal insbesondere in Städten besonders betroffen sind. Mit Beton und Asphalt versiegelte Böden absorbieren die Wärme und halten sie. Außerdem verdunstet durch die geringere Vegetation weniger Wasser, das die Luft abkühlt. Gebäude vergrößern die Oberfläche der Stadt, in der Wärme gespeichert wird. So steht die Hitze auch nachts in den Straßenschluchten. Abgase aus dem Verkehr, der Industrie, dem Heizen und Kühlen von Gebäuden verstärken die Hitze noch weiter. Einige Kommunen und Bundesländer haben bereits Hitzeaktionspläne entwickelt, einen nationalen Plan gibt es bisher nicht.

Dabei könnten wir hier viel von unseren europäischen Nachbarländern lernen, wie Dea Niebuhr berichtet. Sie ist Professorin für Gesundheitssystemdesign an der Hochschule Fulda. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und England führten kurz nach dem Jahrhundertsommer im Jahr 2003 mit rund 70.000 europaweiten zusätzlichen Todesfällen nationale Hitzeaktionspläne ein.

Schwimmbäder länger öffnen, Trinkwasser im öffentlichen Raum anbieten

Öffentliche Schwimmbäder mit ausreichend schattierten Zonen sind länger geöffnet; die Eintritte häufig kostenfrei oder günstiger. Klimatisierte Einkaufszentren, Gemeindehäuser und Kirchen werden für die Bevölkerung als Cooling Centers – auch über Nacht – geöffnet oder es sind öffentlich zugänglich klimatisierte Räume mit Sitz- und Liegemöglichkeiten eingerichtet. Kostenfreies Trinkwasser im öffentlichen Raum anzubieten, gehört ebenfalls zu der von Experten empfohlenen Vorsorge. pf


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