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1,5-Grad-ZielÄnderungen am Klimaschutzgesetz in der Kritik

Abgeerntetes trockenes Maisfeld, im Hintergrund Windkraftanlagen
Das Klimaschutzgesetz wird novelliert, die Sektorziele aufgegeben. (Foto: Petra Franke / energiezukunft)

Die Bundesregierung hat ihre geplanten Änderungen am Klimaschutzgesetz sowie ihr Klimaschutzprogramm vorgestellt. Die Sektorziele im Klimaschutzgesetz werden aufgeweicht, zukünftig sollen alle Sektoren gemeinsam die Klimaziele erfüllen.

23.06.2023 – Die Bundesregierung hat den Referentenentwurf zur Änderung des Klimaschutzgesetzes vorgestellt. Jetzt können Experten und Verbände dazu Stellung nehmen. Scharf kritisiert wird vor allem die Aufweichung der Sektorziele im Klimaschutzgesetz. Eingebettet ist die Gesetzesnovelle in das Klimaschutzprogramm, das parallel veröffentlicht wurde.

Geschwächtes Klimaschutzgesetz

Bisher gab es für die Sektoren Verkehr, Gebäude und Energie jeweils eigene Ziele zur Emissionsminderung. Besonders im Verkehrs- und Gebäudesektor wurde in der Vergangenheit zu wenig erreicht, um Emissionen zu mindern. Mit der Gesetzesänderung sollen nun die Sektorziele nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden, sondern eine Gesamtmenge an Klimagasemissionen muss über die Jahre eingehalten werden. Kommt es zwei Jahre hintereinander zu einer Zielverfehlung müssen weitere Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Zudem soll jede neue Bundesregierung zu Beginn ihrer Amtszeit ein Klimaschutzprogramm vorlegen.

Klimaschutzminister Robert Habeck sieht in den vorgelegten Entwürfen viel positives: „Unser Klimaziel für 2030 rückt erstmals in Reichweite. Wir schließen die Klimaschutzlücke, die die Vorgängerregierung uns hinterlassen hat, um bis zu 80 Prozent. Das ist ein großer Fortschritt, auch wenn natürlich noch einiges zu tun bleibt.“

Die Aufweichung der Sektorziele wird jedoch von vielen Branchen- und Umweltverbänden als Rückschritt empfunden. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes hat das Potenzial, die Ambitionen einzelner Sektoren auszubremsen, wie es die BDEW-Geschäftsführerin Kerstin Andreae vorsichtig formuliert. Die Möglichkeit zur Verrechnung mit anderen Sektoren dürfe nicht zum Blankoscheck werden.

Antje von Broock, Geschäftsführerin Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kommentiert: „Mit dem Klimaschutzgesetz in seiner bisherigen Form wurden die Klimaziele nicht eingehalten. Eine Reform war also durchaus angebracht. Statt die Verbindlichkeiten jedoch zu erhöhen, höhlt die Ampel-Regierung das Klimaschutzgesetz aus. Es bleibt die Frage: Wird die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz Verantwortung übernehmen oder will sie den Klimaschutz der nächsten Regierung überlassen?“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt die unveränderte Festschreibung der Klimaziele, hat aber ebenfalls Bedenken bei der Gesamtbetrachtung der Emissionsmengen. Der vzbv fordert, die Ressortverantwortlichkeit verbindlicher zu regeln und die Sofortprogramme bei Zielverfehlung beizubehalten. Der Nachsteuerungsmechanismus müsse schneller greifen, bei absehbarer Zielverfehlung bereits nach einem anstatt nach zwei Jahren. Außerdem solle das Klimageld noch in diesem Jahr umgesetzt werden, sowie das Klimaschutzprogramm noch in dieser Legislaturperiode aktualisiert werden.

Klimaschutzprogramm zur Erreichung der Klimaziele

Beim Klimaschutzprogramm verweist die Regierung zunächst auf die in ihrer Legislatur schon getroffenen Maßnahmen, u.a. die Gesetzesänderungen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, die auf den Weg gebrachte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, die Wärmepumpenoffensive und einige weitere. Das Programm enthält differenzierte Maßnahmen für die Sektoren Energie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft sowie ein Maßnahmenbündel zur Dekarbonisierung der Industrie.

Im Verkehrssektor soll der Schienenverkehr sowie der Stadt- und Regionalverkehr gestärkt werden. Im Straßenverkehr wird der Antriebswechsel als zentraler Bestandteil formuliert.

Auch eine Novelle des Straßenverkehrsgesetzes gehört zum Klimaschutzprogramm 2023.  Die zuständigen Straßenverkehrsbehörden werden ermächtigt, vor Ort in Städten und Gemeinden passgenau und rechtssicher Verkehrsmaßnahmen zu ergreifen, um den Fuß-, Rad- und Bahnverkehr zu fördern, die Lebensqualität in Wohngebieten oder die Verkehrssicherheit, zum Beispiel im Umfeld von Schulen und Spielplätzen, zu erhöhen.

Das bisherige Prinzip, dass alleine die „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ der Maßstab für die Anordnungen der Verkehrsbehörden sind, wird damit erweitert und so eine wesentliche Änderung des bestehenden Rechts erreicht. Künftig können Anordnungen zum Straßenverkehr auch allein aus Gründen des Umwelt- und Klimaschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung erfolgen. pf


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