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ETS-ReformEuropäischer Emissionshandel wird verschärft

Rauchende Schornsteine, rotgefährbter Himmel
Um die Klimaschutzziele zu erreichen, hat die EU den Emissionshandel verschärft. (Foto: pexels  / CC0)

Die EU hat sich auf eine Reform des EU-Emissionshandels (ETS) geeinigt. Darüber hinaus wird es einen ETS-2 geben, der Emissionen aus Wärme und Verkehr bepreist. Damit wird es für Verbraucher und Industrie teurer, schädliche Emissionen auszustoßen.

20.12.2022 – Die Mitgliedsstaaten der EU, das EU-Parlament und die EU-Kommission haben sich auf eine Reform des Emissionshandels verständigt. Quer durch alle politischen Lager wurde das Verhandlungsergebnis als bahnbrechend für den Klimaschutz gelobt. Kritik kam von Umweltverbänden.

Die Reform des ETS war notwendig geworden, weil die EU ihre Klimaschutzziele erhöht hat. 2030 will der Staatenbund seine Netto-Treibhausgasemissionen um 55 Prozent gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 senken. Um dies zu erreichen, wurden mit dem Fit-for-55-Paket 2021 zahlreiche Anpassungen von europäischen Richtlinien und Verordnungen angestoßen. Die Reform des ETS gehört dazu und ist von zentraler Bedeutung, da steigende Preise auf Emissionen das wirksamste Instrument zur Treibhausgasminderung darstellen.

Weniger Emissionsrechte, weniger kostenlose Zertifikate

Die jetzt erzielte Trilog-Einigung sieht vor, die Menge der CO2-Zertifikate – die Emissionsrechte – im EU-Emissionshandelssystem (ETS-1) bis 2030 im Vergleich zu 2005 schrittweise um 62 Prozent zu senken (bisher 43 Prozent). Auch die Regeln für die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten wurden umfangreich überarbeitet. Insbesondere sollen effiziente Unternehmen künftig von einer kostenlosen Zuteilung profitieren wohingegen ineffiziente Anlagen Kürzungen befürchten müssen, wenn sie keine Effizienzmaßnahmen durchführen.

Die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für den Luftfahrtbereich und für bestimmte, besonders im internationalen Wettbewerb stehende Industriesektoren soll stufenweise auslaufen – in dem Maße, wie der Grenzausgleichsmechanismus CBAM wirkt, mit dem klimaschädliche Importe aus Nicht-EU-Ländern mit Zöllen belegt werden. Dazu hatte es in der letzten Woche eine Einigung gegeben.        

Bis 2030 wird knapp die Hälfte der freien Zuteilungen gestrichen. Bis Ende 2034 gibt es dann gar keine freien Zuteilungen mehr für die stark emittierenden Sektoren, die unter den neuen CO2-Zoll fallen. Bis dahin soll der CO2-Zoll vollständig eingeführt sein. Nach Meinung von Michael Bloss, Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament, ein klares Signal für die Industrie, jetzt in dekarbonisierte Prozesse zu investieren. „Die kostenlose Verschmutzungsparty hat ein Ende, wir schicken die Industrie auf den Modernisierungskurs. Bis 2030 werden die kostenlosen Emissionszertifikate fast halbiert und bis 2034 komplett gestrichen. Die schlimmsten Verschmutzer zahlen drauf und diejenigen, die dekarbonisieren, werden unterstützt“, kommentierte der Grüne Europaabgeordnete.

Außerdem wird der Seeverkehr ab 2024 in den Emissionshandel einbezogen. Damit deckt der ETS-1 dann fast die Hälfte aller europäischen Treibhausgasemissionen und die größten Quellen für klimaschädliche Treibhausgase ab: im Energiesektor, in der energieintensiven Industrie sowie im See- und Luftverkehr.

Sven Giegold, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, bezeichnete die Reform gegenüber der Tagesschau als Durchbruch, denn die Geschwindigkeit der Treibhausgasminderungen in der EU werde damit mehr als verdoppelt.

ETS-2 für Wärme und Verkehr

Die Einigung umfasst auch die Schaffung eines zusätzlichen und eigenständigen Emissionshandelssystems für Gebäude, den Straßenverkehr und Brennstoffe in bestimmten industriellen Sektoren – ähnlich dem nationalen deutschen Brennstoffemissionshandel. Die hierbei erfassten Emissionen sollten bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 reduziert werden. Kostenlose Emissionsrechte sind nicht vorgesehen, da die Preise von den Brennstoffhändlern an die Verbraucher weitergegeben werden sollen, um die notwendigen Klimaschutzanreize zu erzielen. Der Preis ist bis 2030 auf 45 Euro gedeckelt. 

Klimasozialfonds für bedürftige Haushalte in der EU

Um bedürftigen Haushalten zu unterstützen, die Investitionen zu tätigen, um die Emissionen zu senken, wird der Klimasozialfonds eingeführt. Dieser wird bereits ein Jahr vor dem neuen Emissionshandel in Kraft treten. Über den Zeitraum 2026 bis 2032 werden 86 MilliardenEurofür soziale Klimamaßnahmen bereitgestellt, die von Gebäuderenovierung von Sozialbauten bis hin zur direkten Einkommensunterstützung reichen. Die Höhe des Sozialfonds und seine Finanzierung waren bis zuletzt ein Streitapfel in den Verhandlungen. Nach Aussage von Oldag Caspar, Leiter des Teams Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch, habe insbesondere Deutschland einen besseren Kompromiss mit zu viel Geiz beim Klimasozialfonds verhindert.

Alle Einnahmen aus ETS müssen in Klimaschutz fließen

Alle Einnahmen aus dem ETS – sowohl dem bestehenden als auch dem neuen für Transport und Gebäude – müssen in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Die dann höheren Einnahmen aus dem ETS-1 sollen zu 100 Prozent für Klimaschutzmaßnahmen bereitstehen – denn das war bisher nicht der Fall. Die Einnahmen aus dem neuen ETS-2 fließen zur Hälfte in den Innovations- und den Modernisierungsfonds der EU und zur Hälfte in den Klimasozialfonds. 25 Prozent der Gelder im Klimasozialfonds müssen die Mitgliedsstaaten selbst aufbringen.

Kritik der Umweltschutzorganisationen

Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland, kritisierte das über den Emissionshandel angesteuerte Minderungsziel als nicht kompatibel mit dem Pariser 1,5-Grad-Ziel. Die kostenlosen Zertifikate erst 2034 vom Markt zu nehmen, sei zudem viel zu spät. Solange gratis Verschmutzungsrechte an die Industrie vergeben würden, gebe es zu wenig Anreiz, auf klimafreundliche Prozesse umzustellen.

Nach Ansicht der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch ist die Reform ein wichtiger Schritt für die europäische Klimapolitik. Er sei jedoch kleiner ausgefallen als es nötig gewesen wäre. Der Druck auf einen beschleunigten Ausstieg aus der Kohle in Europa erhöhe sich mit diesen Beschlüssen. Das schrittweise Auslaufen der kostenlosen Emissionserlaubnisse für die Industrie bis 2034 sei wichtig, dauere aber zu lange. Das sei vor allem auch ein Ergebnis des Drucks aus dem Kanzleramt. Auch der vollständige Start des neuen CO2-Grenzausgleichs komme spät. pf


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