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Europäische UnionZoll auf klimaschädliche Produkte und Ausschluss fossiler Finanzierungen

rauchende Schlote einer Fabrik an einem Berg
Eine Fabrik in China: Emissionen, für die auch europäische Konsumenten verantwortlich sind. (Bild: High Contrast, Wikimedia Commons, CC BY 2.0 de)

Ein CO2-Grenzausgleich, mit dem klimaschädliche Importe aus Nicht-EU-Ländern mit Zöllen belegt werden, kommt. Zudem wird die Finanzierung klimaschädlicher Projekte erschwert. Weitere Entscheidungen zur EU-Klimapolitik stehen an.

15.12.2022 – Mit über 700 Millionen Tonnen ist die Europäische Union der größte Nettoimporteur von CO2-Emissionen weltweit. Emissionen, die bislang anders als in der EU hergestellte Produkte, nicht mit einem CO2-Preis versehen werden. In der Europäischen Staatengemeinschaft sorgt das Emissionshandelssystem (Emissions Trading System – kurz ETS) dafür, dass die Herstellung von Produkten mithilfe fossiler Brennstoffe teurer ist, da Industrie und Energiewirtschaft Zertifikate für den Ausstoß von Kohlendioxid erwerben müssen. Nach mehreren Reformen zog der Preis für Zertifikate in den letzten Jahren deutlich an.

Immer dringender wurde in diesem Zuge der Ruf nach einem CO2-Zoll, der auch importierte Waren aus Nicht-EU-Ländern mit einem CO2-Preis belegt, wenn diese in der Lieferkette Emissionen verursacht haben. Damit solle vor allem die Abwanderung treibhausgasintensiver Industrien in andere Regionen der Welt verhindert werden, die dort bislang ohne CO2-Abgabe produzieren und trotzdem ihre Waren in der EU vertreiben konnten. Anfang 2020 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein CO2-Grenzausgleichssystem wieder auf die Agenda gebracht.

Einem offiziellen Vorschlag der Kommission folgend, haben sich am Dienstagmorgen die Unterhändler der tschechischen Ratspräsidentschaft und des Europäischen Parlaments auf ein Carbon Border Adjustment Mechanism – kurz CBAM, als Teil der Reform des ETS geeinigt. Ab Oktober 2023 sollen die neuen Regelungen gelten, wonach Importeure die gleiche Anzahl an Emissionszertifikaten kaufen müssen, die europäische Produzenten für ein vergleichbares Produkt innerhalb des EU-Emissionshandels kaufen. Betroffen davon werden sein: Stahl und Eisen, sowie Grundprodukte entlang ihrer Wertschöpfungskette. Des Weiteren: Aluminium, Düngemittel, einige Polymere, Wasserstoff, Elektrizität, sowie indirekte Emissionen, die nicht im Produktionsprozess selbst anfallen, sondern durch die Nutzung von Strom mit fossilen Energieträgern erzeugt wurden.

„Eine Ökologisierung der Handelspolitik“

Michael Bloss, klimapolitischer Sprecher der Grünen und Verhandlungsführer für die Grünen im EU-Parlament zum EU- Emissionshandel, zeigte sich grundsätzlich erfreut über die erzielte Einigung: "Endlich kommt ein CO2-Zoll. Das ist eine Ökologisierung der Handelspolitik. Der CBAM schützt Unternehmen vor Ökodumping aus Drittstaaten und ist ein Katalysator für die Dekarbonisierung in Europa und weltweit. Das Prinzip, wer verschmutzt, zahlt drauf, wird nun auch global angewendet.“

Neben der Verhinderung von Abwanderung und grundsätzlichen Schutz heimischer Industrien, soll das Gesetz Anreize für Nicht-EU-Länder schaffen, ihre Klimaambitionen zu erhöhen. Denn Länder, die die gleichen Klimaziele wie die EU verfolgen, sollen in die EU exportieren können, ohne CBAM-Zertifikate zu kaufen. „CBAM wird eine entscheidende Säule der europäischen Klimapolitik sein. Es ist einer der wenigen Hebel, die wir haben, um unseren Handelspartnern Anreize für die Dekarbonisierung ihrer verarbeitenden Industrie zu geben“, sagte Mohammed Chahim von der Sozialdemokratischen Fraktion und Berichterstatter des EU-Parlaments nach der erzielten Einigung.

Finanzierung fossiler Projekte weitgehend ausgeschlossen

Eine weitere Säule der europäischen Klimapolitik ist der „REPowerEU“-Plan, der milliardenschwere Investitionen für die europäische Energieversorgung beinhaltet. Rat und Parlament einigten sich am gestrigen Mittwoch in den laufenden Verhandlungen darauf, dass 20 Milliarden Euro aus den ETS-Einnahmen in den Ausbau Erneuerbarer Energien fließen sollen. Die Finanzierung fossiler Projekte ist weitgehend ausgeschlossen. Demnach dürfen nur noch in den Binnenländern Ungarn, Tschechien und der Slowakei Ölprojekte gefördert werden. Darüber hinaus ist deren Finanzierung ausgeschlossen. Gasprojekte dürfen nur zur Deckung des unmittelbaren Energiebedarfs gefördert werden und müssen bis Ende 2026 betriebsbereit sein. Auch muss geprüft werden, ob nicht regenerative Alternativen möglich sind.

„Damit konnten wir den Angriff auf das Klima von Seiten der Konservativen im EU-Parlament oder den Mitgliedstaaten weitestgehend abwehren. Diese hätten die zusätzlichen Milliarden zu gern in neue LNG-Terminals oder Pipelines gesteckt“, sagte Bloss nach der Einigung.  Es sei absehbar, dass im Zeitraum bis Ende 2026 nur eine überschaubare Anzahl solcher Projekte fertiggestellt werden. Bloss und die Mehrheit des EU-Parlaments fordern nun in den Verhandlungen „Expresszonen“ für den Ausbau Erneuerbarer Energien auszuweisen. Statt wie bislang vier bis fünf Jahre, sollen in diesen ausgewiesenen Gebieten Windkraftanlagen innerhalb von neun Monaten eine Genehmigung durchlaufen. Für Wärmepumpen und Solaranlagen auf Dächern und Parkplätzen sollen Genehmigungsverfahren europaweit in einem Monat abgeschlossen werden.

Noch bis inklusive Sonntag den 18. Dezember laufen die Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen. Darin geht es auch um die weitere Ausgestaltung des Klimasozialfonds, der ebenfalls aus dem ETS finanziert werden und Bürger:innen für eine klimaschonende Lebensweise zusätzlich Geld bereitstellen soll. Weiterer wichtiger Punkt ist der künftige Umgang mit kostenlosen Zertifikaten und wann diese auslaufen sollen. Auch müssen sich Rat und Parlament noch auf ein Reduktionsziel für 2030 einigen. Der Rat sieht ein Reduktionsziel von 61 Prozent vor, das Parlament fordert 63 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis 2030. mg


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