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Europäisches KlimaschutzgesetzFür den Klimaschutz will die EU-Kommission mehr Macht

Ursula von der Leyen (links) und FransTimmermanns (rechts) sprechen vor dem europäischen Parlament.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Vize Frans Timmermans wollen mehr Macht für die Kommission beim Klimaschutz. Für viele außerhalb der Kommission gehen die Bemühungen indes nicht weit genug. (Bild: CC-BY-4.0: © European Union 2019 – Source: EP)     

Geht es nach der EU-Kommission, will sie ab 2030 eigenständig die Klimaziele anheben. Nur eine qualifizierte Mehrheit aus Parlament und Mitgliedstaaten soll dies ablehnen können. Die Ziele bis 2030 gehen Klimaaktivisten indes nicht weit genug.

05.03.2020 – Nach Ansicht der EU-Kommission sollen ab 2030 ExpertInnen aus der Wissenschaft den Ausschlag für weitere Anhebungen der Klimaziele geben. Um 2050 Klimaneutralität zu erreichen, wollen die Kommissionsmitglieder sich 2035, 2040 und 2045 mit ExpertInnen aus den EU-Ländern beraten, um möglicherweise weitere Vorgaben zur Senkung von Treibhausgasemissionen zu machen. Mit sogenannten „delegierten Rechtsakten“ will die Kommission – wenn nötig – Klimaziele ohne explizite Zustimmung von EU-Parlament und Mitgliedsstaaten verschärfen. Dazu müssen Rat und Parlament der Europäischen Union aber ihre Zustimmung geben. Ist der delegierte Rechtsakt in Kraft, kann eine Verschärfung der Klimaziele nur mit qualifizierter Mehrheit vermieden werden. Bezogen auf den Rat bedeutet dies: 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren, sind nötig.

Dieses Vorgehen ist Teil des Entwurfs zum ersten europäischen Klimaschutzgesetz, den die EU-Kommission gestern vorstellte. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 soll damit rechtsverbindlich werden. Nach 2050 soll die Menge an Treibhausgasemissionen, die der Atmosphäre entzogen wird, sukzessive größer werden als die ausgestoßenen Emissionen. Bis 2030 sieht die Kommission dem neuen Entwurf nach Treibhausgasminderungen von 50 bis 55 Prozent vor. Bislang galt das Ziel einer Emissionsreduktion von 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990. Laut Vizepräsident der Kommission und Kommissar für Klimaschutz, Frans Timmermans, soll das neue Ziel für 2030 im September diesen Jahres festgelegt werden, nach Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten und Abschätzungen über wirtschaftliche Folgen.

Einigen Mitgliedsstaaten geht dies nicht schnell genug. 12 der 27 Mitgliedsstaaten haben einen Brief an Timmermans geschrieben, indem sie auf die Dringlichkeit höherer Klimaziele hinweisen. Wie der Guardian berichtet, fordern Staaten wie Frankreich, Italien und Spanien verschärfte Emissionsreduktionen bis Juni. Damit soll die EU besser auf die anstehenden Verhandlungen zur COP26 in Glasgow im November vorbereitet sein. Deutschland fehlt unter den Unterzeichnern. Die Bundesregierung erklärt laut Süddeutscher Zeitung, sie wolle als „ehrlicher Makler“ auftreten, auch gegenüber Ländern wie Polen und Tschechien, die sich gegen eine Verschärfung der Klimaziele aussprechen.

Kritik bleibt nicht aus

Aus Kreisen von KlimaaktivistInnen, WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen kommt derweil scharfe Kritik. Ärger bereiten vor allem das Fehlen kurzfristiger Zielsetzungen und Mittel zur Erreichung dieser Ziele. Auf Carbon Brief veröffentlichten junge Klimaaktivsten um Greta Thunberg eine Stellungnahme. Dort heißt es unter anderem: „Klimaneutralität für die EU bis 2050 ist gleichzusetzen mit einer Kapitulation. Wir brauchen nicht nur Ziele für 2030 oder 2050. Wir brauchen darüber hinaus Ziele für 2020 und jeden folgenden Monat und Jahre, die kommen.“

Der Bundesverband Erneuerbare Energien macht deutlich, dass neben der rechtlichen Verankerung der Klimaneutralität zudem Regeln zur Sicherstellung dieses Ziels sowie Sanktionsmaßnahmen beim Nichterreichen von Zwischenzielen festzulegen seien. Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sieht dazu einen CO2-Preis als elementar an. „Aus ökonomischer Sicht ist eine klug gemachte und umfassende CO2-Bepreisung die effizienteste und sozial gerechte Maßnahme für eine sichere Klimazukunft“, so Edenhofer.

Kritik kommt auch aus dem EU-Parlament. Die Emissionen müssten bis 2030 um Mindestens 65 Prozent sinken fordert Michael Bloss von der Grünen Fraktion via Twitter. Und seine Fraktionskollegin Anna Cavazzini weist darauf hin, dass allein ein Freihandelsabkommen wie Mercosur jegliche Klimaschutzbemühungen der EU untergräbt. Zumindest hat die EU-Kommission das Versprechen gegeben, ab 2023 alle fünf Jahre die eigenen Klimaschutzbemühungen und die ihrer Mitgliedsstaaten zu überprüfen und an dem Pariser Abkommen auszurichten. Doch viele Mitgliedsstaaten hinken bereits jetzt weit hinterher und haben noch nicht einmal aktuelle Klimapläne eingereicht – auch Deutschland gehört dazu. mf


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