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PV-AusbauSolarpaket 1 im Ausschuss für Klimaschutz und Energie

Dorf fast alle Dächer mit Photovoltaik
Das Solarpaket 1 war schon auf der Zielgeraden. Ob es noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden kann, steht derzeit nicht fest. (Foto: energiezukunft / Petra Franke)

Unter dem Stichwort Solarpaket 1 sind diverse Neuregelungen für die Photovoltaik im Gesetzgebungsverfahren. Im Ausschuss für Klimaschutz und Energie wurde klar, dass es noch verschiedene Positionen einzelner Akteure zu den Details gibt.

23.11.2023 – Die seit Januar in Ausarbeitung befindlichen Verbesserungen für die Photovoltaik wurden letzte Woche im Ausschuss für Klimaschutz und Energie erörtert. Bereits seit den ersten Grundrissen erhielt das Vorhaben positive Rückmeldungen von den verschiedenen Akteuren. Allerdings zeigten sich in den Stellungnahmen zum Referentenentwurf noch offene Wünsche. Teilweise sind diese nun im Gesetzentwurf erfüllt. In der Ausschusssitzung letzte Woche wurde klar, dass nicht alle Interessengruppen gleichermaßen zufrieden sind.

Mehr potenzielle Flächen für Solarparks

Die Öffnung ertragsschwacher landwirtschaftlicher Flächen für die Photovoltaik trifft auf geteilte Zustimmung. Kerstin Andreae, Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), begrüßte diesen Schritt, zumal die Bundesländer immer noch die Möglichkeit haben, die Flächen auszuschließen. Momentan gilt ein umgekehrtes Prozedere: Die Bundesländer müssen diese Flächen freigeben, nicht alle Länder haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. 

Nadine Schartz vomDeutschen Landkreistagmachte deutlich, dass der PV-Ausbau vor allem auf Dächern, Gebäuden oder anderen sonstigen versiegelten Flächen vorangetrieben werden müsse. Dadurch sei eine flächenschonende, dezentrale, versorgungsnahe und somit klimafreundliche und nachhaltige Energieversorgung möglich. Den Gemeinden müsse es auf jeden Fall möglich sein, vor Ort und nach Bedarf über die Flächennutzung zu entscheiden, sagte sie. Auch der Deutsche Bauernverband sieht die Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen kritisch. Die PV müsse „hin zu Dächern, zu Extensivstandorten, zu Konversionsflächen und in Richtung einer Kombinationsnutzung mit landwirtschaftlicher Erzeugung kanalisiert werden“. Auf klare Ablehnung stößt laut Verbandsvertreter Bernhard Krüsken die geplante Duldungspflicht zur Verlegung von Leitungen und weiterer Netzanschlussinfrastruktur. Das sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Eigentumsrechte und zudem nicht verfassungskonform.

Aspekt der Biodiversität zur Entschärfung der Konflikte um Flächen

Auf die Akzeptanz von Freiflächen-Solarparks zielt auch das unter dem Schlagwort Biodiversitäts-PV in die Debatte gebrachte Anlagenkonzept. Werden bestimmte – die Biodiversität fördernde - Regeln bei Bau von Solarparks eingehalten, soll Strom aus diesen Anlagen höhere Vergütungen erhalten. Im Gesetzentwurf zum Solarpaket 1 sind dafür noch keine Kriterien definiert. Das BMWK wird ermächtigt – zusammen mit Umwelt- und Landwirtschaftsministerium – die Anforderungen an solche Biodiversitätsanlagen zu bestimmen. Die zu erarbeitende Verordnung soll bis Ende März 2024 erlassen werden. Darüber hinaus umreißt der Gesetzentwurf ein weiteres Anlagenkonzept unter dem Begriff „extensivere Solaranlagen mit landwirtschaftlicher Nutzung“. Auch hierfür wurde eine Verordnungsermächtigung formuliert.

Hemmnisse für den Freiflächenausbau

Thorsten Müller, Wissenschaftlicher Leiter bei der Stiftung Umweltenergierecht, forderte weitere Hemmnisse für den Freiflächenausbau abzubauen. Die angekündigten Änderungen im Planungsrecht seien hierfür perspektivisch wichtig. „Eilbedürftiger wäre es, den Netzausbau verstärkt in Angriff zu nehmen“, befand er. Zudem sollte aus seiner Sicht geprüft werden, inwieweit insbesondere steuerrechtliche Regelungen für die Erschließung landwirtschaftlicher Flächen einer Änderung bedürfen.

Vorgaben zu Messkonzepten bremsen PV im Gebäude-Sektor

Im Gebäudesegment sieht die auch als Mieterstromanbieter tätige naturstrom AG ebenfalls Möglichkeiten, den guten Gesetzesentwurf weiter zu verbessern. „Der administrative Aufwand ist bei Mieterstromprojekten unnötig hoch. Bislang müssen Messkonzepte individuell mit dem zuständigen Verteilnetzbetreiber abgeklärt werden. Durch standardisierte Messkonzepte für die häufigsten Anwendungsfälle könnte dieser Aufwand weitgehend entfallen“, erklärt Sarah Debor, Geschäftsfeldleiterin Urbanes Wohnen und Gewerbe. Bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, die als zusätzliches Direktversorgungsmodell neu eingeführt werden soll, ist eine standardisierte Verteilung des Vor-Ort-Solarstroms bereits vorgesehen. „Es wäre ein Leichtes, diese Standards auf Mieterstrom zu übertragen und allen Beteiligten künftig viel Arbeit zu ersparen“, so Debor. Auch andersherum gibt es Optimierungspotenzial: Bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung sollten ähnlich wie nun für Mieterstrom vorgesehen von Anfang an auch gewerbliche Dächer oder Nebengebäude mit einbezogen werden können.

Wiederansiedlung der Solarindustrie in Deutschland

Das Solarpaket 1 enthält keine Anreize zur Wiederansiedlung oder Unterstützung der heimischen Solarindustrie. In der Anhörung im Ausschuss wurde aber deutlich, dass eine solche Unterstützung dringend gebraucht wird und das Solarpaket 1 dazu eine echte Chance biete. Auch die erhoffte Regelung zum Energy Sharing ist nicht im Gesetzentwurf enthalten.

Hintergrund zum Solarpaket 1

Mit der Vorstellung einer Solarstrategie eröffnete Wirtschaftsminister Robert Habeck im Januar den Dialog, um geeignete Maßnahmen für einen schnelleren PV-Ausbau zu identifizieren. So soll das Ziel aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erreicht werden, bis 2030 eine Photovoltaik-Leistung von insgesamt 215 Gigawatt zu installieren. Dafür muss der jährliche Ausbau auf 22 Gigawatt steigen, davon je die Hälfte auf Dach und Freiflächen. Die Branche war aufgefordert, dafür ihre Vorschläge zu unterbreiten.

Seit Ende Juni existiert ein Referentenentwurf zum Solarpaket 1. Darin sind die ersten Maßnahmen formuliert, die in verschiedene Gesetze eingearbeitet werden. Ein Solarpaket 2 soll folgen. Verbände und Unternehmen hatten bis 5. Juli Zeit, ihre Stellungnahmen zum Referentenentwurf abzugeben. Anfang November beriet der Bundestag in erster Lesung den vorgelegten Gesetzentwurf und verwies ihn dann in den Klima- und Energieausschuss zur Beratung. Ob das Solarpaket 1 noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen wird und wie geplant zum 1. Januar 2024 in Kraft treten kann ist derzeit unklar. Wie viele andere Vorhaben muss die Ampelkoalition zunächst entscheiden, wie sie nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ihren Haushalt neu aufstellt und welche energiepolitischen Prämissen sie setzen will. pf


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