Menü öffnen

WärmewendeVon Erdgas unabhängig werden

Erdgas
Rund die Hälfte der Wohnungen Deutschlands werden mit Gas beheizt. Gezielte Maßnahmen für die Wärmewende nutzen Klimazielen und Energiesicherheit (Bild: Julia Broich).

Deutschlands Erdgas-Ausstieg ist wirtschaftlich möglich und sinnvoll. Die Abhängigkeit von Erdgas kann mit einer strukturierten Wärmewende um mehr als drei Viertel verringert werden. Der Fachrat Energieunabhängigkeit stellt konkrete Maßnahmen vor.

25.01.2024 – Der Fachrat Energieunabhängigkeit hat Maßnahmen vorgestellt, um Deutschlands Abhängigkeit vom Erdgas zu verringern. Der Fachrat kritisiert, dass Deutschland sich nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der folgenden Gaskrise in die nächste Abhängigkeit begeben hat, nämlich von LNG aus den USA und Katar. Eine Unabhängigkeit von Erdgas sei wirtschaftlich mach- und finanzierbar. Schlüssel sei die Umstellung auf strombasierte Wärmeversorgung, vor allem im Bereich Industrie und Gebäude.

Vom Regen in die Traufe

„Energiepolitik ist Sicherheitspolitik.“ Der Satz von Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, wird vielen noch im Ohr klingen. Nur etwa zwei Jahre nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und der daraus folgenden Gas- und Energiekrise ist Deutschland unabhängig von russischem Gas, stellt der Fachrat Energieunabhängigkeit fest.

Anstatt jedoch konsequent auf alternative Energiequellen zu setzen und die Energiepolitik sicherheitsrelevant auszurichten, begab sich Deutschland in die nächste Abhängigkeit von großen fossilen Energielieferanten. Deutschland ist wieder abhängig, nun von Flüssiggas (LNG) aus den USA und Katar. Diese Abhängigkeit berge geopolitische sowie Klimarisiken, warnt der Fachrat.

„Die Energiekrise hat gezeigt, wie teuer diese Abhängigkeiten sind. Im Sinne von Energie- und Wirtschaftssicherheit sollte Deutschland die Unabhängigkeit von Erdgas ganz oben auf die Agenda setzen. Erdgasunabhängigkeit ist technisch möglich und kann ein Booster für die deutsche Wirtschaft sein. Wenn wir jetzt handeln, können wir Deutschlands Abhängigkeit von Erdgas um bis zu 78 Prozent reduzieren“, sagte Jonathan Barth, Sprecher des Fachrats Energieunabhängigkeit und Politischer Direktor des ZOE Institut für zukunftsfähige Ökonomien, in der Pressemitteilung zur Vorstellung des Berichts.

Fossilfreie Gebäudewärme ist der Schlüssel

Der Fachrat legte eine Finanzierungsstrategie vor, die aufzeigt, wie Deutschland seine derzeitige Abhängigkeit von Erdgas um 64 Prozent verringern kann. Es wird erwartet, dass dies am Ende zu Gesamteinsparungen von bis zu 78 Prozent führt.

Ein Großteil des Transformationsbedarfs liegt im Gebäudesektor. Rund die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland werden derzeit mit Erdgas beheizt. Das entspricht rund einem Drittel des Gesamtverbrauchs Deutschlands. Eine Umstellung auf erneuerbare, strombasierte Wärme in Gebäuden könne Deutschlands Erdgasverbrauch erheblich verringern.

Dementsprechend entfällt auf den Gebäudesektor ein hoher Investitionsbedarf, nämlich von rund 482 Milliarden Euro. Für die Transformation der Erdgasnutzung in der Industrie ist hingegen weniger als ein Zehntel davon vorgesehen, nämlich 44 Milliarden Euro. Ziel ist, private Akteure zu motivieren, in die Transformation zu investieren.

Schritte aus der Abhängigkeit

Bisher geht die Wärmewende viel zu langsam voran. Der Fachrat hat deshalb zehn Empfehlungen für den Weg aus der Erdgas-Abhängigkeit ausgearbeitet:

  1. Einsatz einer Kommission für Erdgasunabhängigkeit, die Vorschläge für die regulatorische Anpassung erarbeitet
  2. Ermöglichungspaket kommunale Wärmewende, mit Innovationsclustern und Austauschplattformen für kommunale Akteure wie Stadtwerke
  3. Skalierungsprogramm Wärmecontracting, um energetische Sanierungen und Heizungstausch effizient zu finanzieren  
  4. Praxis-Checks für die Wärmewende, in dessen Rahmen Bürokratie abgebaut wird und Prozesse zugänglicher gestaltet werden
  5. Wärme-für-Alle Programm für vulnerable Eigentümer:innen: Über eine staatliche Ausfallbürgschaft soll auch bei niedriger Bonität ein Kredit für den Austausch einer Heizung ermöglicht werden
  6. Fachkräfteoffensive Wärmewende mit Umschulungen für Fachkräfte im Energie- und Bausektor
  7. Industriewende-Beschleuniger-Plattform (IBP) für den Wissensaustausch zwischen Unternehmen, besonders kleineren und mittleren Unternehmen (KMU)
  8. Sustainable Finance auf Transitionausrichten mit dem Ziel, die EU-Taxonomie unter anderem um Elektrifizierungsaktivitäten zu erweitern sowie verbindliche Standards für Transitionspläne zu schaffen
  9. Zielgerichtete öffentliche Finanzierung, von geschätzt drei Milliarden Euro pro Jahr bis 2030
  10. Zinsvorteile für Investitionen in Erdgasunabhängigkeit, über ein Programm der EZB, um Marktversagen zu korrigieren, bis Transitionsrisiken an Finanzmärkten realistisch abgebildet werden

Der Fachrat Energieunabhängigkeit besteht aus zehn Expertinnen und Experten aus Finanzwirtschaft, Wirtschaftspolitik und Technik. Finanziert wurde der Fachrat vom Climate Finance Fund, und koordiniert vom ZOE. jb

 


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft