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European Green DealEU-Parlament stimmt für Renaturierungsgesetz

Eines der größten Gebiete der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe, der ehemalige Braunkohletagebau Grünhaus in der Lausitz; das Gebiet der Stiftung beträgt circa 2000 Hektar. Es soll sich zur Wildnis entwickeln.
Das Renaturierungsgesetz kommt. Nach einigem politischen Tauziehen hat das EU-Parlament am Mittwoch eine reduzierte Version des Gesetzes zur Wiederherstellung der Ökosysteme angenommen (Bild: Bodow / CC BY-SA 4.0 / via Wikimedia commons).

Nach einer Hängepartie im Umweltausschuss hat das EU-Parlament gestern das umstrittene Renaturierungsgesetz angenommen. Ein Erfolg für nachhaltige Versorgungssicherheit, Umwelt- und Klimaschutz, und eine Absage an politischen Populismus.

13.07.2023 – Das EU-Parlament hat eine modifizierte Fassung des von der Kommission vorgeschlagenen Nature Restoration Law am gestrigen Mittwoch angenommen. Das Gesetz gehört zu den Kernstücken des Green Deals und enthält zahlreiche Maßnahmen und Ziele zur Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme in der EU.

Bisher gibt es zwar Schutzgebiete. Doch Maßnahmen, die geschädigte Ökosysteme wiederherstellen sollen, sind nicht EU-weit verpflichtend. Die Gesetzesinitiative der Kommission soll dies ändern und das bestehende Umweltrecht in der EU konkretisieren.

Blockade gescheitert

Umweltorganisationen zeigten sich erleichtert über die erfolgreiche Abstimmung. “Aus zwei Gründen ist das historisch: Erstens, weil uns das Nature Restoration Law vor Hitze, Flut und Missernten schützen kann, indem es Ökosysteme wie Flüsse, Wälder und Moore wiederstandfähig macht. Und zweitens, weil sich im Europäischen Parlament das Verantwortungsbewusstsein für künftige Generationen durchgesetzt hat, gegen Angstmache und Populismus“, kommentiert Jörg-Andreas Krüger, Präsident des Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Die Argumentationen vieler Unionsabgeordneter und Liberaler in den vergangenen Wochen seien mit Blick auf den bevorstehenden Wahlkampf zur Europawahl aber besorgniserregend, so Krüger. Auch Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner verurteilen die Desinformations- und Angstkampagne von CDU, CSU und auf EU-Ebene der Europäischen Volkspartei (EVP) der letzten Wochen.

Zustimmung schwankte

Der Gesetzesentwurf der EU-Kommission fand zunächst im Umweltausschuss des EU-Parlaments keine Mehrheit. Dies lag vor allem daran, dass die konservative Fraktion EVP versucht hatte, das Gesetz zu blockieren. Unterstützung bekamen sie von Landwirtschafts- und Fischereiverbänden, die in der Initiative eine Bedrohung sahen.

Die Blockade ist gescheitert. Bis gestern war allerdings unklar, ob sie gelingen würde – und ob das Gesetz angenommen oder abgelehnt wird. Das EU-Parlament stimmte zudem bereits über eine modifizierte Version des Gesetzesentwurfs ab. Wichtige Elemente wie die Wiedervernässung von Mooren und Nachhaltigkeitsmaßnahmen für die Landwirtschaft sind darin derzeit nicht mehr enthalten. Eine Chance, Lücken zu schließen, besteht nun noch im Trilog der drei gesetzgebenden Institutionen der Europäischen Union (EU-Kommission, Rat der EU und EU-Parlament).

Ende Juni hatten sich die Umweltminister der EU klar für das Gesetz positioniert. Umweltorganisationen wie der NABU, der BUND und die DUH standen ebenfalls klar hinter dem Gesetz. Der Vorschlag hatte zudem eine Reihe von Unterstützenden von ungewöhnlicher Seite. Nestlé, Spar und Ikea sind nur drei von über 70 Firmen und Verbänden, die sich bereits bei der Abstimmung im Umweltausschuss für das Gesetz ausgesprochen hatten, wie die Taz berichtete.

Kuriose Argumente

Mit einem offenen Brief unterstützten weiterhin Tausende Wissenschaftler den Gesetzesvorschlag. Darin werden vor allem die Argumente der konservativen Fraktion adressiert, die wissenschaftlich kaum haltbar waren.

Medial wurde besonders die Behauptung aufgegriffen, das Renaturierungsgesetz und die damit verbundene Ausweisung von Flächen als Naturschutzgebiete gefährde die Ernährungssicherheit. Das Argument wurde erstmals in Reaktion auf den Ukraine-Krieg angebracht und war seitdem nie ganz verschwunden.

Die Wissenschaftler wiederholen und betonen in dem Brief, dass das Gegenteil der Fall sei. Funktionierende und widerstandsfähige Ökosysteme sicherten die globale Landwirtschaft, während die derzeitigen Strategien mit Sicherheit nicht auf Dauer ausreichend Ernten lieferten. Dies gelte an Land wie im Wasser. Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigten, dass Meeresschutzgebiete Fischerei fördern.

Ökosysteme wiederherstellen

Ziel ist, die Ökosysteme wieder in einen selbstregulativen Zustand zu versetzen, in dem sie auch im Klimawandel bestehen können. Bis 2030 sind Renaturierungsmaßnahmen für 20 Prozent aller Meeres- und Landflächen in der EU vorgesehen. Langfristig, und das heißt bis 2050, sollen alle zerstörten Ökosysteme in der EU wiederhergestellt sein oder sich auf dem Weg dorthin befinden. Zu den von der Kommission ursprünglich vorgeschlagenen Maßnahmen gehörte das Wiedervernässen von Mooren, Renaturierung von Flüssen und Wäldern, auch Waldumbau genannt, und vieles mehr.

Schon bestehende Naturschutzmaßnahmen und der Anteil an Naturschutzgebieten unterscheiden sich teils stark. Zusammengerechnet stehen nur etwas über 3 Prozent der EU-Fläche unter Schutz, zeigt eine aktuelle Studie. Lediglich Luxemburg erfüllt bereits eine der Zielvorgaben mit über einem Drittel an ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Alle anderen Länder liegen deutlich zurück: Schweden und Finnland haben zumindest um die 10 Prozent, Deutschland gehört hingegen mit 0,6 Prozent zu den Schlusslichtern der 27 Mitgliedstaaten. Vorschläge für ein erstes Programm in Deutschland gab es im vergangenen Jahr aus dem Bundesumweltministerium. jb


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