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Ukraine-KriegMehr Umweltschutz für sichere Ernährungssysteme, nicht weniger

Abgeerntetes Feld
Die EU verschiebt Maßnahmen für eine nachhaltigere Landwirtschaft, um global steigenden Nahrungsmittelpreisen zu begegnen. Umweltschützer kritisieren dies als kurzsichtig und unnötig. (Bild: Gianni Crestani / pixabay)

Die Europäische Kommission setzt aufgrund des Ukraine-Krieg​s geplante Maßnahmen für eine nachhaltigere Landwirtschaft aus. Begründet wird dies mit der globalen Ernährungssicherheit. Umweltverbände kritisieren Kurzsichtigkeit der Strategie.

29.01.2022 – Der Krieg in der Ukraine ist weltweit zu spüren, auch an den Preisen für Nahrungsmittel. Die Europäische Kommission hat nun ein Maßnahmenpaket vorgestellt, das die globale Ernährungssicherheit stärken und Verbraucher entlasten soll. Es soll mehr Fördergelder für die Landwirtschaft geben sowie Sonderhilfen für den Schweinefleischsektor. Die lange geplante Reduzierung von Pestiziden und Flächenvorgaben zur Renaturierung, die im Zuge des Green Deals geplant war, wurden auf unbestimmt Zeit verschoben. Umweltverbände und Politiker kritisieren den Rückzieher als kurzfristig unnötig und langfristig schädlich für Klima und Ernährungssicherheit.

Preise für Nahrungsmittel steigen weltweit

Als Exporteur von Weizen war die Ukraine bisher als Kornkammer der Welt bekannt. Besonders Länder des globalen Südens sind auf die Exporte aus der Ukraine angewiesen. Zu den Folgen des Kriegs gehört, dass die Nahrungsmittelpreise am Weltmarkt drastisch steigen. Oxfam warnte deshalb erst kürzlich vor einer drohenden Hungerkrise in Ostafrika.

Dem Europäischen Parlament zufolge war die Ukraine bisher mit über 50 Prozent Marktanteil der weltweit wichtigste Exporteur von Sonnenblumenöl, produzierte 15 Prozent des weltweit gehandelten Maises, 16 Prozent der Gerste und 11 Prozent des Weizens. Auch Russland exportiert nicht unerhebliche Mengen an Grundnahrungsmitteln, unter anderem weitere 20 Prozent des Weizens. Die EU importierte vor allem Futtermittel für die industrielle Fleischproduktion aus der Ukraine. Durch den Krieg werden zudem Lieferketten für synthetischen Dünger unterbrochen.

Da die Europäische Union Nettoexporteur von Getreide ist, ist die Ernährungssicherheit Europas durch den Ukraine-Krieg nicht akut gefährdet. Arme Verbraucher treffen die steigenden Lebensmittelpreise jedoch hart. Mit Sonderförderungen für die Landwirtschaft will die EU den weltweit steigenden Nahrungsmittelpreise entgegenwirken und Verbraucher entlasten. Die Europäische Kommission gab dazu Fördermittel in Höhe von 500 Millionen für Landwirte frei und lockerte Beihilferegelungen.

Ökologische Landwirtschaft schützt nachhaltig

Zusätzlich soll allerdings die Schweinefleischindustrie unterstützt und ökologisch genutzte Flächen temporär freigegeben werden. Geplante Gesetze zur Pestizidreduktion und Renaturierung wurden auf unbestimmte Zeit verschoben. Beide Gesetzesvorschläge waren im Zuge des European Green Deal und der Farm-to-Fork-Strategie entwickelt worden und sollten in der vergangenen Woche in der Kommission vorgelegt werden.

Umweltschutzorganisationen kritisierten Rückzieher der EU-Kommission und warnten vor Instrumentalisierung des Krieges durch Lobbygruppen. Greenpeace Europa errechnete, dass schon etwa 8 Prozent weniger Getreide für Tierfutter den erwarteten Ausfall der Importe aus der Ukraine ausgleichen könnte.   

"Die Lösung besteht darin, den Landwirten zu helfen, die Zahl der Tiere zu reduzieren, anstatt diese nicht nachhaltige Produktion zu finanzieren. Weniger Fleisch und Milchprodukte und eine ökologischere Produktion würden die europäische Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen Schocks machen, seien sie unvorhersehbar wie dieser Konflikt oder vorhersehbar wie die Klima- und Naturkrise. Stattdessen riskiert die EU, ein kaputtes Modell zu verdoppeln", warnt Marco Contiero, Direktor für EU-Agrarpolitik bei Greenpeace.

Die EU ignoriere wichtige Hebel, mit der sie die Situation entspannen könnte, nämlich Lebensmittelverschwendung und Futtermittelproduktion zu reduzieren, so auch Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Angesichts des Krieges in der Ukraine die Entwicklung hin zu einer umwelt- und klimafreundlichen Agrarpolitik in Frage zu stellen, ist falsch. Statt intensive Landwirtschaft und weniger Ökologie braucht es mehr resiliente Agrarökosysteme“, so Bandt. Studien zufolge werden Erträge schon bald weltweit zurückgehen, wenn die Landwirtschaft sich nicht nachhaltig ändert. jb


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