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Dannenröder WaldGefährliche Räumung im Danni

Ein Tripod im Dannenröder Wald. Darunter ein Banner auf dem steht "Keine Autobahnen nirgendwo!"
Einen Tripod wie diesen brachte die Polizei am Sonntagmorgen zu Fall, wodurch eine Aktivistin verletzt wurde. (Foto: Leonhard Lenz, CCO)

Lebensgefährliche Aktionen der Polizei im Dannenröder Wald häufen sich. Zwei Aktivisten stürzten in den vergangenen beiden Tagen aus einem Tripod und Baum, ausgelöst durch eine fahrlässige Räumung, die den Wald zur Rodung freimachen soll.

17.11.2020 – Sicherheit gehe vor Geschwindigkeit. Das betonte die Polizei im Zuge der Räumungsaktionen im Dannenröder-, Herren- und Maulbachwald in den vergangenen Tagen immer wieder. Für den Weiterbau der Autobahn A49 in Mittelhessen sollen Teile der Wälder gerodet werden. Dagegen protestieren Aktivisten, die sich unter dem Bündnis „Wald statt Asphalt“ zusammengeschlossen haben und in Baumhäusern und mit Barrikaden den Wald besetzen. Damit der Einsatz ohne Stürze und andere lebensgefährliche Risiken ablaufe, versichert die Polizei stets besonnen vorzugehen.

Doch am frühen Sonntagmorgen kam es zu einem vermeidbaren Zwischenfall, in dessen Folge eine Frau aus einem Tripod ca. fünf Meter in die Tiefe stürzte. Zwar bestehe keine Lebensgefahr, doch die Frau muss stationär in einem Krankenhaus behandelt werden. Bei Tripods handelt es sich um dreibeinige Konstrukte aus Baumstämmen, die schnell aufgebaut werden können und Wege versperren. Meist harren Aktivisten auf einer Plattform des Tripods aus, um sich der drohenden Räumung in den Weg zustellen.

Die Polizei verschweigt und revidiert

Laut den Aktivisten seien Tripods ohne Fremdeinwirkung sicher. Das Durchtrennen von Sicherungsseilen oder das Entfernen eines der drei Füße führe jedoch zum Absturz der sich darin befindenden Personen. Die Polizei wies kurz nach dem Sturz jegliche Schuld von sich. Per Twitter erklärte eine Polizeisprecherin: "Unsere Einsatzkräfte konnten diesen Sturz nur aus der Entfernung beobachten. Selbst haben wir nicht auf die Person eingewirkt".

Das Bündnis „Wald statt Asphalt“ hingegen schilderte bereits am selben Tag, dass nach einer Absperrung des Gebietes rund um das Tripod die Polizei ein Sicherungsseil durchtrennt habe, was zum Absturz der Frau führte. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf und bestätigte gestern Mittag diesen Hergang. Ein Polizeibeamter habe in etwa 30 Meter Entfernung zu dem Tripod ein Seil auf Kopfhöhe entdeckt und durchgeschnitten.

Laut Polizei und Staatsanwaltschaft war das Seil „weder gekennzeichnet noch hatte es augenscheinlich eine erkennbare Verbindung mit dem besetzten Gebilde“. Das Bündnis Wald statt Asphalt erklärt jedoch, dass es im Zuge der Aktion zahlreiche Warnhinweise und Zurufe anderer Aktivisten gegeben habe. Dominique Just, von ROBIN WOOD und ebenfalls Teil des Bündnisses, sagt, dass sich seitens der Polizei „bewusst herbeigeführte Gefahrensituationen“ mehren würden.

Gestern dann ein zweiter Zwischenfall: Trotz mehrmaligen Zurufens fällten Waldarbeiter einen Baum, an dem eine Traverse geknotet war, in die ein Mensch geklettert war. Durch die Baumfällung riss die Traverse. Nur weil sich der Mensch zusätzlich gesichert hatte stürzte er nicht auf den Boden, sondern es riss ihn in einer Pendelbewegung mehrere Meter nach unten.

Gefährliche Gewaltspirale

Insgesamt nehmen die gewalttätigen Auseinandersetzungen im Wald zu. Die Polizei wirft Aktivisten vor, mit Farbeimern, Exkrementen, Pyrotechnik und Steinen Einsatzkräfte zu bewerfen. Darüber hinaus seien in den vergangenen Tagen mehrfach Fallen in Form von Nagelbrettern, Nageleimern, aber auch Drahtseilen in Kopfhöhe festgestellt worden. Dies habe auch den Polizeibeamten am Sonntagmorgen bewogen, das Seil in der Nähe des Tripods durchzutrennen.

Aktivisten aus dem Wald hingegen sagen, dass es der Polizei seit Wochen bekannt sei, dass Sicherungsseile in mehreren Metern Entfernung zu Tripods und anderen Bauten verankert sind und das Durchtrennen der Seile gefährlich ist. Auch zeigen Videos auf Twitter wiederholt unverhältnismäßige Gewalt von Polizisten gegenüber friedlichen Demonstranten.

Die Aktivisten rufen die Landesregierung in Hessen erneut auf, „die Räumung und einhergehende Rodung mit sofortiger Wirkung zu stoppen“. Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz teilte gestern via Twitter mit: „Was muss noch passieren? Stoppen Sie die Räumung und Rodung“- gerichtet an die Grünen in Hessen mit ihrem Verkehrsminister Tarek Al-Wazir sowie an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.

Bei der A49 handelt es sich um eine Bundesautobahn, deren Bau letztendlich dem Bundesverkehrsministerium obliegt. Doch ein kürzlich erstelltes juristisches Gutachten im Auftrag von Greenpeace zeigt, dass Tarek Al-Wazir entgegen seinen Aussagen Handlungsspielraum für einen Bau- und damit Rodungsstopp hätte. Dabei spielt der Wasserschutz eine entscheidende Rolle. mf


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