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FlüssiggasimporteKreativer Widerstand gegen LNG-Terminal auf Rügen

Auf einer Wiese stehen und liegen Plakate gegen LNG auf Rügen
Mit einer Mahnwache und BodyPainting protestieren Rügener gegen den nächsten Schritt für das geplante LNG-Terminal: die Genehmigung des Pipelinebaus. (Foto: Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen)

Mit einer ungewöhnlichen Mahnwache im Hafen von Mukran protestieren Inselbewohner gegen das Flüssiggas-Terminal vor ihrer Küste. Ein Gutachten zum Hafenausbau weist auf erhebliche Mängel der Planung hin, der Standort demnach ungeeignet.

16.08.2023 – Seit gestern, 15. August 2023, kann der Entwurf eines Abschnittes des Pipelinebaus im Bergamt Stralsund eingesehen werden – für vier Tage. So sieht es das LNG-Beschleunigungsgesetz vor. Die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen wehrt sich mit einer ungewöhnlichen Mahnwache, die gestern kurz vor 12 Uhr mittags begann. In Mukran, wo die vorhandene Hafeninfrastruktur für das schwimmende LNG-Terminal umgebaut werden soll, wird gegen LNG gemalt und gezeichnet.  Die Initiatoren riefen auf, die Natur- und Artenvielfalt der Ostseeinsel zu zeichnen – auf die Haut anderer Menschen, die sich dafür als Model zur Verfügung stellen.

Nachdem Bundestag und Bundesrat im Eilverfahren am 11.7.2023 die Novelle des LNG-Gesetzes und damit das fossile Großprojekt auf Rügen beschlossen hatten, kündigten die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen, die Gemeinde Binz und andere Akteure an, sich weiter gegen das Projekt zu wehren zu wollen. Eine „Einstweilige Anordnung gegen die Verlegung einer Pipeline von Lubmin nach Mukran auf Rügen, den Ausbau des Fährhafens Mukran zur Anlandung von Flüssiggastankern und die Errichtung einer industriellen Störfallanlage zur Regasifizierung des Flüssiggases im Hafenbereich“ will die Gemeinde Binz erwirken.

Hafen Mukran ungeeignet für Ausbau zum LNG-Terminal

Vor einer Woche legte die Gemeinde Binz ein von ihr beauftragtes Gutachten zum geplanten Ausbau des Hafens Mukran vor. Es wurde von der Bauingenieurin und Professorin für Wasserbau und Hydromechanik Bärbel Koppe ausgearbeitet und weist dem Regas-Vorhaben „erhebliche und auch durch Planüberarbeitung nicht heilbare Mängel“ nach.

Die Antragsunterlagen bezögen sich unter anderem zu großen Teilen nicht auf die aktuell beantragte Planung, sondern auf die Antragsplanung 2019/2020 zum Ausbau des Liegeplatzes im Hafen. Weitere Mängel sieht das Gutachten in der nicht gewährleisteten Standsicherheit des Bestandsbauwerkes sowie den fehlerhaften störfallrechtlich relevanten Abstandsmessungen zu Schutzgütern und Betrieben. Bei korrekter Ermittlung der Mindestabstände müsste bei Realisierung der Planungen der gesamte Hafenbetrieb – abgesehen vom LNG-Umschlag – eingestellt werden. Ein weiteres Manko: die vorgelegte Planung simuliert überwiegend nur ein stationiertes Tanklagerschiff mit Regasifizierungsanlage (FSRU). Tatsächlich sollen aber zwei FSRU stationiert werden, womit sich der Navigationsraum Im Hafen zusätzlich einschränkt. Das An- und Ablegen von LNG-Tankern und die Notevakuierung eines FSRU seien nicht sicher durchführbar.

Nach Meinung des Binzer Bürgermeisters Karsten Schneider, stelle das Gutachten klar, „dass der Standort auf Rügen und die Planungen gänzlich ungeeignet für den Bau und Betrieb des LNG-Terminals sind.“ Es offenbare aber auch, dass alle Beteiligten des Antrags anscheinend nicht die notwendigen Fachkenntnisse für den Bau und den Betrieb des LNG-Terminals besitzen. Schneider erwartet nicht nur, dass die Landesregierung diesen ungenügenden Antrag ablehnt, „sondern dem LNG-Terminal-Spuk endlich ein deutliches Ende setzt.“

Kapazitäten bereits ausgebucht – das ist kein Freibrief

Ebenfalls vor einer Woche hatte der Betreiber Regas vermeldet, die Kapazitäten für das LNG-Terminal Sassnitz-Mukran seien für die nächsten zehn Jahre ausgebucht. Ein Freibrief für den LNG-Irrsinn sei das noch lange nicht, kommentierte Thomas Kunstmann von der Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen. Die Einwendungen der Verbände und der Bürger würden unwiderlegbar die zahlreichen Schwachstellen aufzeigen und deutlich machen, dass das sensible Ökosystem durch den Bau der Ostseeanbindungsleitung, die das Gas von den Tankern nach Lubmin befördern soll, irreparabel gefährdet und damit die Pipeline nicht genehmigungsfähig sei.

Ostseebad Binz beliebt bei Touristen

Gerade belegte das Ostseebad Binz, nur 13 Kilometer entfernt vom Hafen Mukran, den 1. Platz in einer Studie zu den beliebtesten Tourismusorten in Deutschland. Mit mehr als mehr als 1,2 Millionen Gästen jährlich ist Rügen die meistbesuchte deutsche Insel, Binz verzeichnet daran rund ein Viertel aller Übernachtungen. Der Tourismus in Binz generiert jährlich ca. 280 Millionen Euro Umsatz, der Übernachtungstourismus hat daran einen Anteil von 93 Prozent. Aus dem tourismusbedingten Umsatz resultiert zusätzlich eine Wertschöpfung von fast 140 Millionen Euro. Prora, Teil der Gemeinde Binz, wurde in den vergangenen Jahren mit rund einer Milliarde Investitionen zu einem beliebten und zukunftsträchtigen Tourismusziel entwickelt. Die mehr als 56 km Sandstrände, 800 km Rad- und Wanderwege, zahlreiche Freizeitaktivitäten sowie Naturschutzgebiete auf Rügen begeistern immer mehr Touristen aus dem In- und Ausland. Mit rund 2.000 Sonnenstunden gehört die Insel zu den sonnenreichsten Regionen Deutschlands. Petra Franke


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