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Waldstrategie 2050Update für den Alleskönner Wald

Baumstumpf im Vordergrund, Kahlschlagfläche, im Hintergrund Wald
 Kaum ein anderes Ökosystem hat so vielfältige Funktionen wie der Wald – inklusive seiner wirtschaftlichen Dimension. (Foto: Katharina N. / Pixabay)

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat eine Strategie vorgestellt, die den Wald für den Klimawandel fit machen soll. Waldbesitzer sollen bei der Bewirtschaftung unterstützt werden, aber auch Verantwortung für die Holzverwendung übernehmen.

13.09.2021 – Als Ministerin für Ernährung und Landwirtschaft ist Julia Klöckner (CDU) auch Waldministerin. In dieser Eigenschaft stellte sie Anfang September eine Waldstrategie vor, mit der sie die geplagten deutschen Wälder für den Klimawandel fit machen will. Gänzlich neu ist die darin geplante Honorierung der Klimaschutzleistung der Wälder. Gleichzeitig soll aber auch die Holzernte nicht geringer ausfallen, die Holzbauquoten bei Neubau von Wohnungen steigen.

All diese Vorhaben unter einen Hut zu bringen, ist keineswegs trivial. Vielleicht scheute Klöckner deshalb die Zusammenarbeit mit ihrer Amtskollegin Svenja Schulze (SPD) vom Umweltministerium. Denn dass dieses Ressort zum Thema Wald einige Ideen haben könnte, liegt auf der Hand. Die gemeinsame Befassung zur Zukunft des Waldes gab es jedoch nicht. Umweltministerin Schulze sah in dem nicht abgestimmten Alleingang einen Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, der eine gemeinsame Waldstrategie der Bundesregierung vorsieht.

Anpassung, Schutz und Waldwirtschaft miteinander verzahnen

Mit der Waldstrategie 2050 sollen die Wälder an den Klimawandel angepasst, die Biodiversität besser geschützt und eine nachhaltige Waldbewirtschaftung garantiert werden. Die Bewirtschaftung soll auch dafür sorgen, dass Holz und Holzprodukte dauerhaft CO2 speichern – indem die Waldbesitzer darauf achten, an wen sie ihr Holz verkaufen. Zugleich soll der Wald als wertvoller Erholungsort erhalten bleiben.

Andreas Bolte, Leiter des Instituts für Waldökosysteme am Thünen-Institut, der die Strategie gemeinsam mit der Ministerin vorstellte, sieht in der Wiederbewaldung und Waldanpassung die Schlüsselaktivitäten im Kampf für einen Klimaschutz mit Wald. Demensprechend sollen Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel staatlich gefördert werden.

Geld für nachhaltige Bewirtschaftung ohne Kahlschläge

Eine weitere Logik wird mit der Waldstrategie in die Praxis überführt werden: Wenn CO2-Emissionen bepreist werden, dann muss umgekehrt auch die Klimaschutzleistung der Wälder honoriert werden: ein bereits vorgestelltes Modell dafür müsste in der nächsten Legislaturperiode beschlossen werden. Es sieht einen Sockelbetrag für eine nachhaltige Bewirtschaftung vor und außerdem Prämien, wenn beispielsweise der Waldbesitzer sicherstellt, dass sein geerntetes Holz in langlebigen Holzprodukten verwendet wird.

Zur Förderung der Biodiversität soll die als naturnah bezeichnete Waldfläche weiter zunehmen und durch staatliche Förderung Anreize dafür gesetzt werden. Die nachhaltige Waldbewirtschaftung soll weiter große Mengen Holz als Rohstoff ermöglichen. Regionale Wertschöpfung und Lieferketten sollen gestärkt werden.

Weil der Klimawandel dynamisch ist, müssen auch die Programme angepasst werden, ein zentrales Monitoring für den Wald soll etabliert werden. Diese Erkenntnis und die Schlussfolgerung daraus finden sich ebenfalls in dem Strategiepapier – aus naheliegenden Gründen.

Dürresommer werden sich wiederholen

Bei der Ausarbeitung ihrer Strategie hat sich Julia Klöckner von einem wissenschaftlichen Beirat beraten lassen. Verfügbare Daten und Annahmen sollten Hand und Fuß haben, dennoch kann niemand wirklich vorhersagen, wie stark der Klimawandel dem Wald zusetzen wird.

Erst kürzlich nahm eine Studie die voraussichtlichen Dürrefolgen für Mitteleuropa genauer in den Blick. Acht Teilregionen betrachteten die Forschenden der Ludwig-Maximilians-Universität München genauer. Sie fanden einen klaren Trend zu mehr, längeren und intensiveren Sommerdürren bis zum Ende des Jahrhunderts. Besonders im Frühjahr und Sommer werden weniger Niederschläge fallen, sogar die Alpen werden demnach Dürren erleben. Besonders hart wird es den Mittelmeerraum, die iberische Halbinsel und Frankreich treffen.

Die deutschen Wälder haben sehr unter den Dürresommern der letzten Dekade gelitten, mehr als manch ein Experte für möglich gehalten hat. Insofern sind diese Nachrichten von mehr und mehr ausbleibenden Niederschlägen doppelt alarmierend – nicht nur für unsere Wasserversorgung, sondern auch, weil ein durch Trockenheit geschädigter Wald seine wichtige Funktion im Wasserkreislauf nicht mehr erfüllen kann, anfälliger ist für Schädlinge und letztlich eine stabile Ernte des Rohstoffs Holz gefährdet ist.

Ursprung und Lieferketten von Holz müssen transparenter werden

Die angedachte Verantwortung der Waldbesitzer für die Verwendung des Holzes ist bestimmt gut gemeint – könnte sich aber als wenig praxistauglich erweisen. Die Möglichkeiten eines Waldbesitzers, die Lieferketten nach dem Erstverkauf weiterzuverfolgen, gehen de facto gegen Null.

Selbst globale Unternehmen scheitern: Beispiel Ikea, allerdings im umgekehrten Fall. Das Möbelhaus ist einer der größten Holzeinkäufer weltweit und will eigentlich nur umweltfreundliches Holz verarbeiten. Doch immer wieder decken Umweltschützer auf, dass in den verkauften Möbeln auch Holz aus illegalen Abholzungen steckt.

Zwar hat sich Ikea verpflichtet, Lieferanten in Hochrisikogebieten – beispielsweise in Ostsibirien, wo viel Holz illegal geschlagen wird – verstärkt von Dritten und auch selbst zu überprüfen. Die britische Umweltschutzorganisation Earthsight, die einige der zweifelhaften Holzlieferanten enttarnt hatte, sieht die selbst definierten Audits aber als nicht ausreichend an. Aber auch der FSC, der weltweit umweltfreundliches Holz zertifiziert, müsste demnach eine Reform in die Wege leiten.

Holzverbrennung eindämmen und erst recht nicht fördern

Last not least droht dem über viele Jahre gewachsenen und mehr und mehr durch Dürre oder Stürme bedrohten Rohstoff noch ein weiteres Ungemach: Viel zu viel Holz wird nach wie vor verbrannt. Eine Analyse der europäischen Kommission kam außerdem zu dem Ergebnis, dass ein nicht unerheblicher Teil des Holzes, das in Europa zur Energiegewinnung verbrannt wird, aus Primärquellen stammt. Eigentlich sollte aber nur Restholz verbrannt werden, das bereits andere Nutzungen erfahren hat. Insofern ist auch die geplante Umrüstung von Kohlekraftwerken zur Holzverbrennung ein Schritt in die falsche Richtung. Petra Franke


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