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KommentarDer Himmel ist die Grenze

Astronaut im Weltall
Weltraumtourismus ist angesichts der Klimakrise völlig absurd. Doch der Markt hat gerade erst begonnen. (Foto: Pixabay / Free License)

Verkehrte Welt: Während Solarteure um stabile Preise für PV-Module inmitten der Klima- und Coronakrise bangen und die Energiewende voranbringen wollen, lassen sich Milliardäre in den Orbit schießen und produzieren dabei jede Menge Treibhausgase, die die Klimakrise weiter beschleunigen.

11.08.2021 – The sky is the limit – dieser Slogan gilt zum Glück nicht für die aktuellen Photovoltaikmodulpreise. Diese haben nach einem kontinuierlichen Anstieg seit Jahresbeginn endlich wieder einmal eine Verschnaufpause eingelegt. Ob diese länger andauert oder die Preise in den kommenden Monaten sogar wieder nachgeben, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Zumindest die Siliziumpreise und damit auch die Wafer- und Zellpreise sind einem leichten Preisverfall ausgesetzt.

Eine entscheidende Bewegung der allgemeinen Modulpreise ist vermutlich jedoch nicht vor dem vierten Quartal zu erwarten. Ob diese nach oben oder unten zeigt, hängt im Wesentlichen von der Entwicklung des internationalen Marktes ab. Wenn die bereits anrollende vierte Corona-Welle, getriggert durch die Delta-Variante des Covid-19-Virus, rechtzeitig gestoppt oder abgemildert werden kann, dann dürfte es auf der Angebots- wie Nachfrageseite ganz gut aussehen. Gelingt dies jedoch nicht, wird es wieder verstärkt Einschränkungen in den asiatischen Produktionen und in der übrigen Lieferkette geben, was die Marktentwicklung unberechenbar macht.

Sehr wohl sollte der oben genannte Slogan aber für touristisch initiierten Flugverkehr gelten, wenn auch nicht in dem Sinne, wie Richard Branson, Jeff Bezos und Elon Musk den Spruch verstehen wollen. Für die drei Milliardäre, unter denen ein Wettlauf um die zivile Raumfahrt entbrannt zu sein scheint, gelten offenbar keine Limits mehr.

Nach dem Virgin Galactic-Gründer Branson hat sich nun in kurzer Abfolge auch Amazon-Chef Bezos in den Orbit schießen lassen, nur um zu zeigen, dass er es auch kann. Wie sich die Ambitionen von Tesla- und Space-X-Geschäftsführer Musk, dem Dritten im Bunde, diesbezüglich entwickeln, wird sich noch zeigen. Offenbar ist eine Mission für eine Erdumrundung mit vier Weltraumtouristen bereits für September geplant, jedoch ohne dass Musk selbst auf der Passagierliste steht. Seine eigentliche Vision übertrifft die Gigantomanie der Konkurrenten ohnehin noch um Längen – er möchte nämlich den Mars besiedeln.

Hier drängt sich sofort die Frage auf: Wofür das alles? Haben wir momentan nicht viel größere Probleme, als welcher Superreiche als erstes im All ist, wer der jüngste oder älteste Weltraumtourist ist?

Nach dem ersten Corona-Jahr 2020 hatte sich die Natur gerade wieder ein wenig von dem überbordenden Flugverkehr durch einen wachsenden, viel zu preiswerten internationalen Tourismus, aber auch geschäftlich bedingte Kurztrips erholt. Doch auch hier hat eine Aufholjagd innerhalb der Flugbranche begonnen, um an alte Größe und Flugfrequenz anzuschließen.

Ryanair ist gerade dabei, 100 oder mehr Großflugzeuge bei Boeing zu bestellen. Offenbar will die Billigfluglinie schnellstmöglich die durch Insolvenzen oder Konsolidierung anderer Fluggesellschaften gerissenen Löcher füllen und selbst expandieren.

In der Summe ist diese Entwicklung natürlich noch bedenklicher als alle Raumflugpläne der drei Milliardäre – zumindest vorerst. Dennoch entbehrt die Idee, gut zahlende Privatpersonen unter Einsatz von Unmengen von Treibstoff und unter Inkaufnahme der Emission von tonnenweise CO2 in den Weltraum zu bringen, jeglicher vernunftgetriebener Grundlage. Astrotourismus ist in der heutigen Form einfach nur rücksichtslos ressourcenzerstörend, der Erkenntnisgewinn für wichtigere Missionen dadurch aber minimal.

Besonders unerträglich werden die im TV gezeigten Bilder der teuren Weltraumhüpfer – mehr ist es im Moment ja nicht – angesichts der klimawandelbedingten Umweltkatastrophen der jüngsten Vergangenheit mit den unermesslichen Schäden und Kosten, die dort durch ein vergleichsweise lokales Ereignis verursacht wurden.

Während die US-Milliardäre sich gegenseitig für ihre vermeintlichen Erfolge beglückwünschen oder verspotten, je nachdem welche Seite man betrachtet, kämpfen weniger gut situierte Menschen in vielen Teilen der Welt ums Überleben, verlieren bei verheerenden Bränden oder Jahrhundert-Hochwassern ihr gesamtes Hab und Gut.

Die Flutopfer in Belgien, den Niederlanden oder Deutschland würden sich wünschen, das viele vermutlich unversteuerte Geld würde nicht für die Erfüllung pubertärer Jugendträume von Superreichen verpulvert, sondern käme ihnen zugute. Zumindest aber sollte es in die Klimafolgenbekämpfung und in den Klimaschutz investiert werden, anstatt in die Klimazerstörung.

Besonders zynisch stellt sich mir die Zielsetzung von Elon Musk dar, in sehr absehbarer Zeit den Mars zu besiedeln. Wo liegt bitte der Reiz darin, Menschen unwiederbringlich in eine besonders lebensfeindliche Umgebung zu verbannen, in der ein Überleben nur unter größten Entbehrungen und in ständiger Lebensgefahr möglich ist? Der Weg dahin führt außerdem über besonders ressourcenverschlingende Tests mit bestimmt noch tausenden von Rückschlägen.

Jeder Raketenstart belastet die Umwelt auf der Erde aufs Höchste. So erreicht man vermutlich noch viel schneller das, wovor man sich offenbar auf den Mars oder andere extraterrestrische Planeten retten möchte: eine unbewohnbar gewordene Heimat. Doch genau auf die heutigen Umweltbedingungen ist das menschliche Leben durch jahrtausendlange Evolution exakt zugeschnitten, warum also optimale Lebensbedingungen durch völlig andere eintauschen, an die sich der menschliche Organismus erst einmal wieder Jahrhunderte anpassen muss? Aus diesem Grunde: the sky is the limit, period!

Ein Kommentar von Martin Schachinger / pvXchange.com


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