Menü öffnen

WärmewendeEffiziente und Erneuerbare Wärme statt teures LNG

Blaue Röhren auf einem Ziegeldach
Vakuumröhrenkollektoren einer Solarthermieanlage. (Bild: ©Klimafonds/Barbara Krobat, flickr, CC BY-SA 2.0)

Flüssigerdgas ist nicht nur klimaschädlich, sondern auch teuer. Eine neue Studie rechnet in Deutschland bis 2030 mit Mehrkosten von bis zu 200 Milliarden Euro. Langfristig günstiger sei eine bessere Förderung von Wärmepumpen und Sanierungen.

03.11.2022 – Zuletzt sanken die Gaspreise am Großhandel auf um die 100 Euro pro Megawattstunde für den langfristigen Terminhandel und sogar auf um die 30 Euro am kurzfristen Spotmarkt. Ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Sommer. Ende August kostete die Megawattstunde an beiden Märkten über 300 Euro. Vor allem die milde Witterung und schnelle Befüllung der Gasspeicher in Deutschland sorgen kurzfristig für Entspannung an den Märkten. Vorkrisenniveau wird jedoch langfristig nicht erwartet. Dazu trägt auch der absehbar deutlich teurere Einkauf von Flüssigerdgas bei, um den sich die Bundesregierung intensiv kümmert.

Noch vor Weihnachten soll das erste schwimmende LNG-Terminal im niedersächsischen Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Zwei weitere in Brünsbüttel und Lubmin sollen kurz darauf folgen. Neben LNG-Kapazitäten aus Nordamerika hofft die Bundesregierung unter anderem auf Gas aus dem umstrittenen Emirat Katar, das kurz vor der dortigen Fußballweltmeisterschaft wegen Menschenrechtsverletzungen wieder im Fokus steht. Ab 2024 könnte Flüssiggas aus Katar in Deutschland anlanden.

Dann sollen drei weitere schwimmende LNG-Terminals in Deutschland in Betrieb gehen. Zudem gibt es Überlegungen für den Bau fester LNG-Terminals und weitere Kooperationen, unter anderem mit dem Senegal, langfristige Importstrukturen aufzubauen und dafür die Förderung von Erdgas in den betreffenden Ländern zu unterstützen. Das könnte weitere milliardenschwere Investitionen nach sich ziehen, die sich erst nach Jahrzehnten rentieren und damit dem Klima erheblich schaden würden.

Mit dem gegenüber Pipeline-Gas aus Russland deutlich teureren LNG rechnet die unabhängige Denkfabrik E3G schon bis Ende des Jahrzehnts mit deutlichen Mehrkosten von 120 bis 200 Milliarden Euro. In einer Studie verglichen die Expert:innen von E3G die historischen jährlichen Importkosten für Erdgas zwischen 2010 und 2019 mit prognostizierten Importkosten zwischen 2023 und 2030. Demnach sei für die Bevölkerung mit einer Verdoppelung der Gaspreise zu rechnen. „Eine dauerhafte Subventionierung der hohen Erdgaspreise wäre finanziell und ökologisch ruinös“, warnen die Autor:innen der Studie. Eine kurzfristige Gaspreisbremse befindet sich derzeit innerhalb der Bundesregierung in Abstimmung.

Zwar erkennen auch Klima- und Umweltschützer:innen an, dass es kurzfristig des Importes von Flüssigerdgas bedarf um durch den kommenden und möglicherweise auch den darauffolgenden zu kommen, doch mittelfristig – bis 2030 – brauche es einen deutlich stärkeren Fokus auf Effizienz und Erneuerbare Wärme, so die Autor:innen von E3G. „Deutschland braucht ein "Zukunftsprogramm nachhaltige Wärme", um das große Einsparpotenzial im Gebäudesektor maximal zu nutzen“, so die Expert:innen. Angestrebt werden solle der jährliche Einbau von einer Millionen Wärmepumpen und einer Sanierungsrate von vier Prozent ab 2025. Um die dafür nötigen Investitionen anzureizen und für die Hauseigentümer:innen wirtschaftlich zu gestalten, bedürfe es einer staatlichen Förderung in Höhe von 20 Milliarden Euro pro Jahr.

Zwar wären auch das erst einmal gewaltige Investitionen. Doch die würden sich nach 2030 deutlich gegenüber einer weiteren Abhängigkeit vom globalen Gasmarkt rentieren. Laut E3G würden Haushalte und Unternehmen mit ihrem Vorschlag ab dem kommenden Jahrzehnt jährlich 10 Milliarden Euro an Heizkosten sparen. Wenn einkommensschwache Haushalte bei der Förderung priorisiert werden, sei dies zudem eine langfristig wirksame sozialpolitische Maßnahme.

Resultierender Erdgasverbrauch im Gebäudesektor durch das "Zukunftsprogramm Wärme" im Vergleich zu Plänen der alten und neuen Bundesregierung (Grafik: E3G)

Als Ziel für 2030 geben die Autor:innen der Studie aus: die Sanierung von einem Drittel der Bestandsgebäude auf einen Niedrigenergie-Standard; die Installation von zusätzlichen 7,7 Millionen Wärmepumpen; der Zubau von knapp 30 Millionen Quadratmeter Solarthermie; sowie 1,5 Millionen zusätzliche Fernwärmeanschlüsse. Die Werte würden sich am Ziel eines treibhausgasneutralen Gebäudesektors bis 2035 orientieren. mg


Mehr zum Thema


Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Rainer Herrmann 03.11.2022, 13:54:35

Zum Nachdenken: Sie haben in Ihrem Gendereifer die Hauseigentümer übersehen. Verfügt das generische Maskulinum vielleicht doch nicht über die ihm unterstellte negative Ausstrahlung?

Heidger Brandt 06.11.2022, 20:47:00

Die Vorschläge der "unabhängigen" "Denkfabrik E3G“ sind weder zu Ende gedacht noch handelt es sich um ein tragfähiges Grundkonzept für die Energiewende. Betrachtet werden lediglich Bausteine einer Wärmewende, die in kein sinnvolles und umsetzungsfähiges Gesamtkonzept passen. Dies beginnt bereits mit dem unrealistischen "Ziel", bis 2030 ein Drittel der Bestandsgebäude auf Niedrigenergie-Standard zu bringen. Die vorgeschlagene "Installation von zusätzlichen 7,7 Millionen Wärmepumpen" liegt ganz auf Linie der Bundesregierung, was irritiert, bedient diese damit doch lediglich die Vorstellungen von RWE, alles, auch das Fahren und Heizen und die gesamte Industrie auf Strom umzustellen, was extrem renditeträchtig über die neu geplanten Gaskraftwerke abgesichert werden soll. Diese sollen jetzt langfristig mit LNG betrieben werden. - Woher der Strom für die Wärmepumpen kommen soll, sagt E3G denn auch nicht bzw. wird dies nicht referiert. Dabei gibt es unter den gegenwärtigen Bedingungen, auf denen die "Studie" basiert, absehbar nicht einmal die Möglichkeit, auch nur den regulären Strombedarf zu 100 Prozent regenerativ zu decken.

Der vorgeschlagene Zubau von "knapp 30 Millionen Quadratmetern Solarthermie" entbehrt jeder Sinnhaftigkeit. Was soll damit erreicht werden? Jeder, der eine thermische Solaranlage betreibt, weiß, dass diese allenfalls Duschwasser im Sommerhalbjahr liefert. Das eigentliche Problem ist aber das Wärmeproblem, das im Winterhalbjah besteht und solarthermisch nur über große, extrem teure und platzfordernde Wasserspeicher bedient werden kann. Dazu kein Wort.

Warum nur 1,5 Millionen zusätzliche Fernwärmeanschlüsse vorgeschlagen werden, reiht sich nahtlos in die Kette willkürlich erscheinender Vorschläge ein.

Tatsächlich notwendig ist der flächendeckende Ausbau kraft-wärme-gekoppelter Nah- und Fernwärme. Dies ist nicht nur hocheffizient und konkurrenzlos günstig, sondern auch die Basis für die wirkliche regenerative Energiewende.

Juri Hertel 10.11.2022, 00:23:15

Vielleicht sind die 'alten' Nachtspeicherheizungen einen separaten Artikel wert.

Aus dem UK kommt der PV-gefuetterte thermische Speicherkessel zum Nachruesten fuer die gaengigen Zentralheizungskessel:

 

https://tepeo.com/thezeb

 

gefunden bei

 

https://www.energylivenews.com/2022/11/08/households-offered-smart-zero-emission-boilers-for-free-in-new-trial/

 

Aus Spanien die gewoehlichen Nachtspeicherheizkoerper mit intelligenter Steuerung zur Verwendung von hausgemachtem PV Strom:

 

https://www.pv-magazine.com/2022/07/01/solar-powered-residential-heating-system-based-on-storage-heaters/

 

Wasserstoff und Waermepumpe waeren am Ende wenn sich die Dinger durchsetzen.Bietet die Speicherkessel schon jemand in D an?


Neuen Kommentar schreiben


Name: *
E-Mail: *
(wird nicht veröffentlicht)
Nicht ausfüllen!


Kommentar: *

(wird nicht veröffentlicht)
max 2.000 Zeichen


energiezukunft