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Klimaschutz-Ranking reloadedImmer mehr Versicherer gehen auf Kohle-Rückzugskurs

Blumenwiese mit Kohlekraftwerk im HIntergrund
Bis Gras über die Kohleindustrie gewachsen ist, wird noch viel Zeit vergehen – doch angesichts der Klimakrise bleibt keine Zeit mehr. (Foto: Pixabay / Free License)

Für die Kohleindustrie wird es immer schwerer, ihre Geschäfte abzusichern. Die weltweit größten Versicherer haben in den letzten drei Jahren ihre Kohlegeschäfte beendet oder eingeschränkt. Im Öl- und Gasbereich sind jedoch keine Ambitionen sichtbar.

03.12.2020 – Durch Ausschlüsse bei Versicherern werden Kohlegeschäfte zunehmend schwieriger – und teurer. Das macht Kohlegeschäfte zunehmend unwirtschaftlich. Im Laufe der letzten drei Jahre haben 23 große Versicherer weltweit die Absicherung von Kohleprojekten eingestellt. Das entspricht rund 48 Prozent des Rückversicherungs- und knapp 13 Prozent des Direktversicherungsmarktes, berichtet die vierte Klima-Analyse zur Versicherungsbranche des globalen NGO-Netzwerks Insure Our Future, dessen deutsches Mitglied urgewald ist. Der Bericht wurde in dieser Woche anlässlich der Versicherer-Konferenz Insurance, Risk and Capital EMEA vorgestellt. Demnach sind die Prämien für Kohleunternehmen in diesem Jahr um bis zu 40 Prozent gestiegen.

Reaktion auf Druck von Klimaschützern

Für die Analyse untersuchte Insure Our Future 30 führende Versicherer und ihre Richtlinien in Bezug auf fossile Energien – Kohle Öl und Gas. Ausgewertet wurden die Antworten von 20 Unternehmen sowie öffentlich verfügbare Informationen. Laut Bericht decken die meisten europäischen und australischen Versicherer aufgrund des steigenden Drucks von Seiten der Klimaschutzbewegung keine neuen Kohleprojekte mehr ab. Andere werden erstmal nur vorsichtiger und schränken die Versicherung ein.

Risse im Geschäft mit der Kohle

Der Trend umfasse auch die Kohle-Investitionen der Versicherungskonzerne, so dass mittlerweile für etwa 40 Prozent der globalen Versicherungs-Vermögenswerte – das entspreche rund 12 Billionen US-Dollar – Ausschlussrichtlinien existieren. Das ist laut Bericht eine Vervierfachung seit 2017. Umstrittene Projekte wie bspw. die von Adani geplante Carmichael-Mine in Australien finden nur noch schwer Versicherungen.

Der Kohlemarkt schrumpft, der Markt für Öl und Gas floriert

Doch im Hinblick auf die Klimaziele sind die Schritte der Versicherer bei weitem nicht ausreichend. Denn einige wichtige Player machen immer noch nicht mit beim Kohle-Divestment. Große Versicherer in den USA und Ostasien sowie der Versicherungsmarkt Lloyds of London versichern Kohle nach wie vor.

Der Druck muss größer werden

Erst vor kurzem hatte eine NGO-Alllianz die Coal Exit List veröffentlicht. Darin zeigt sich, dass fast die Hälfte der 935 in der Datenbank aufgeführten Unternehmen entweder neue Kohlekraftwerke, Kohleminen oder Kohletransportinfrastruktur planen. Das sei ein erschreckendes Zeugnis für die Weigerung der Kohleindustrie, sich mit der Klimarealität auseinanderzusetzen, kommentiert urgewald-Chefin Heffa Schücking. „Bloß darauf zu warten, dass Kohleunternehmen von selbst den Übergang zu Erneuerbaren Energien vollziehen, ist eine Taktik, die sicher in die Klimakatastrophe führt“, warnt Schücking. Die Versicherer hätten einen großen Hebel in der Hand, die Kohlewirtschaft unrentabel zu machen. Angesichts der Klimakrise wäre das ihre Plficht.

Öl und Gas-Geschäfte bleiben rentabel

Erstmals hat der Bericht der NGO-Koalition auch untersucht, wie sich Versicherer zu Öl und Gas verhalten: Da sieht es gar nicht hoffnungsvoll aus, denn lediglich neun Versicherer haben die Deckung für die besonders umwelt- und klima-schädlichen Ölsande eingeschränkt oder beendet. Immerhin sind es fünf mehr als noch im letzten Jahr.

Allianz verliert Spitzenplatz beim Klimaschutz

Die deutschen Versicherungsgiganten konnten beim Klimaschutz im Vergleich zum Vorjahr zur internationalen Konkurrenz aufschließen. Die Allianz fällt allerdings gegenüber Hannover Re, Munich Re und Talanx (HDI Global) zurück. In diesem Jahr hat sie zwar ihre Kohlerichtlinie geschärft, indem sie neben neuen Kohlekraftwerken und -minen auch Kohleunternehmen von der Versicherung ausschließt. Im Bereich Öl und Gas hat sich laut urgewald bei der Allianz jedoch noch gar nichts getan. Dahingegen hätten die anderen großen deutschen Versicherer zumindest Ölsandfirmen von Investitionen und Versicherung auf Projektebene ausgeschlossen.

Im internationalen Gesamtvergleich stehen damit Hannover Re auf Platz 3 Munich Re auf Platz 5 und Talanx auf Platz 9 vor der Allianz auf Platz , berichtet urgewald. „Während die Allianz dieses Jahr ihre Ausschlussregeln für Kohle nachgebessert hat, warten wir bisher vergeblich auf eine Richtlinie im Öl- und Gasbereich“, kommentiert Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, die Ergebnisse. Da werde die Allianz ihrem eigenen Anspruch als Klimavorreiter nicht gerecht.

Der Trend, dass immer mehr Versicherer Kohle ausschließen, müsse sich angesichts der immer schlimmer werdenden Klimakrise massiv beschleunigen. mahnt Peter Bosshard, Koordinator der Insure Our Future Kampagne. „Zauderer wie Lloyd’s, AIG und Tokio Marine müssen aufhören Kohle zu versichern und die gesamte Branche muss aufhören, die Öl- und Gasindustrie zu unterstützen.“

Versicherer haben großen Hebel für die Energiewende in der Hand

Die Kohleverbrennung ist für 40 Prozent der CO2-Emissionen (landnutzungsbezogene Emissionen nicht eingerechnet) verantwortlich. Öl und Gas bringen zusammen 55 Prozent auf die Klima-Waage. Der schrumpfende Kohlemarkt zeigt den Einfluss, den Versicherer auf die Entwicklung von fossilen Quellen haben können. Der stark konzentrierte Öl- und Gas- Versicherungsmarkt ist anfällig. Zehn Versicherer decken etwa 70 Prozent des globalen Öl- und Gasmarktes ab, die größten sind AIG, Travelers, Zurich und Lloyd’s. Versicherer, die 45 Prozent dieses Marktes kontrollieren, haben Kohle bereits ausgeschlossen. Ein Viertel des Marktes vertreten Unternehmen, die die Pariser Klimaziele einhalten wollen, kommentiert urgewald das Ranking.

„Europäische Versicherer haben den Rückzug aus der Kohle angeführt“, sagt Lucie Pinson, Direktorin von Reclaim Finance. „Nun müssen sie bei Öl und Gas aktiv werden. Allianz, AXA, Munich Re und Zurich haben versprochen, ihre Investitionen in Einklang mit dem 1,5°C- Limit zu bringen.“ Meinen sie das ernst, müssten Unternehmen, die neue Öl- und Gasproduktionen planen, aus Versicherung und Investitionen herausfallen, fordern die Klimaschützer. na


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