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EnergiehungerIndiens Antwort ist (auch) mehr Kohle

Kohlekraftwerkstürme, ein Baum und ein karges Feld mit grasenden Rindern
Noch mehr Kohlekraftwerke sollen bald Indiens Energiehunger stillen. (Bild: Biswarup Ganguly, Wikimedia Commons, CC BY 3.0)

Statt "phase down" nun "build up" – Regierungsinformationen zufolge will Indien seine Kohlekraft aufgrund der steigenden Energienachfrage sogar ausbauen statt runterfahren. Dabei sorgen Kraftwerke aktuell für verheerende Smog-Werte in Neu-Delhi.

22.11.2021 – Neben China und dem Iran war es die indische Delegation auf der Klimakonferenz in Glasgow, die kurz vor Abschluss noch einmal intervenierte und erreichte, dass der Passus zum Kohleausstieg im Abschlusstext noch einmal abgeschwächt wurde. Nun ist nur noch von einem "phase down" – einem Herunterfahren – der Kohleenergie die Rede und nicht mehr wie zuvor von einem "phase out" – einem Ausstieg.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters eine nicht näher benannte Regierungsstelle zitiert, wird die Kohlekraft in den kommenden Jahren sogar ausgebaut, um den steigenden Energiebedarf des Landes zu decken. Zwar wird der prozentuale Anteil der Kohlekraft am Strommix mit dem deutlichen Ausbau Erneuerbarer Energien abnehmen, doch der Energiehunger in Indien wächst so stark, dass neue Kohlekraftwerke nötig seien, so die Quelle aus Regierungskreisen gegenüber Reuters.

Aktuell stammt knapp über die Hälfte der Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken. Bei der Anzahl der Kohlemeiler im Land reiht sich Indien im globalen Vergleich hinter China auf Platz zwei ein. Beim Ausstoß von Treibhausgasemissionen liegt Indien weltweit auf Platz drei, auch wenn der Pro-Kopf-Ausstoß im Vergleich zu den USA und auch Europa noch deutlich niedriger ist. So ist jeder Inder im Durchschnitt für 1,9 Tonnen CO2 pro Jahr verantwortlich, während der durchschnittliche EU-Bürger 8,4 Tonnen verursacht und der US-Bürger sogar 18 Tonnen.

Billige Solarkraft

Immerhin hat sich der Anteil Erneuerbarer Energien in der Amtszeit des amtierenden Premierministers Narendra Modi seit 2014 verdoppelt und trägt aktuell zu 37,9 Prozent an der gesamten Stromerzeugung bei. Die Solarenergie ist in Ausschreibungen inzwischen günstiger als die Kohlekraft und bis 2030 will Indien den Anteil Erneuerbarer Energien auf 50 Prozent steigern.

Zu Beginn der COP in Glasgow erklärte Indien zudem bis 2070 klimaneutral seien zu wollen. Das ist weitaus später als andere Länder. Gemessen an der historischen Klimaschuld und Pro-Kopf-Ausstoß von Treibhausgasemissionen aber, stehen sie mit dieser Ankündigung nicht schlechter da als die meisten Industrieländer. Für wirksamen Klimaschutz reicht es trotzdem nicht. Als Schwellenland fordert Indien von den Industriestaaten mehr finanzielle Hilfen für ihren Dekarbonisierungspfad.

Doch finanzielle Hilfen allein werden nicht reichen. Die Lobby der Kohleindustrie in Indien ist mächtig Allen voran der indische Unternehmer Gautam Adani kontrolliert Kohleindustrie und politische Geschicke im Land und fördert darüber hinaus Kohleabbau und -verstromung in anderen Staaten. So auch in Australien, das jedes Jahr Millionen Tonnen Kohle nach Indien exportiert. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg ein australisches Kohleunternehmen zitiert, wird der Export von Kohle für mindestens zwei Jahrzehnte stabil bleiben, da der Bedarf insbesondere in asiatischen Ländern wie Indien weiterhin groß sein wird.

Schlechte Luft und heißes Wetter

Dabei zeigt sich am Beispiel der indischen Hauptstadt Neu-Delhi, dass Klimakrise und Kohlekraftwerke bereits massive negative Einflüsse auf das Leben der Bewohner haben. Im Sommer sorgen Extremtemperaturen von bis zu 48 Grad Celsius dafür, dass die Gesundheit vieler Bewohner stark gefährdet ist. Die fortschreitende Klimakrise führt auch zu einer drastischen Verknappung der Trinkwasserversorgung.

Aktuell machen der Stadt verheerende Smogwerte zu schaffen. Neben dem Verkehr und Industrieanlagen, sorgen auch umliegende Kohlekraftwerke für Luftverschmutzung, die wegen der kalten Witterung schlechter abzieht. Schulen wurden vorübergehend geschlossen und Kinder gebeten zu Hause zu bleiben, damit sie nicht der gesundheitsgefährdenden Luft ausgesetzt sind. Zudem sollen Beamte von zuhause aus arbeiten. Man spricht von einem Smog-Lockdown. Als Gegenmaßnahmen wurden Baumaßnahmen gestoppt, der Schwerlastverkehr reduziert und sechs der elf umliegenden Kohlekraftwerke vorübergehend geschlossen. Ungeachtet dessen sollen im Land neue Kohlekraftwerke gebaut werden. mf


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