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Energiewende in DeutschlandMit 50 Prozent Erneuerbar ins neue Jahr

Windkraftanlagen auf halbwegs schneebedeckten Bergen
Für die Windenergie an Land war 2022 ein durchschnittliches Jahr. Wind on- und offshore produzierten zusammen rund 123 TWh Strom in Deutschland. (Foto: Jason Blackeye on Unsplash)

Sonne, Wind und Co. haben 2022 rund 50 Prozent des Stroms in Deutschland gestellt. Windenergie war die wichtigste Quelle im Strommix. Eine gute Ausgangsbasis, doch für Klimaschutz und günstigere Marktpreise muss der Anteil 2023 schnell steigen.

05.01.2023 – Die gute Nachricht zum neuen Jahr: Bei der Nettostromerzeugung in Deutschland haben Wind und Photovoltaik im vergangenen Jahr deutlich zugelegt. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat aktuell die Jahresauswertung zur Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2022 vorgestellt. Das Jahr war demnach von extremen Preisen und einem starken Wachstum bei den Erneuerbaren Energien geprägt.

Nettostromerzeugung, d.h. dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt, lag bei 49,6 Prozent, ihr Anteil an der Last lag bei 50,3 Prozent. Dabei erreichte nur die Photovoltaik die von der Bundesregierung vorgegebenen Ausbauziele und konnte ihren Beitrag zur Stromerzeugung um 19 Prozent steigern, berichten die Analysten. Die Auswertung basiert auf der Datenplattform energy-charts.info, die im Stundentakt aktualisierte Daten liefert.

Höchster Photovoltaik-Zubau seit 2013

Die deutschen Photovoltaikanlagen erzeugten laut Bericht im Jahr 2022 etwa 58 Terawattstunden (TWh), wovon ca. 53 TWh ins öffentliche Netz eingespeist und 5 TWh selbst verbraucht wurden. Der Zubau von EEG-Anlagen mit 6,1 Gigawatt erhöhte die installierte Leistung auf ca. 66 Gigawatt (Stand November). Dies war der höchste Photovoltaik-Zubau seit 2013.

Dank des Zubaus und des sonnigen Wetters stieg die Solarstromerzeugung um 19 Prozent gegenüber 2021. Von April bis August und im Oktober war die monatliche Stromerzeugung von Photovoltaik-Anlagen höher als die von Steinkohlekraftwerken und von März bis September höher als die von Gaskraftwerken.

Windkraft-Zubau sehr bescheiden, Stromerzeugung aus Windenergie hoch

Für Wind onshore war 2022 ein durchschnittliches Jahr, Wind offshore war eher unterdurchschnittlich. Wind on- und offshore produzierten zusammen ca. 123 TWh, nach 112 TWh in 2021.

Am meisten Strom insgesamt wurde aus Windenergie erzeugt, gefolgt von Braunkohle, Solar, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Kernkraft und Wasserkraft. Der Anteil der Onshore-Windstromproduktion betrug ca. 99 TWh und die Offshore- Produktion ca. 25 TWh, wovon ca. 21 TWh in der Nordsee und 4 TWh in der Ostsee erzeugt wurden.

Der Zubau von Wind sowohl onshore als auch offshore war erneut sehr schwach: Ende November 2022 lag die installierte Leistung von Onshore-Wind bei 58 GW (plus 2,1 GW gegenüber 2021) und von Offshore- Wind bei 8,1 GW (plus 0,3 GW). Gemeinsam produzierten Solar- und Windenergieanlagen im Jahr 2022 ca. 181 TWh, ca.21 TWh mehr als 2021.

Die Wasserkraft lag aufgrund des heißen und trockenen Sommers in der Erzeugung mit 16 TWh deutlich unter dem Wert von 2021 (19 TWh). Die Biomasse lag mit 42,2 TWh leicht über dem Wert des Vorjahres. Die installierte Leistung hat sich kaum verändert.

In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2022 ca. 244 TWh und damit etwa 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr (227 TWh). Ihr Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung stieg auf 49,6 Prozent (2021: 45,6 Prozent) und ihr Anteil an der Last lag bei 50,3 Prozent.

EE-Anteil bei Industrie und Gewerbe unterdurchschnittlich

Die gesamte Nettostromerzeugung beinhaltet neben der öffentlichen Nettostromerzeugung auch die Eigenerzeugung von Industrie- und Gewerbebetrieben, die hauptsächlich mit Gas erfolgt. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der gesamten Nettostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der „Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden“ liegt bei ca. 44,5 Prozent.

Stromverbrauch gesunken

Die Last im Stromnetz betrug 484 TWh. Das sind ca. 20 TWh weniger als 2021. Aufgrund der hohen Strompreise und der höheren Temperaturen wurde wohl deutlich Strom eingespart. Die Last beinhaltet den Stromverbrauch und die Netzverluste, aber nicht den Pumpstromverbrauch und den Eigenverbrauch der konventionellen Kraftwerke.

Comeback der Kohleverstromung

Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 führte zu starken Verwerfungen an den Energiemärkten und einem Einbruch der Erdgasimporte aus Russland. In Europa führte dies in Kombination mit einem Ausfall der Hälfte des französischen Atomkraftwerk-Parks zu hohen Strompreisen, berichten die Experten des Fraunhofer ISE.

Kompensiert wurde dieser Mangel teilweise durch einen Anstieg der Kohleverstromung, die nach einem seit 2013 rückläufigen Trend nun das dritte Jahr in Folge stieg. Die Braunkohle stieg auf 107 TWh (2021: 99 TWh), die Steinkohle auf 56 TWh (2021: 47 TWh). Die Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung sank dagegen von 52 TWh auf 47 TWh.

Durch die Abschaltung der drei AKW Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf sank die Erzeugung aus Kernkraft um 50 Prozent von 65 TWh auf 33 TWh. 

Exportüberschuss und Börsenstrompreis stark gestiegen

Im Jahr 2022 wurde beim Stromhandel (geplant bzw. terminiert) ein Exportüberschuss von ca. 26 TWh erzielt. Das sind 9 TWh mehr als 2021. Der Großteil der Exporte floss nach Österreich (16,0 TWh) und Frankreich (15,3 TWh), gefolgt von der Schweiz (6,6 TWh) und Luxemburg (3,9 TWh). Deutschland importierte Strom aus Dänemark (10,3 TWh), aus Norwegen (3,7 TWh ) und aus Schweden (3,1 TWh).

Der durchschnittliche volumengewichtete Day-Ahead Börsenstrompreis lag bei 230,58 €/MWh bzw. 23,058 Cent/kWh. Das ist ungefähr das 2,5-fache von 2021 (93,35 €/MWh) und das 6,3-fache von 2019 (36,65 €/MWh). Aufgrund der Corona-Pandemie sollte das Jahr 2020 nicht für Vergleiche genutzt werden, schreiben die Fraunhofer-Forscher.

Erläuterungen zur Datengrundlage des Fraunhofer-ISE-Berichts

Diese erste Version der Jahresauswertung berücksichtigt alle Stromerzeugungsdaten der Leipziger Strombörse EEX und des europäischen Verbands der Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E bis einschließlich 31.12.2022. Über die verfügbaren Monatsdaten des Statistischen Bundesamtes zur Elektrizitätserzeugung bis einschließlich September 2022 wurden die Viertelstundenwerte der EEX energetisch korrigiert, erläutern die Forscher.

Für die restlichen Monate wurden die Korrekturfaktoren auf Basis von zurückliegenden Monats- und Jahresdaten abgeschätzt. Die hochgerechneten Werte von Oktober bis Dezember unterliegen größeren Toleranzen.

Zugrunde liegen die Daten zur deutschen Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung. Die Nettostromerzeugung ist die Differenz zwischen Bruttostromerzeugung und dem Eigenverbrauch der Kraftwerke. Sie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die komplette Stromwirtschaft rechnet mit Nettogrößen, z.B. für den Stromhandel, die Netzberechnung, Netzauslastung, Kraftwerkseinsatzplanung usw.

An den Strombörsen wird ausschließlich die Nettostromerzeugung gehandelt, die Übertragungsnetzbetreiber rechnen mit Nettoströmen, und bei den grenzüberschreitenden Stromflüssen werden nur Nettozahlen gemessen. Die Nettostromerzeugung repräsentiert den Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird bzw. mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden.


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Kommentare

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Juri Hertel 05.01.2023, 11:33:13

Betr. Irlands EE-Anteil auf der Karte

 

https://energy-charts.info/charts/renewable_share_map/chart.htm?l=en&c=DE&year=2022&interval=year

 

Die Angabe von 67% EE ist falsch, es muss sich um einen Uebertragungsfehler handeln.Mir liegt noch keine Auswertung von 2022 vor, im Jahr 2021 lag der EE-Anteil an der Gesamterzeugung bei unter 40%, siehe dazu Seite 38 im pdf unter Figure 30

 

https://www.seai.ie/publications/Energy-in-Ireland-2022.pdf

 

Irland macht grosse Schritte in Sachen EE, lag aber lange Zeit sehr weit zurueck.Eine beinahe Verdoppelung binnen Jahresfrist bei den EE ist aber ausgeschlossen. Die irische Datenerfassung ist sub-optimal und laesst viel zu wuenschen uebrig,erforderliche Uebertragungen sind haeufig verspaetet und inkomplett.


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