Menü öffnen

Energiewende voranbringenÖkostrom-Markt sollte reformiert werden

Solardach auf einer Reithalle mit Blick ins benachbarte Dorf
Wo geht er hin, der Ökostrom von nebenan? Das interessiert immer mehr Verbraucher. Experten fordern eine transparente Ökostrom-Kennzeichnung, um den Fortschritt der Energiewende sicherzustellen. (Foto: NATUSTROM AG)

Angebot und Nachfrage von Ökostrom steigen seit Jahren stetig an. Doch um eine echte Wirkung hinsichtlich der Energiewende zu entfalten, müsste die Stromkennzeichnung verständlicher und bekannter werden, zeigt eine Analyse des Umweltbundesamts.

22.08.2019 – Im Jahr 2013 waren 810 Ökostromprodukte auf dem deutschen Strommarkt, vier Jahre später waren es bereits 1.157 Produkte: Der ökologisch und nachhaltig denkende Stromkunde hat heute die Qual der Wahl: Rund 80 Prozent der Stromanbieter führen heute mindestens ein Ökostromprodukt. Aber gibt es Unterschiede bei der Ökostrom-Qualität? Und woran kann der Verbraucher das erkennen? Wo kommt der Ökostrom überhaupt her?

Das Umweltbundesamt (UBA) hat sich in einer aktuell erschienenen Marktanalyse den Rahmenbedingungen und der Entwicklung des Ökostrommarktes in Deutschland gewidmet. Laut dieser aktuellen Marktanalyse Ökostrom II wurden im Jahr 2017 in Deutschland Herkunftsnachweise für 95,6 Terawattstunden Strom entwertet, das waren 22 Prozent mehr als 2013. Diese Nachweise stammten laut Umweltbundesamt fast zur Hälfte aus Norwegen und zu über 90 Prozent aus Wasserkraft.

Ökostrom-Kennzeichnung transparenter gestalten

Viele deutsche Ökostromprodukte basieren also nur auf ausländischen Zertifikaten, zeigt die UBA-Marktanalyse, sie haben für die Energiewende kaum einen positiven Nutzen. Die Kennzeichnung der Stromprodukte bleibt intransparent. Dabei sind für Verbraucher die Zusammensetzung des Stromproduktes und der Preis laut Umfrage gleich wichtig. Viele Stromkunden, die Ökostrom wählen, achten demnach zunehmend auf entsprechende Label sowie Herkunftsnachweise; vor allem spiele die Regionalität beim Strombezug eine zunehmend wichtige Rolle.

Ausbauziel Erneuerbare Energien im Blick behalten

Um eine nachhaltige Wirkung für den Fortschritt der Energiewende zu entfalten, sollte die Stromkennzeichnung für alle Verbraucher transparenter werden, empfehlen die Studienautoren. „Die bisherige Darstellung sagt durch den pauschalen Ausweis des EEG-Anteils im Strommix von über 50 Prozent so gut wie nichts über den konkreten Stromeinkauf des Energieversorgers aus“, erläutert Naturstrom-Vorstand Oliver Hummel die Analyse des UBA. „Für den Gesamtmarkt muss man sagen, dass viele als Ökostrom angepriesene Tarife die Energiewende kaum voranbringen“ – insbesondere mit Blick auf Herkunftsnachweise für norwegischen Strom aus Wasserkraft. Denn durch diese Zertifikats-Ökostromprodukte werde kein einziges Ökokraftwerk in Deutschland zusätzlich gebaut. Um die Energiewende in Deutschland sinnvoll fortzusetzen, brauchen wir aber einen massiven Zuwachs an Erneuerbaren Energien-Anlagen, um irgendwann das 100-Prozent-Erneuerbare-Ziel zu erreichen.

Vor allem im Hinblick auf EEG-Altanlagen und neue Anlagen ohne Förderung werde eine transparente Kennzeichnung mit Herkunftsnachweisen relevant, schreiben die UBA-Experten. Die Anzahl solcher Anlagen wird zunehmen und Ökostromkunden sollten auf Gütesiegel mit hohen Qualitätsstandards wie etwa das Grüner-Strom-Label achten.damit ein neues Potenzial für Herkunftsnachweise eröffnet, so die Analysten „Falls Herkunftsnachweise ein hohes und stabileres Preisniveau erreichen, welches zum Beispiel im Rahmen langfristiger Lieferverträge zu einem relativ verlässlich kalkulierbaren Gewinn werden könnte, würden sich der Stellenwert der Herkunftsnachweise und deren Beitrag zur Energiewende ändern“, erläutern die Autoren in der Ökostrom-Marktanalyse. „Das Ziel einiger Ökostromsiegel, mit dem Bezug von Ökostrom die Errichtung neuer Anlagen jenseits der Förderung anzureizen, könnte sich unter diesem Gesichtspunkt in den kommenden Jahren leichter erfüllen lassen.“ Ökostromkunden sollten auf Gütesiegel mit hohen Qualitätsstandards wie etwa das Grüner-Strom-Label achten.

Mittelständische Unternehmen für mehr Klimaschutz

Neben privaten Stromkunden sollten sich vor allem kleine und mittlere Unternehmen angesprochen fühlen, denn deren Ökostrombezug könnte eine große Wirkung für den Klimaschutz entfalten: Sie machen mehr als 90 Prozent des Anteils aller Unternehmen in Deutschland aus und seien somit auch „für einen wesentlichen Anteil des Stromverbrauchs und der damit verbundenen CO2-Emissionen verantwortlich“, schreiben die Analysten. Rund 38 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen beziehen laut eigener Aussage bereits Ökostromprodukte. na


Mehr zum Thema


energiezukunft