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KlimapolitikWird der CO2-Preis als Klimaschutz-Instrument überschätzt?

Treibhausgasemissionen der Industrie
Eine aktuelle Studie zeigt: Die Lenkungswirkung einer CO2-Bepreisung könnte viel geringer ausfallen als erhofft. (Foto: Marcin Jozwiak on Unsplash)

Für viele Experten und Politiker gilt die CO2-Bepreisung als das wichtigste politische Instrument zur Erreichung von Klimazielen und Klimaneutralität. Einer aktuellen Studie nach könnte die Lenkungswirkung jedoch geringer ausfallen als erhofft.

19.01.2021 – Auch wenn die Bepreisung von CO2 in einigen Ländern zu sinkenden Treibhausgasemissionen geführt hat, blieb ein umfassender technologischer Wandel bisher aus. Dafür ist eine sektorspezifische Förderung von klimafreundlichen Technologien notwendig, also zum Beispiel eine grundlegende Änderung des Strommarktdesigns oder der deutliche Ausbau eines Ladenetzes für Elektroautos.

Das zeigt eine aktuelle Untersuchung unterschiedlicher Studien zur Wirkung von Kohlenstoffpreissystemen in der EU, Neuseeland, der kanadischen Provinz British Columbia und nordischen Ländern wie zum Beispiel Norwegen oder Schweden. Die Lenkungswirkung einer CO2-Bepreisung sei demnach nicht so stark wie erhofft, lautet das Fazit der Wissenschaftler des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS Potsdam) und der ETH Zürich.

„Wir beobachten zum Teil beachtliche Senkungen der Emissionen, allerdings nicht durch die dringend nötigen Investitionen in CO2-freie Technologien, sondern durch einen Umstieg auf andere, etwas weniger CO2-intensive Nutzungen. Für die angestrebte Klimaneutralität ist ein Umstieg von Benzin auf Diesel oder von Kohle- auf Gasstrom aber praktisch irrelevant“, sagt Leitautor Johan Lilliestam vom IASS. Um in den nächsten Jahrzehnten klimaneutral zu werden seien größere, systemische Veränderungen nötig.

Höhe des CO2-Preises nicht entscheidend

Auch wenn viele Studien einen zu niedrigen CO2-Preis bzw. zu große Menge an Zertifikaten als Hauptursache einer unzureichenden Lenkungswirkung ausmachen, ist das laut den IASS-Wissenschaftlern keine hinreichende Erklärung. Denn selbst in den nordischen Ländern, wo verhältnismäßig hohe CO2-Preise existieren, sei keine Lenkungswirkung in Richtung eines technologischen Wandels beobachtbar.

Die Energiewende werde dagegen viel mehr durch andere Politikmaßnahmen, wie etwa Förderprogramme für Erneuerbare Energien, in Schwung gebracht. Dadurch habe es für Investoren viel stärkere Investitionsanreize gegeben, was bei der Wind- und Solarenergie in starken Kostensenkungen resultierte.

Dennoch sollte die Bedeutung einer CO2-Bepreisung nicht unterschätzt werden, betonen die Forscher in ihrer Untersuchung. „Einerseits können sie genutzt werden, um Einnahmen für dringend nötige Fördermaßnahmen und öffentliche Investitionen zu erzielen. Andererseits können sie in bestimmten Sektoren, wie der Kohleverstromung, dazu beitragen, dass die CO2-intensivsten Technologien endgültig ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren, wenn eine alternative Technologie bereit steht“, erläutert Lilliestam.

CO2-Preis als Teil einer Gesamtstrategie

Eine CO2-Bepreisung kann damit aus Sicht der IASS-Forscher als Teil eines breit angelegten Maßnahmenpaketes durchaus einen wichtigen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten. Sie darf jedoch nicht als zentrales Klimaschutzinstrument angesehen werden, da sie zwar durchaus Lenkungswirkungen erzielen, nicht jedoch einen umfassenden technologischen Wandel forcieren kann.

In Europa wird derzeit eine deutliche Ausweitung der CO2-Bepreisung als eines von mehreren Szenarien für ein klares Klimaschutz-Konzept diskutiert. Schifffahrt, Gebäude und Verkehr würden dann ebenfalls im Emissionshandelssystem erfasst und der CO2-Preis insgesamt angehoben werden. Das Europäische Parlament fordert in seinem Vorschlag für ein neues Klimagesetz den Emissionshandel auch unter ein europäisches CO2-Budget zu fassen. So soll verbindlich festgelegt werden, wieviel Tonnen CO2 die EU bis 2050 noch ausstoßen darf, ohne das Pariser Klimaabkommen zu gefährden. jk


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Kommentare

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Ugly Deluxe 20.01.2021, 16:33:13

Naja, die nordischen Länder haben ja auch eine ganz andere Voraussetzung bei der Nutzung von Erneuerbaren (insb. Wasserkraft). Außerdem ist der Anteil der Kernenergie und der von elektrisch betriebenen Wärmepumpen sowie KWK-Wärme hoch.

In der Mobilität hat sich wenig bewegt hinsichtlich CO2-Emissionen - trotz der CO2-Steuer. Hier führt selbst die vermeintlich hohe CO2-Steuer nur zu einer Verteuerung des Benzins um rd. 15 %.

 

Laut UBA verursacht jede Tonne CO2 Schäden in Höhe von 180 €. Wie sähe denn die Lenkungswirkung bei einem solchen CO2-Preis aus?

 

Außerdem könnte man ja die ganzen versteckten Subventionen im Bereich fossiler Energien streichen (bspw. Kerosin) und hätte einen zusätzlichen Anreiz zur Verhaltensänderung bzw. für einen Technologiewechsel.

 

Einfach immer nur fördern, fördern und fördern ist aus meiner Sicht der falsche Ansatz - vor allem wenn es bis zum Skt. Nimmerleinstag laufen soll.

Einfach die externen Kosten in den Energieträger bzw. die Technologie einpreisen und bzw. beim CO2 den harten Anschlag mit dem (globalen) Restbudget zur Einhaltung der beschlossenen Ziele zum Temperaturanstieg umsetzen. Dann sieht man auch beim CO2 ganz andere Preise als heute.

 

https://www.mcc-berlin.net/forschung/co2-budget.html

 

So, wie die Ergebnisse der Studie hier dargestellt werden, würde ich einem Studenten seine Abschlussarbeit noch einmal zur Überarbeitung zurückgeben...


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