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Klimaschutz im GebäudesektorEnergetische Sanierung erhält Förder-Vorrang

Gedämmtes Fertigbau-Fassadenelement wird mit Kran auf ein Gebäude gehievt
Einen Weg zur schnelleren energetischen Sanierung im großen Maßstab sehen manche Akteure in der seriellen Sanierung. (Foto: Energiesprong International / Flickr / CC BY 2.0)

Bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude soll in Zukunft die energetische Sanierung im Fokus stehen. Für Neubauten läuft die Förderung für effiziente Gebäude aller Effizienzhaus-55-Stufen Ende Januar 2022 aus. Kritik kommt aus der Branche.

16.11.2021 – Eine wichtige Förderung für den klimaeffizienten Neubau läuft Anfang kommenden Jahres aus. Die entsprechende Änderung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) hat das Bundeswirtschaftsministerium vor kurzem auf den Weg gebracht. Im Neubau entfällt damit die Förderung für effiziente Gebäude aller Effizienzhaus-55-Stufen, also auch die Erneuerbare-Energien-Klasse und Nachhaltigkeits-Klasse, zum 1. Februar 2022.

Hintergrund dafür: Die Bundesregierung hatte erst Ende September beschlossen, die BEG-Fördermittel für 2021 nochmals um 11,5 Milliarden Euro auf insgesamt bis zu 18 Milliarden Euro zu erhöhen. Gleichzeitig wurde aber auch vereinbart, die bestehende Fördersystematik der BEG mit Blick auf die Fördereffizienz hin zu überprüfen und anzupassen – um die Fördermittel noch gezielter dort einzusetzen, wo Treibhausgas-Minderungen am notwendigsten sind und einen größtmöglichen Beitrag zur Emissionsminderung leisten.

Viele Projektentwickler planen bislang mit KfW 55. Neben günstigen KfW-Darlehen gibt es noch einen Extra-Zuschuss. Aufgrund der starken Nachfrage musste das BEG-Förderbudget daher aufgestockt werden. Nur so konnte ein Antragsstopp vor dem Jahreswechsel 2021/22 verhindert werden, berichtete der Bund und hatte in diesem Zuge bereits angedeutet, dass die BEG in dieser Form nicht fortgeführt werden könne. Denn bisher entfielen in diesem Jahr etwa ein Drittel auf die Einstiegs-Förderstufe im Neubau Effizienzhaus/-gebäude 55.

Fördergelder sollen ab Februar 2022 nun vor allem in die energetische Gebäudesanierung und in Neubauten mit einer höheren Effizienzklasse – mindestens KfW-40-Standard – fließen, – denn dort sei das CO2-Einsparpotenzial viel höher.

Kritik an KfW-55-Neubauförderung kam von den Umweltverbänden

Die Förderung des KfW-55-Standards wurde bereits von mehreren Seiten kritisiert. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte zuletzt von der Ampel-Koalition eine Zusage für klimaneutrales Bauen, mindestens mit dem Effizienzhaus-Standard 40, gefordert.

„Was derzeit im Neubau passiert, ist klimapolitisch und aus Sicht der Steuerzahler widersinnig“, meint DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Die geltenden Baustandards hält er für veraltet. „Gleichzeitig fließen Milliardensummen in die Förderung von Effizienzhausstandards, die längst Stand der Technik sind und nicht mehr gefördert werden müssen.“ Dieses Fördergeld wäre für wirksame Klimaschutzmaßnahmen wie die Bestandssanierung verloren.

„Die heutigen Baustandards sind nicht vereinbar mit dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes. Die Wohnraumoffensive von heute erzeugt damit die Sanierungsfälle von morgen.“ Das würde sich vor allem hinsichtlich der geplanten Wohnraumoffensive als kontraproduktiv erweisen – und Bewohner für Jahrzehnte mit massiven Energiepreisen belasten.

Er bezieht sich damit auf den Plan im Sondierungspapier der Ampel-Koalition. mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung sollten die Kosten für den Wohnungsbau gesenkt werden, so der Vorschlag. Weitere Ziele: Den Klimaschutz beim Neubau stärken und die energetische Sanierung im Bestand beschleunigen.

Wohnungswirtschaft protestiert

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) sieht die Einstellung der Neubauförderung für das Effizienzhaus/-gebäude 55 in der BEG hingegen als kontraproduktiv zu den Klima- und sozialen Zielen. GdW-Chef Axel Gedaschko nannte den Schritt „komplett unverständlich und unsozial“.

Ohne die Förderung würde das Wohnen mit erhöhtem Klimastandard für viele Menschen in Deutschland unbezahlbar. „Klimaschutz und soziale Ziele müssen zusammen gedacht werden. Deshalb gilt für das Wohnen: Es muss gefördert werden, was gefordert wird.“.

Die Förderung des Standards KfW-55 vollständig einzustellen, hält er daher für falsch. Dies bedeute faktisch einen Neubaustopp im Mietwohnungsbau, denn der höhere Effizienzstandard könne nur über höhere Mieten realisiert werden – „und diese sind im bezahlbaren Segment nicht erzielbar“, so Gedaschko. Die Politik müsse die erhöhten Klimaziele durch ausreichende Förderung weiterhin begleiten, um den sozialen Frieden zu sichern. Eine Reduzierung der Förderhöhe hätte ausgereicht.

„Wenn die Ziele des Sondierungspapiers mit 400.000 Neubauwohnungen jährlich, davon 100.000 Sozialwohnungen, erreicht werden sollen, wird das maßgeblich in der Effizienzklasse KfW-55 erfolgen müssen“, glaubt Gedaschko. Die Einstellung der Förderung werde als allgemeine Baubremse wirken.

Auch die Bundesingenieurkammer übt Kritik

Auch der Verband der Ingenieure bedauert die Ankündigung des Bundeswirtschaftsministeriums und macht einen Gegenvorschlag. „Die hohen Anforderungen an den baulichen Wärmeschutz machen ein Energiehaus/-gebäude 40 für Bauherrn wenig attraktiv. Bei Wegfall der Neubauförderung für ein Energiehaus/-gebäude 55 droht ein Rückfall auf das niedrigere GEG-Niveau. Das gilt es zu verhindern“, fordert Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer.

Auch wenn eine Erhöhung der Energieeffizienzstandards zur Erreichung der Klimaschutzziele aus Sicht der Ingenieure dringend erforderlich sei, wirke sich eine derart kurzfristige Änderung kontraproduktiv auf das Planen und Bauen aus. Die Planungssicherheit für Bauherren und Planende werde dadurch erheblich beeinträchtigt, das Bauen gehemmt und verzögert. Sinnvoll wäre nach Meinung der Ingenieure eine Änderung der Förderstandards im Zusammenhang mit einer entsprechenden Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG).

Die Bundesregierung hatte mit ihrem Sofortprogramm für den Gebäudebereich das Vorziehen der Überprüfung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auf das Jahr 2022 sowie die Anhebung der Neubaustandards vorgesehen. Das Ampel-Sondierungspapier kündigte dazu an: „Wir werden den Klimaschutz beim Neubau stärken und die energetische Sanierung im Bestand beschleunigen, um die Klimaziele auch im Gebäudebereich zu erreichen.“

Die Förderung solle sich verstärkt an einer CO2-Reduzierung orientieren, das sei richtig, sagen die Akteure aus der Praxis. Die Effizienzhaus/-gebäude-EE-Klassen leisteten dazu einen guten Beitrag, so die Bundesingenieurkammer. Bei einer kompletten Streichung des Effizienzhauses/-gebäudes 55 werde jedoch unterschlagen, dass ein Effizienzhaus/-gebäude 55 EE ein Schritt in die richtige Richtung, hin zur Klimaneutralität, ist.

Aus Sicht der Bundesingenieurkammer sollte der angekündigte Förderstopp für das Effizienzhaus/-gebäude 55 im Neubaubereich bis zur geplanten Änderung des GEG verschoben werden. Die Förderbestimmungen dazu waren erst Anfang Juli 2021 in Kraft getreten. na


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