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Energiewende im GebäudesektorGebäudeenergiegesetz (GEG) bleibt hinter Erwartungen zurück

Neubau eines Schulgebäudes im Rohbau, Baustelle mit Gerüst
Die energetischen Mindeststandards für neue Häuser im aktuell reformierten GEG sind nun geringer ausgefallen als geplant. (Foto: Minderbinder, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons)

Die Bestimmungen zur Energieeinsparung in der Reform des GEG greifen zu kurz, kritisieren Branchenexperten. Mit Festhalten an bisherigen Anforderungen zur Gebäudehülle, aber auch der mangelnden Bewertung von Ökostrom, würden die Klimaziele verfehlt.

15.07.2022 – Der Gebäudesektor verfehlte im vergangenen Jahr wiederholt die laut Klimaschutzgesetz zulässigen CO2-Emissionen. Die klimapolitische Herausforderung im Wärmesektor ist enorm. Bis 2030 soll der Ausstoß an Klimagasen gegenüber 2020 um über 40 Prozent gesenkt werden.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) regelt u. a. die energetischen Standards für neue Wohngebäude. Am 1.11.2020 ist das GEG in Kraft getreten – mit dem Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 und einer Aufhebung des Solar-Förderdeckels.

Die von Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck vorgesehenen energetischen Mindeststandards für neue Häuser im aktuell reformierten GEG sind nun geringer ausgefallen als geplant. Habecks Gesetzentwurf beinhaltete für das kommende Jahr das Vorschreiben einer besseren Dämmung nach dem sogenannten Effizienzhaus-55-Standard.

Doch die Effizienzwerte müssen nun nicht über die Dämmung der Gebäudehülle erreicht werden. Es bleibt bei den alten Standards für die Dämmung von Neubauten. Strengere Vorgaben zur Energieeinsparung sollen über die Haustechnik erreicht werden können – etwa eine Solaranlage auf dem Dach o. ä.

Energieberater und Planer sehen das kritisch. Die FDP hatte sich vor allem für „Technologieoffenheit“ eingesetzt: Es sollte den Bauherren überlassen bleiben, wie sie den geforderten Standard erreichten – über eine Optimierung der Gebäudehülle, über erneuerbare Energiequellen oder andere mögliche Instrumente. Zustimmung zum Kompromiss kam auch von Seiten der SPD-Fraktion. Das Effizienzhaus 55 sei nun gesetzlich festgeschrieben – wie die Vorschrift erfüllt werde, könne jeder Bauherr selbst entscheiden.

Immobilienwirtschaft zufrieden

Damit folgten die Fraktionen den Argumenten der Immobilienwirtschaft, die zeigte sich entsprechend höchst zufrieden. Man sei froh, dass der bereits hohe Wärmeschutz für Neubauten nicht noch weiter verschärft worden sei, kommentierte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW. Der einseitige Fokus auf die Dämmung verursache vor allem hohe Kosten, während im Verhältnis dazu bei der Energieeinsparung nicht die notwendige Wirkung erzielt werde.

Die Vorschriften zur Dämmung werteten denn auch die Politiker als Grund für steigende Baukosten. Zudem fehlten Fachkräfte und ein Problem sei auch der Materialmangel. All das trifft allerdings auch auf den Einbau von Haustechnik zu – die Kosten dafür sind im Vergleich sogar meist höher. Und was an Wärme nicht verloren geht bei optimaler Dämmung, muss auch erst gar nicht produziert werden. Was ins GEG noch hineingehört: Vorschriften für eine ökologische Dämmung.

Kopfschütteln der Fachexperten

Eine Reihe von Fachverbänden zeigte sich denn auch enttäuscht von den Gesetzesplänen. Es wäre nicht logisch, warum man nicht an beiden Stellschrauben gleichermaßen drehen wolle – bei der Gebäudetechnik als auch bei der Gebäudehülle. Nur so erreiche man die notwendige Energieeffizienz und gewollte Einsparung.

Für viele Energieplaner ist es absehbar, dass man die Häuser bald nachrüsten müsse, um 2045 die geforderte Klimaneutralität zu erreichen. Bei der Gebäudehülle ist das wirtschaftlich als auch ökologisch und nachhaltig gesehen nicht sinnvoll – und doppelt teuer.

Die fehlende Dämmung mit viel Solarstrom oder -thermie wegzuheizen, sei ebenso wenig wirtschaftlich sinnvoll und wird vor allem im Winter zum Problem, wenn viel geheizt werden muss, argumentieren Fachplaner. Wenn durch die Gebäudehülle viel Energie verloren geht, dann hilft auch eine gute Wärmepumpe nichts. Auch eine Solaranlage könne dies nicht komplett ausgleichen, weil sie im Winter, wenn der Heizbedarf besonders groß ist, nicht genügend Energie liefere.

Abschied von der Energieeffizienz?

Die Ampel-Regierung vergebe damit leichtfertig die Chance, Verbraucher selbst in neuen Gebäuden vor steigenden Energiekosten zu schützen, bemängelt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). „Das ist ein Sieg für die Wohnungswirtschaft, die seit Jahren massiv gegen verbesserte Anforderungen der Gebäude lobbyiert“, kommentierte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz.

Ökostrom besserstellen

Weitere Kritik von Energieplanern: Die dringend erforderliche Elektrifizierung des Wärmesektors werde durch das GEG auch ausgebremst. Denn trotz eines hohen Ökostromanteils im Netz werde Strom bei der Energiebilanz von Gebäuden weiterhin schlechter eingestuft als fossile Energien wie Erdgas und Erdöl. Diese Regel gilt auch, wenn die Wärmepumpe zu 100 Prozent mit klimaneutralem Ökostrom betrieben wird, außer bei Großwärmepumpen – doch die sind bislang rar.

Ökostrom sollte daher im Wärmesektor als vollständig klimaneutral bessergestellt werden, und höhere Dämmstandards eben dazu, fordern Planer. Sonst klappt das nicht mit der Wärmepumpenoffensive –Voraussetzung ist nun sowieso ein sehr flottes Tempo beim Ausbau Erneuerbarer Energien. Manche Akteure fordern zudem eine Abkehr von rein auf Effizienz ausgerichteten Gebäudestandards hin zu einer „ehrlichen CO₂-Bilanz“. na

 


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