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EnergieeffizienzPolitik versäumt Weckruf für Bestandsgebäude

Wohnsiedlung Plattenbauten
Wärmeenergie nicht weiter verschwenden – dafür müssen Bestandsgebäude saniert werden. (Foto: PxHere / CC0 1.0)

Die Wärmewende ist in der öffentlichen Diskussion angekommen, doch von der Politik noch nicht ausreichend flankiert. Die Novelle des GEG schließt nur eine Lücke für den Neubau, konkrete Maßnahmen für Bestandsgebäude lassen weiter auf sich warten.

14.06.2022 – Geht es um Klimaschutz in Gebäuden, geht der Überblick über aktuelle Politikmaßnahmen schnell verloren. Es beginnt mit der Ähnlichkeit zweier Abkürzungen: Da ist zum einen das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches die Anforderungen an energieeffiziente Gebäude regelt und zum anderen die Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG), die wiederum besonders anspruchsvolle Maßnahmen im Neubau oder der Sanierung finanziell unterstützt. Die BEG wurde 2021 aus der Taufe gehoben, in ihr verschmolzen die einschlägigen Förderungen der KfW und der Bafa. Anfang des Jahres 2022 wurde die BEG kurzzeitig ausgesetzt, mit der Ankündigung höherer Standards hatte es einen Ansturm auf die Fördermittel gegeben. Ab Januar 2023 soll ein neues umfassendes Programm mit dem Titel „Klimafreundliches Bauen“ die Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus der Gebäude noch stärker in den Fokus stellen.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) entstand 2020 und verband die Energieeinsparverordnung (EneV), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu einer Rechtsquelle. Es gilt für alle Gebäude, die beheizt oder klimatisiert werden. Seine Vorgaben beziehen sich vorwiegend auf die Heizungstechnik und den Wärmedämmstandard des Gebäudes. Neben der Raumheizung und -kühlung werden auch die Warmwassererzeugung, der Betrieb von Lüftungsanlagen sowie der Strom berücksichtigt, den diese Geräte im Betrieb benötigen. Auch dieses Gesetz befindet sich in Überarbeitung. Ende April wurde der Entwurf einer Novelle veröffentlicht, vor zwei Wochen gab es dazu eine Anhörung im Bundestagsausschuss für Energie und Klima.

GEG-Novelle als Übergangslösung

Die Novelle des GEG zielt vor allem auf einen Aspekt: Die zeitliche Lücke bis zum Inkrafttreten der neuen Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG) ordnungspolitisch zu schließen – die Novelle sieht vor, dass Neubauten generell den KfW-Standard 55 erfüllen müssen. So soll sichergestellt werden, dass hohe Energiestandards für Neubauten eingehalten werden und später – mit der Novelle der BEG – noch höhere Standards von den Bauherren angestrebt werden.

Nachrüstpflichten formulieren

Dass die GEG-Novelle so mager ausfällt, kritisiert Irmela Colaço vom BUND. Es seien Fördergelder in Milliardenhöhe in den letzten Jahren in die Neubauförderung geflossen, für Gebäudestandards, die längst hätten angehoben werden müssen. Es wäre volkswirtschaftlich sinnvoller gewesen, wenn diese Gelder für die Sanierung des Gebäudebestandes eingesetzt worden wären. Die jetzt anstehende GEG-Novelle schließt diese Lücke nicht. Beispielsweise hätten Nachrüstpflichten für Bestandsgebäude formuliert werden können. Eine verpasste Chance, denn der Gebäudebestand sei die große Herausforderung, wenn der Gebäudesektor seine Emissionsziele erreichen will.

„Auch den von Wirtschaftsminister Habeck aufgestellten Arbeitsplan Energieeffizienz sehen wir sehr kritisch“, ergänzt Colaço. „Für uns ist darin keine Zeitenwende erkennbar. Die Bundesregierung setzt vor allem auf Förderprogramme und eine Kampagne zum Energiesparen. Aber das reicht unseres Erachtens nicht. Es kann nicht sein, dass jetzt mit der Novelle des GEG nur der Neubau reguliert wird und der Gebäudebestand überhaupt keine Rolle spielt.“ Die Ankündigung, dass zukünftig 65 Prozent der Heizwärme aus Erneuerbaren Quellen stammen sollen, findet sich derzeit ebenfalls noch nicht im Gesetzgebungsverfahren, wobei diese Maßnahme ja auch primär wenig mit Energiesparen zu tun habe, wie Colaço erklärt.

Alte Ein- und Zweifamilienhäuser oft besonders ineffizient

Colaço weist auf die enormen Potenziale zum Energiesparen in Ein- und Zweifamilienhäusern hin. Fast die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland (46,5 Prozent) befindet sich laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in dieser Gebäudeklasse. Doch gerade in diesen Häusern ist der Anteil von Gebäuden der schlechtesten Effizienzklasse mit 24 Prozent besonders hoch.  Bei den Nachrüstpflichten, zum Beispiel zum Dämmen der oberen Geschossdecke, gelten für diese Häuser Ausnahmen. Ausnahmen, die es nach Auffassung von Umweltverbänden nicht mehr geben sollte. Zwar sei jetzt mit den gestiegenen Energiepreisen davon auszugehen, dass viele Eigentümer von allein tätig werden, doch dürfe die Politik nicht allein auf diese Dynamik hoffen, sondern müsse Impulse setzen.

Modernisierungsförderung modernisieren

Ein weiterer wichtiger Hebel, den der Bund in Bewegung setzen könnte, aber seit Jahren nicht anfasst: die gesetzlichen Vorgaben sowie die Förderung zur Modernisierung von vermieteten Wohnungen. Nur sehr wenige Eigentümer:innen investieren in die energetische Modernisierung. Und wenn sie es tun, nehmen sie selten Fördermittel in Anspruch, was an der Systematik und Kompliziertheit liegt. „Das führt aber dazu, dass für Mieter und Mieterinnen die Modernisierungsumlagen unnötig hoch sind und sie unnötig belastet werden. Weil zudem Instandhaltung und energetische Modernisierung oft nicht gut aufgeschlüsselt werden, ist die Warmmiete nach einer energetischen Modernisierung häufig höher als vorher. Bisher wurde nichts unternommen, um dieses Problem zu lösen“, kritisiert Colaço. Bereits vor Jahren habe der BUND gemeinsam mit anderen Partnern das Drittelmodell vorgeschlagen – Kosten für energetische Sanierungen sollten nicht nur von Mietern und Vermietern getragen werden, sondern auch aus öffentlichen Kassen kommen und damit die Belastung für die Mietenden verringern und Anreize zur Sanierung geben. Colaço bedauert, dass die Bundesregierung jetzt alternative Modelle prüft und damit wertvolle Zeit ins Land streichen lässt.

„Die Zeit der Anreize sollte vorbei sein, jetzt müssen Vorgaben kommen“, fordert Colaço. Dass jetzt ein ganzes Jahr verschenkt wird, um im Gebäudebestand einen Systemwechsel einzuläuten, kritisiert sie scharf. Die ordnungspolitischen Maßnahmen, die sie für geeignet hält: Mindesteffizienzstandards, die für bestimmte Zeitpunkte in der Zukunft festlegen, wieviel Gebäude auf einem bestimmten Niveau modernisiert sein müssen – angefangen bei den Gebäuden der schlechtesten Effizienzklassen. Auf europäischer Ebene ist solch ein Vorschlag im Gespräch – doch einfach auf die Vorgabe aus Brüssel zu warten, hieße wiederum Zeit verschenken.

Erneuerbare Wärmenetze bisher ganz ohne Rahmen

Nicht zuletzt bleibt der Bund ein seit Jahren angekündigtes Programm zur Förderung effizienter Wärmenetze schuldig. Damit wird nun der Reigen der Abkürzungen noch einmal erweitert: Die BEW, Bundesförderung effiziente Wärmenetze, ist seit langem geplant. Sie soll die Umstellung der bislang überwiegend fossilen Fernwärme auf klimaneutrale Wärme unterstützen. Besonders für Kommunen und kommunale Stadtwerke ist die Weichenstellung überfällig. Ohne langfristige Klarheit sind die für Wärmenetze notwendigen Investitionen nicht zu stemmen.

Unterm Strich hat die Ampelkoalition bisher bei der Wärmewende nur ein heißes Eisen aufgegriffen, indem sie die Aufteilung der CO2-Kosten für fossile Wärme zwischen Vermietern und Mietern geregelt hat. Ein wichtiger Schritt, aber weitere müssen schnell folgen. pf


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