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KlimakriseBestandsaufnahme für die nächste Klimakonferenz

United Nations Climate Change Conference
Kathrin Henneberger, MdB, mit Vertreterinnen von genderCC, Norovsuren Enkhbaatar (links) und Farina Hoffmann (rechts) auf der SB58 in Bonn. (Bild: Kathrin Henneberger)

Bis heute tagt die Klimakonferenz SB58 in Bonn, wo sich die Nebenorgane des UNFCCC treffen. Viele grundlegende Diskussion und Rahmenverhandlungen passieren hier, im Vorfeld der COP28, die im Dezember dieses Jahres in Dubai stattfindet.

15.06.2023 – Die Zwischensitzung der Klimakonferenz in Bonn zielt darauf ab, die COP vorzubereiten. Der Fokus der SB58 lag auf dem Stand der globalen Emissionen und Klimamaßnahmen sowie auf der Frage, wie eine nachhaltige und gerechte Transformation von Gesellschaften umgesetzt werden kann.

Auf der SB58 wird Bestandsaufnahme gemacht. Es wird überprüft, wie sich die globalen Emissionen entwickelt haben und ob etwas angepasst werden muss. Auf der Agenda stand zudem die Frage, wie die Folgen des Klimawandels eingedämmt werden können und wie mit Extremfolgen umgegangen wird.

In diesem Zusammenhang ging es vor allem auch darum, wie ein gerechter Übergang finanziert und gestaltet werden kann. Bisher treten viele der deutlichsten Klimawandelfolgen im Globalen Süden auf, der am wenigsten zur Erderwärmung beigetragen hat. Auch deshalb ist es besonders wichtig, Finanzierungsmodelle zu schaffen, die Zerstörung und Verluste kompensieren. Hier soll mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht geschaffen werden. Kathrin Henneberger, MdB, ist für die SB58 nach Bonn gereist. Einer Ihrer Slogans lautet „Klimagerechtigkeit für alle!“.

Wurden Akteure aus dem Globalen Süden ausreichend gehört und einbezogen?

Um den globalen Ausstieg aus Fossilen Energien wird dieses Jahr auf der UN-Klimakonferenz ein erbitterter Streit geführt werden. Leider steigt der Einfluss der fossilen Lobby, während der Raum für Zivilgesellschaften enger wird. Deshalb setzte ich mich neben politischen Zielen wie einer klimagerechten Ausgestaltung des Loss and Damage Funds und einem Ende des fossilen Zeitalters auch dafür ein, dass Menschen aus den am stärksten betroffenen Regionen, aus indigenen Gemeinden sowie aus der Zivilgesellschaft ohne die Furcht vor Repressionen auf der Konferenz aktiv sein können.

Auf den UN-Klimakonferenzen spiegeln sich natürlich auch die geopolitischen Machtverhältnisse wider. Obwohl jedes Land das gleiche Stimmrecht hat, werden die Bedürfnisse der am stärksten betroffenen Regionen am wenigsten gehört. Auch sind Vertreter*innen junger Menschen und der Zivilgesellschaft aus Regionen des globalen Südens weniger vertreten, sei es aus Problemen mit dem Visum oder weil die finanziellen Mittel fehlen. Deshalb habe ich mich im Vorfeld der SB58 in Bonn beispielsweise dafür eingesetzt, dass Vertreter*innen der Zivilgesellschaft ihr Visum erhalten.

Gab es Fortschritte bei der Frage, wie in Zukunft Maßnahmen gegen die Klimakrise finanziert werden können?

Deutschland hat 6 Milliarden an Klimafinanzen zugesagt, erreicht diese Summer aber immer noch nicht. In den Haushaltsverhandlungen konnten wir im Parlament bisher immer Gelder für Klima- und Biodiversität aufstocken – was aber fehlt ist deutlich mehr Budget insgesamt und hier muss das Finanzministerium liefern: Wir müssen endlich unseren Beitrag leisten, Gelder deutlich im Milliarden Betrag aufstocken und uns bereit machen für den Loss and Damage Fund Gelder bereit zu stellen. Wenn wir jetzt nicht in Klimaschutz und -resilienz investieren, werden wir weder den Notwendigen Systemwandel schaffen noch Schutz aufbauen für die bereits auftretenden Auswirkungen der Klimakrise.

Letzte Woche erst durfte ich die Staatssekretärin Bärbel Kofler auf ihrer Dienstreise nach Togo begleiten. Dort unterstützen deutsche Gelder der Entwicklungszusammenarbeit unter anderen Projekte für die Erstellung und Ausführung von Strategien der Klimaresilienz im Gesundheitssystem. Die Klimakrise fördert die Ausbreitung von Krankheiten. Verstärkte Hitzewellen und längere Dürren verschärfen bereits die Lebensbedingungen besonders im Norden des Landes, nahe der Sahelzone.

Deutschland steht als historischer Verursacher der Klimakrise hier in einer Verantwortung wenigstens die Finanzen bereit zu stellen, damit Menschen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, sich besser schützen können. In Bonn auf der UN-Klima(zwischen)Konferenz am Montag habe ich deshalb eine größere Gesprächsrunde moderiert zwischen Akteur*innen der Zivilgesellschaft und der deutschen Verhandlungsdelegation. Solche Austauschräume zu schaffen, sehe ich auch als meine Aufgabe als Abgeordnete auf den UN-Klimakonferenzen. Weiter geht’s diese Woche im Unterschuss Klima & Energie International mit einer öffentlichen Anhörung zum Thema Loss and Damage.

Die SB58 zieht Zwischenbilanz. Wie haben sich die Anstrengungen zur Minderung der Treibhausgasemissionen seit der letzten COP entwickelt? Gab es große Erfolge oder Misserfolge?

Während der SB58 hat ein Forscherteam in der Zeitschrift Earth System Science Dataeine Studie veröffentlicht, die noch einmal die Dringlichkeit schnellen Handels deutlich macht. Demnach nimmt die Erderwärmung aktuell mit einer Geschwindigkeit von 0,2 Grad pro Jahrzehnt zu. Während die Erderwärmung von 2013 bis 2022 sich um 1,14 Grad erwärmt hat, wird allein für 2022 von einem Plus von 1,26 Grad ausgegangen. Das verbleibende Kohlenstoffbudget um mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50% 1,5 Grad noch einzuhalten betrug 2020 noch 500 Gigatonnen CO2, Anfang 2023 sind es nur noch die Hälfte: 250 Gigatonnen Kohlendioxid.

Bei Ursachen müssen wir uns gar nicht weit umschauen. Auch wenn Klimaziele global gesehen immer häufiger gesetzt werden, steigen auch hier zu Lande in einzelnen Bereichen immer noch die Emissionen, werden Sektorziele verfehlt. Bei uns dank fehlendem Engagement im Verkehr- und Bausektor.

Ein weiteres Forschungsteam hat erst letzte Woche berichtet, dass es den ersten Meereis-freien September schon innerhalb der nächsten 10-15 Jahre geben könnte. Durch die Eisschmelze werden kommt die Erreichung gefährlicher Kipppunkte immer näher.

Welche Veranstaltung oder Begegnung auf dem SB58 stand für Sie heraus?

Die Klimakonferenzen sind für mich, bei all der Trägheit und der unfassbaren Macht und Präsenz der fossilen Lobby zeitgleich auch ein Ort der Vernetzung globaler Akteur*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung. Treffen mit mutigen Frauen, Vertreter*innen von Indigenen Gemeinden, jungen Menschen, denen nach wie vor ihr gerechtfertigter Platz am Tisch genommen wird, sind für mich immer wieder ein Grund Klimakonferenzen zu besuchen und danach gestärkt weiterzuarbeiten.

Ein besonderes Ereignis, unter vielen, war so zum Beispiel das Treffen von Women Engage for a Common Future (wecf). Die Klimakrise ist nach wie vor eine Krise die Frauen* und Kinder überproportional hart trifft - sie haben ein 14-mal höheres Risiko, an den Folgen der Klimakrise zu sterben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns vernetzen und gemeinsam laut sind. Und das sind wir. Julia Broich


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