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ThailandWo Nachtzug fahren das normalste der Welt ist

Ein Kind an einem Bahnsteig, vor einem Zug
Ausgeschlafen am Morgen in Bangkoks topmodernem Bahnhof (Bild: Manuel Grisard)

In Deutschland erst im (Wieder-)Aufbau, fahren in Thailand seit vielen Jahrzehnten ununterbrochen Nachtzüge durch das Land. Über eine erstaunlich erholsame Reise von Chumphon nach Bangkok.

29.09.2023 – Umgerechnet rund 75 Euro zahlen wir für zwei Erwachsene, erste Klasse, im Zug von Chumphon nach Bangkok. Wir reisen mit zwei Kindern (0 und 4 Jahre alt) und ordentlich Gepäck durch Thailand. Deswegen haben wir uns für die erste Klasse entschieden. Dort bekommt man ein eigenes Abteil mit zwei Betten, die jeweils Platz für ein Kind und einen Erwachsenen bieten, sowie gerade genug Staumöglichkeiten (auf dem Boden) für einen großen Backbag, Koffer und Kinderwagen. Die Kinder reisen, in einem der kinderfreundlichsten Länder der Welt, selbstverständlich umsonst mit.

So kommen wir zwar langsamer, aber in jedem Fall günstiger nach Bangkok als mit dem Flieger. Eine Stunde dauert der Flug von Chumphon, in der Südregion Thailands, in die thailändische Hauptstadt. Knapp über 10 Stunden tuckert der Zug die 486 Kilometer am Golf von Thailand entlang. Doch nicht allein des Geldes wegen haben wir uns für den deutlich längeren Weg entschieden. Wenn wir schon unseren zweimonatigen Aufenthalt in Thailand mit zwei klimaschädlichen Langstreckenflügen belasten, so wollen wir wenigstens vor Ort umweltbewusst reisen.

Seit 1916 verbindet die sogenannte Südbahn Städte von der malaysischen Grenze bis nach Bangkok. Seit 1922 gibt es auf dieser Trasse auch Schlafwägen. Die Hauptstadt ist Dreh- und Angelpunkt von Zugreisen in viele größere Städte im Norden, Osten und Süden des Landes. Seit Anfang des Jahres ist der neue Hauptbahnhof in Bangkok vollständig in Betrieb. Der alte war für den ständigen wachsenden Eisenbahnbetrieb zu klein geworden. Der neue ist mit 26 Gleisen für den Nah- und Fernverkehr der größte in Südostasien. Auch wir werden mit dem Zug morgens in dem Bahnhof einfahren, der einen weitaus modernen Eindruck macht, wie so viele Bahnhöfe in Deutschland.

Ganz anders der Bahnhof von Chumphon, der mehr einem Regionalbahnhof gleicht und zugleich täglich von etlichen Touristen frequentiert wird. Die Stadt liegt etwa auf der Mitte des Weges von der malaysischen Grenze und ist meist Ausgangspunkt für Reisen mit dem Boot von und nach Ko Tao, sowie Ko Panghan und Ko Samui, den beliebten Urlaubsinseln. Auch wir kommen nach zwei Wochen Ko Tao nachmittags mit dem Boot am Fährhafen in Chumphon an, von dort geht es weiter mit einem Bus in die Stadt. Am Bahnhof können wir unsere Koffer in einer nahegelegenen Bar abgeben, um auf dem Markt der Stadt Abend zu essen. Abfahrt des Zuges ist erst um kurz vor elf. Im Normalfall fahren täglich zwei bis drei Nachtzüge nach Bangkok, zudem viele weitere ohne Betten.

Als der Zug schließlich einfährt, müssen wir mit Kindern und Gepäck weiter nach vorne, wo sich die erste Klasse befindet. Der Zug mit seinen insgesamt drei Klassen und etlichen Waggons, nimmt den gesamten Bahnsteig ein, der weit über das Bahnhofsgebäude hinausreicht. In der dritten und günstigsten Klasse sitzt man die gesamte Zugfahrt. Vergleichbar mit einer nächtlichen IC oder ICE-Fahrt in Deutschland. In der zweiten Klasse gibt es in einer langen zweistöckigen Reihe schmale Betten, die sich mit einem Vorhang zu ziehen lassen. Wir können in der ersten Klasse eine Tür hinter uns zu machen und am eigenen Waschbecken die Zähne putzen.

Während der Zug losfährt, machen wir uns Bettfertig. Kissen und Bettdecke liegen schon bereit. Und einmal drin liegend, transportieren uns die gleichmäßigen Fahrgeräusche des Zuges schnell in den Schlaf. Ab und zu rumpelt die Bahn übers Gleisbett, als unangenehm empfinden wir das nicht. Lediglich die Klimaanlage ist etwas zu stark eingestellt und wir müssen uns dicker einpacken als sonst. Erholt wachen wir am nächsten Morgen auf und sehen dem Sonnenaufgang zu, der die am Zugfenster vorbeiziehenden Landschaften und Orte zum Leben erweckt.

Händler mit Frühstück laufen an unserer Tür vorbei. Wir probieren so einiges, aber bis auf den Kaffee, greifen wir nicht zu den richtigen Sachen. Gegen halb neun Uhr morgens fahren wir schließlich in den Krung Thep Aphiwat Central Terminal, den neuen Hauptbahnhof Bangkoks ein. Im Gegensatz zum Flug gespart haben wir dabei nicht nur CO2 und Reisekosten, sondern auch eine Nacht im Hotel. Der Stress beim „Check In“ bleibt uns ebenfalls erspart und wir sind um eine unvergessliche Nachtzug-Erfahrung reicher. Manuel Grisard


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Kommentare

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Lutz Ritter 30.09.2023, 03:54:36

Danke ein schöner Reisebericht der aufzeigt wie viele gute Bahnverbindungen es in Thailand gibt. Man sollte nicht immer nur Fliegen im Sinn haben. Zumal es zeitlich insgesamt nicht schneller ist als mit der gemütlichen Bahn zu fahren. Erst nach Bangkok anreisen, einschecken weit vor Abflug und dann am Zielort mit dem Taxi oder Bus in die Stadt. Die Bahnhöfe liegen meist in der Stadt. Guter, überzeugender Artikel


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