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Welzow-SüdEs droht ein riesiger Tagebaurestsee

Ein Tagebau mit Braunkohlebagger, sowie kleinem See und Ortschaft davor
Der Tagebau Welzow-Süd hat schon einige Ortschaften geschluckt. (Bild: ideengrün | Markus Pichlmaier)

Seit letzter Woche haben Anwohner:innen Gewissheit. Das Land Brandenburg und der Kohlekonzern Leag treiben gemeinsam Planungen für einen riesigen Tagebaurestsee in Welzow voran. In Zeiten der Klimakrise ein heikles Unterfangen.

02.03.2023 – Ob die Leag ausreichende Finanzmittel für die Wiedernutzbarmachung des Tagebaus Welzow-Süd sicherstellt, daran hegen Umweltverbände und Jurist:innen Zweifel. Dass der Energiekonzern möglichst kostengünstige Rekultivierungsmaßnahmen durchführen will, zeigte sich letzte Woche wieder einmal deutlich. Als Betreiber der Braunkohletagebaue in der Lausitz, ist die Leag verpflichtet, Tagebaue nach deren Schließung wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

Derzeit flutet sie etwa den ehemaligen Tagebau Cottbus-Nord. Das Gebiet soll einmal zur sogenannten Cottbuser Ostsee werden – dem größten künstlich angelegten See Deutschlands. Im Tagebau Welzow-Süd soll, geltenden Betriebsplänen folgend, noch bis 2035 Braunkohle abgebaut werden. Dann folgen Rekultivierungsmaßnahmen und die sehen möglicherweise einen See vor, der noch größer werden soll als der Cottbuser Ostsee. Auf Anfrage der energiezukunft, erklärte die Leag, dass der Tagebaufolgesee Welzow-Süd eigenen Planungen zufolge 1960 Hektar groß werden soll. Die Cottbuser Ostsee soll demgegenüber etwa 1900 Hektar groß werden. Dazu kommt, dass der Tagefolgesee in Welzow deutlich tiefer wird, mit einer Durchschnittstiefe von 30 Metern – die Cottbuser Ostsee wird nur eine durchschnittliche Tiefe von 2,5 bis 3 Metern haben.

Und die Landesplanungsbehörde Brandenburg scheint mit genau diesen Plänen zu arbeiten. Entsprechende Überlegungen wurden bereits im Dezember vergangenen Jahres öffentlich. Bei einer Informationsveranstaltung im Ort Welzow vergangenen Donnerstag stellte die Behörde die Pläne den Anwohner:innen des Tagebaus vor. Auf Nachfrage von Anwohner:innen, warum die Behörde nicht mit einem kleineren See plane, erklärte diese, man habe die die Pläne des „Vorhabensträgers“ – also der Leag – in ihren Entwurf übernommen. So beschreibt es die Bürgervereinigung Allianz für Welzow in einer Pressemitteilung.

Dürre und Hitze bereiten Probleme

Die Flutung großer ehemaliger Tagebauflächen stellt für die Leag eine besonders günstige Rekultivierungsmaßnahme dar, gegenüber der Wiedernutzbarmachung für die Landwirtschaft oder das Pflanzen von Bäumen. Doch am Beispiel des ehemaligen Tagebaus Cottbus Nord zeigt sich bereits, dass eine Flutung in Zeiten zunehmender Dürre und Hitze zum Problem wird. Wegen Wassermangels in der Lausitz war dessen Flutung neun Monate unterbrochen. Erst Anfang Februar wurde wieder Wasser eingelassen. Allein im Sommer verlor der See fünf Millionen Kubikmeter Wasser durch Verdunstung und Versickerung. Hinzu kommen gefährliche und schwierig zu kontrollierbare Rutschungen.

Probleme, die bei einer großflächigen Flutung von Welzow-Süd ebenfalls entstehen können. Expert:innen und Anwohner:innen fordern daher kleinere Seen, mit weniger Verdunstungsmöglichkeiten und weniger Wasserverbrauch aus umliegenden Flüssen. Der Welzower Stadtverordnete Günther Jurischka sagte auf der Infoveranstaltung vergangenen Donnerstag: „Wir brauchen endlich unabhängige Gutachter.“ Laut Recherchen des Umweltnetzwerks Grüne Liga war für die sogenannte Umweltprüfung des Tagebaus und damit auch für dessen Folgeplanung nach Beendigung des Kohleabbaus eine Firma zuständig, die enge wirtschaftliche Beziehungen zur Leag pflegt.

Demnach ist die Firma Gerstgraser regelmäßiger Auftragnehmer der Leag. Deren Chef Dr. Gerstgraser ist zudem Mitglied im Wasser-Cluster-Lausitz, deren Vorstände lange Jahre leitende Mitarbeiter im Bergbaubereich der Leag waren. „Es ist grotesk, mit dieser Prüfung einen mit der LEAG verbandelten Gutachter zu beauftragen. Das Vergabeverfahren ist zu wiederholen, um Schaden von der Allgemeinheit abzuwenden“, sagte René Schuster von der Grünen Liga, nach Bekanntgabe der Recherchen im Dezember vergangenen Jahres.

Interessen der Bürger:innen berücksichtigen

Die Fraktionsvorsitzende von CDU und Grüne Zukunft Welzow im Welzower Stadtparlament Hannelore Wodtke warnte vergangene Woche davor, kritische Einwände der Bürger:innen nicht ernst zu nehmen und verwies auf Fehler in der Vergangenheit „Offenbar sollen wir erst zu Wort kommen, wenn bereits alle Messen gesungen sind. Das werden wir nicht hinnehmen. Wir alle wissen noch aus dem letzten Planverfahren, dass die Interessen der Bürger dann mit einem Verweis auf Gutachten weggewischt werden“. Im damaligen Braunkohlenplanverfahren Welzow Süd aus dem Jahr 2014 – in dem die Abbaggerung von Proschim festgeschrieben wurde – habe es über 130.000 kritische Einwände. „Nichts davonwurde damals berücksichtigt. Hätte man seinerzeit auf uns gehört, müsste man heute nicht einen neuen Plan erstellen“, so Wodtke.

Man werde sich nun als Fraktion der Stadt Welzow an die Landesplanungsbehörde wenden. „Wir werden die Forderung nach der Unabhängigkeit der Gutachter noch einmal bekräftigen“. Zudem werde die Fraktion der Planungsbehörde den Vorschlag unterbreiten, bei der Ausschreibung für Gutachter den Parameter einzufügen, dass keine wirtschaftlichen Verbindungen zum Bergbaubetreiber bestehen dürfen. „Das wäre ein erster wichtiger Schritt für ein wenig mehr Unabhängigkeit“, sagte Wodtke. Auf telefonische Nachfrage äußerte sie zudem die Hoffnung, dass die Landesplanungsbehörde die Einwände nun nicht mehr ignorieren könne, da die mediale Berichterstattung einiges an „Wirbel“ erzeugt habe. Manuel Grisard


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Kommentare

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Andres 02.03.2023, 21:18:40

Es wäre deutlich besser ein - begehbares - Moor anzulegen. So würde zumindest ein Teil des entnommenen CO2 mittel- bis langfristig wieder gebunden. Und verdunsten täte das von Pflanzen beschattete Wasser deutlich langsamer als als Seefläche.


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