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Tagebau Welzow-SüdEin problematisches Gerichtsurteil

riesige Schaufelradbagger in einer großen braunen Grube
Die spätere Rekultivierung des Tagebaus Welzow-Süd steht weiter auf wackeligen Füßen. (Foto: Onkel Holz / Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Verwaltungsgericht Cottbus und Landesbergamt Brandenburg vertrauen Angaben des Bergbaubetreibers LEAG, dass dieser ausreichend Sicherheiten zur Rekultivierung des Tagebaus Welzow-Süd bereitstellt. Für Umweltorganisationen ein zweifelhaftes Urteil.

29.06.2022 – Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Brandenburg und die Umweltrechtsorganisation ClientEarth beklagten den aktuell geltenden Hauptbetriebsplan des Tagebaus Welzow-Süd. Sie befürchten, dass die LEAG keine ausreichenden Finanzmittel für die Wiedernutzbarmachung des Tagebaus sicherstellt. Die LEAG ist gesetzlich verpflichtet, Tagebaue nach deren Schließung, mit verschiedenen Rekultivierungsmaßnahmen, wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Doch am heutigen Mittwoch entschied das zuständige Verwaltungsgericht Cottbus, dass der geltende Hauptbetriebsplan und die darin dargelegten Sicherheiten zur Rekultivierung rechtens seien.

Nach Angaben des BUND Brandenburg und ClientEarth folgte das Gericht dabei den Ausführungen der zuständigen Behörde, des Landesbergamts Brandenburg. Axel Kruschat Geschäftsführer des BUND Brandenburg sagte nach dem Urteil: „Während der Verhandlung wurde deutlich, dass die Beseitigung der verursachten Umweltschäden im Tagebau Welzow-Süd durch den Betreiber keinesfalls sichergestellt ist. Das Bergamt musste eingestehen, dass es die ökonomischen Annahmen, die dem Finanzierungskonzept der LEAG zugrunde lagen, nie gutachterlich hatte prüfen lassen, sondern diesen blind vertraute. Dennoch folgte das Gericht der Argumentation der Behörde, die eine Abwälzung der Kosten auf die öffentliche Hand etwa im Falle einer Insolvenz offenbar für akzeptabel hält.“

Laut Francesca Mascha Klein, Umweltjuristin im Berliner Büro von ClientEarth, sei in den Verhandlungen klar geworden, dass die LEAG den Tagebau nicht mehr wirtschaftlich betreiben könne, falls sie heute aus eigener Kraft die Nachsorgekosten umfassend absichern müsste. Stattdessen setze der Bergbaubetreiber auf staatliche Zahlungen. „Eine weitere Form der finanziellen Begünstigung der klima- und umweltschädlichen Energiegewinnung aus Braunkohle können wir uns aber nicht leisten. Müssten die Betreiber für die wahren Kosten aufkommen, würden wir vielleicht gar nicht über ein Ende der Kohle im Jahr 2030 sprechen, weil sie sich aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen vorher erledigen würde“, so Mascha Klein.

Unzureichende Vorsorge?

Damit die LEAG in Zukunft Rekultivierungsmaßnahmen leisten kann, hat sie mit den Ländern Brandenburg und Sachsen Vorsorge auf zwei Ebenen geschaffen. Zum einen gibt es Rückstellungen aus dem Kohlegeschäft, zum anderen Vorsorgegesellschaften, in die Sondervermögen gezahlt werden, die sich etwa aus neuen Geschäftsaktivitäten der LEAG ergeben, wie auch Zahlungen des Bundes von 1,75 Milliarden Euro nach dem Kohleausstiegsgesetz.

Neben Unternehmen in der Region, investiert die LEAG inzwischen vermehrt ins Erneuerbare Energien Geschäft. Das Sondervermögen soll die Wiedernutzbarmachungspflichten für die Tagebaue finanziell absichern. Zudem würden Wirtschaftsprüfer:innen die Rückstellungen regelmäßig Prüfen und bei einer Insolvenz hätten die Länder Brandenburg und Sachsen Zugriff auf das Sondervermögen, wie die LEAG Mitte Mai auf Anfrage der energiezukunftmitteilte.

Laut Bund Brandenburg und ClientEarth habe die LEAG in den Verhandlungen dargelegt, dass sie es für ausreichend hält, zur Deckung der Nachsorgekosten für den Tagebau Welzow-Süd etwa 215 Millionen Euro bereitzustellen. Insgesamt sind für den Tagebau Welzow-Süd zwischen dem Land Brandenburg und der LEAG vereinbart, Vermögen von 770 Millionen Euro zu bilden. Die Differenz soll aus den insgesamt 1,75 Milliarden Euro nach dem Kohleausstiegsgesetz kommen, die jedoch wegen des EU-Beihilferechts auf der Kippe stehen.

Verweis auf teure DDR-Tagebaue

Dazu verweist der BUND auf die bisherige Nachsorge auf alte DDR-Tagebaue, für die, laut Nachhaltigkeitsbericht 2021 der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV), bislang 13 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden mussten und ein Ende der Nachsorge nicht abzusehen sei. Analog könne man die zu erwartenden Kosten für die Rekultivierung der LEAG-Tagebaue ansetzen.

Den Plänen nach soll ein Großteil des Tagebaus zur Rekultivierung geflutet werden. Die großflächige Flutung gilt dabei als billigste Lösung, da die LEAG dann weniger Landflächen an den Ufern mittels Verdichtung absichern muss. Bei kleineren Seen müssten größere Landmassen bewegt werden, was zusätzlich Geld kostet. Doch in der zunehmend von Dürre bedrohten Lausitz steht immer weniger Wasser zur Verfügung. Es ist fraglich, ob genug Wasser für eine großflächige Flutung vorhanden ist.

Die Flutung des ehemaligen Tagebaus Cottbus-Nord etwa, der zur sogenannten Cottbuser Ostsee werden soll, stockt wiederholt, weil zu wenig Wasser zur Verfügung steht. Die Grüne Liga kritisiert, dass eine Entnahme von Flutungswasser aus den Flüssen für den Tagebaubetreiber kostenlos ist, aber spätere Kosten aufgrund von Wassermangel für die Allgemeinheit nicht eingepreist sind. Zudem warnen Expert:innen vor höheren Verdunstungsverlusten großflächiger Seen.

Bereits jetzt hat die Umgebung des Tagebaus mit umweltschädlichen Einflüssen des Kohleabbaus zu kämpfen, für deren Beseitigung die LEAG eigentlich Sorge zu tragen hat. Die Trinkwasserversorgung der Region ist laut BUND Brandenburg gefährdet durch Sulfateinträge des Tagebaus in Flüsse und Seen. Für den Kohleabbau muss Grundwasser abgesenkt werden, damit der Tagebau nicht vollläuft. Dadurch verwittern Minerale aus Eisen und Schwefel ebenso, wie durch Umgrabungen im Tagebau. Durch die Reaktion der Mineralien mit der Luft entsteht Sulfat, dass neben Eisen in die Umgebung entweicht. Das Verwaltungsgericht Cottbus erkannte immerhin an, dass die Sulfatbelastung des Trinkwassers bei künftigen Hauptbetriebsplänen und wasserrechtlichen Erlaubnissen berücksichtigt werden muss.

Zudem sorgt die Grundwasserabsenkung dafür, dass der Region Wasser entzogen wird. Zwar besteht zum Süden, Richtung Lausitzer Seenlandschaft, eine Dichtwand, die die Wasserentnahme reduziert, doch die müsste nach Ansicht von Expert:innen erweitert werden. Richtung Osten, zur Spree, hingegen existiert keine Dichtwand. Durch die Grundwasserabsenkung verliert die Spree Wasser. Eingeleitetes Grundwasser aus dem Tagebau wiederum kann diesen Verlust nicht auffangen.

Immerhin, von einer ursprünglich geplanten Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd nahm der Bergbaubetreiber LEAG mit dem Anfang 2021 vorgelegten Revierkonzept Abstand. Für das Umweltnetzwerk Grüne Liga zu diesem Zeitpunkt keine Überraschung, eine Erweiterung sei ohnehin nicht eingeplant gewesen ließ die Grüne Liga verlauten. Doch im bestehenden Tagebau soll, dem aktuellen Betriebsplan folgend, noch bis 2035 Braunkohle abgebaggert werden. Den Plänen der Bundesregierung, die Kohleverstromung „idealerweise“ bis 2030 zu beenden, läuft das zuwider. Ein neuer Betriebsplan scheint ohnehin nötig.

Angesichts des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus, schließen BUND Brandenburg und ClientEarth weitere rechtliche Schritte und eine Klage vor der nächsthöheren Instanz nicht aus. der Man wolle der Abwälzung der Kosten für die Umweltschäden auf die Allgemeinheit klar einen Riegel vorschieben. Manuel Först


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