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KlimaneutralitätWas das EU-Klimaziel 2040 bedeutet

Autobahn, Rücklichter, Heizkraftwerk
Für das EU-Klimaziel 2040 liegt ein Vorschlag auf dem Tisch. (Foto: Andreas Levers auf Flickr / CC BY 2.0 DEED)

Die EU-Kommission empfiehlt ein Klimaschutz-Etappenziel für 2040: 90 Prozent weniger Emissionen im Vergleich zu 1990. Der Weg dorthin beinhaltet kein definiertes Aus für Gas und Öl sowie unerprobte Technologien, wie etwa das Einspeichern von CO2.

08.02.2024 – Die Europäische Union hat sich zur Klimaneutralität im Jahr 2050 verpflichtet. Für 2030 wurde bereits eine Senkung der Emissionen von 55 Prozent gegenüber 1990 angestrebt. Dafür wurde mit dem Green Deal und dem Fit-for-55-Programm in den letzten Jahren der politische Rahmen geschaffen, den die Mitgliedsstaaten umsetzen müssen.

Um auf dem Pfad des Pariser Klimaabkommens zu bleiben, hatte der europäische wissenschaftliche Beirat für 2040 eine Zielmarke von 90 – 95 Prozent weniger Emissionen empfohlen. Mit ihrem Vorschlag von 90 Prozent weniger Emissionen im Vergleich zu 1990 bleibt die EU-Kommission nun am unteren Rand der Empfehlung. Dennoch ist das Ziel ambitioniert, denn es erlegt der Dekade von 2030 bis 2040 eine Reduktion von drei Vierteln der insgesamt zu reduzierenden Emissionen zwischen 2030 und 2050 auf.

In ihrer Mitteilung stellt die Europäische Kommission klar, dass das Ziel nur erreicht werden kann, wenn einige Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu gehört zunächst die vollständige Umsetzung der Rechtsvorschriften rund um die 2030-er Zielmarke. Die Mitgliedsstaaten müssen nicht nur ihre nationalen Klimaschutzpläne aktualisieren, sondern vor allem ihre selbst erarbeiteten Pläne einhalten.

Starker Fokus auf Kohlenstoffspeicherung

Jetzt stehe mit der Dekarbonisierung der Industrie ein großer Schritt an. Sie könne und müsse auf Erneuerbare Energien setzen, aber nach dem Willen der Kommission auch auf Atomkraft sowie CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung. Die Technologien zum Einfangen und Speichern von Klimagasen sollen sich auf Sektoren konzentrieren, in denen es besonders schwierig oder kostspielig ist, die Emissionen zu reduzieren, wie beispielsweise in der Zementindustrie oder bei der Energiegewinnung aus Abfall.

Ein völlig neuer Markt soll entstehen: ein Binnenmarkt für Kohlendioxid, um Investitionen in diese Technologien anzureizen. Der industrielle Abbau und die Speicherung von CO2-Mengen sollen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems angerechnet werden können. Leitlinien für Genehmigungsverfahren und ein Atlas potenzieller Speicherstätten sollen erarbeitet werden.

Neben den Plänen für den CO2-Binnenmarkt sowie ein CO2-Transport- und Speicherregelungspaket hat die Europäische Kommission im Zusammenhang mit den Klimazielen auch eine Strategie zum Einsatz sogenannter Kleiner Atomreaktoren (Small Modular Reactors, SMR) vorgestellt. Sie sollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien ergänzen und zur Netto-Null des Energiesektors beitragen.

Verschiedene Gruppen und Umweltverbände kritisieren das 90-Prozent-Ziel als zu niedrig. Doch viel wichtiger als die Zahl sind die Maßnahmen, die zur Erreichung des Ziels noch beschlossen werden müssen – nach den EU-Wahlen im Sommer. Besonders der im Kommissionsvorschlag enthaltene Eckpfeiler der CCS-Technologie wird kritisch gesehen. Die Kommission setze auf „kaum erprobte, ineffiziente und umweltschädliche technische Scheinlösungen wie die Abscheidung und Verpressung von Kohlenstoff“, kommentierte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. Erdöl und Erdgas hingegen sollen in großen Mengen (30 Prozent der Menge von 1990) über 2040 hinaus als Brenn- und Rohstoff eingesetzt werden (davon zwei Drittel „energy use“ and ein Drittel „non-energy use“).

Auf getrennte Ziele setzen: Emissionsreduktion, Kohlenstoffspeicherung und Kohlenstoffentnahme

Die im Deutschen Naturschutzring DNR zusammengeschlossenen Umweltorganisationen verweisen auf die Vorteile, die ein höheres Klimaziel von bis zu 95 Prozent mit sich bringen würde: Dazu zählen geringere Gesundheits- und Umweltrisiken, eine bessere Bezahlbarkeit von Energie sowie deutlich weniger Importe von fossilem Gas und Öl, womit die EU und einzelne Mitgliedstaaten wiederum ihre Kosten und ihre geopolitische Abhängigkeit verringern könnten.

Zudem betonen die Organisationen, dass das Erreichen der EU-Klimaziele getrennt von unrealistisch hohen Zielen für die Kohlenstoffentnahme betrachtet werden muss: Angesichts der fortschreitenden Klimakrise darf sich die EU nicht zu sehr auf technische und natürliche Senken für die Zielerreichung stützen, da deren Verlässlichkeit und Machbarkeit weiterhin große Unsicherheiten birgt. Es braucht daher drei separate Ziele: Ein hohes Ziel für die Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie getrennte Ziele für die Speicherung in natürlichen Senken und die dauerhafte technologiegestützte Kohlenstoffentnahme. Die letzten beiden dürfen zusammen allerdings nur einen geringen Anteil von drei Prozentpunkten ausmachen.

Beim CCS das Trinkwasser nicht gefährden

Der Verband Kommunaler Unternehmen sieht CCS als wichtigen Baustein beim Klimaschutz, mahnt aber den Schutz der Trinkwasserressourcen an. Diesen Aspekt unterstreicht auch der BDEW. Eine Untergrundspeicherung in Deutschland auf dem Festland bzw. in küstennahen Gebieten, die Einfluss auf die Trinkwassergewinnung haben könnte, müsse ausgeschlossen werden. Offshore seien Speicherungen von CO2 dagegen aus Sicht des BDEW unter Einhaltung bestimmter Kriterien möglich.

Potenziale von Kreislaufwirtschaft und Landwirtschaft nicht auf der Agenda

Das europäische Umweltbüro EEB schließlich weist auf die Lücken des Vorschlags hin. So sei es enttäuschend,  das es die Kommission versäume, die Emissionen aus dem Agrarsektor angemessen anzugehen. Auch die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft sowie Material- und Energieeffizienz hätten nicht den ihnen gebührenden Stellenwert im Kommissionsvorschlag gefunden. Petra Franke


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