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Carbon Capture and StorageUmweltbündnis warnt vor gefährlichem Irrweg CCS

Fabrikschlote, CO2, Kohlendioxid, Emissionen
Die Möglichkeit, CO2 im Boden zu verpressen, darf kein Freibrief für weitere CO2-Emissionen sein. (Foto: Kamran Ch on Unsplash)

Ein breites Bündnis von Umweltverbänden warnt vor den Gefahren der CO2-Verpressung. Sie sehen CCS als Scheinlösung, die den Ausstieg aus fossilen Energien und die Energiewende blockieren und befürchten weitreichende Klima- und Umweltschäden.

31.01.2024 – „Carbon Capture and Storage, kurz CCS, blickt auf eine jahrzehntelange Geschichte überhöhter Erwartungen und unerfüllter Versprechen zurück und wäre ein gefährlicher Irrweg im Kampf gegen die Klimakrise“, appelliert ein Bündnis von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen an die Politik anlässlich der bevorstehenden Veröffentlichung der Carbon Management Strategie der Bundesregierung. Es wäre ein Freibrief für die weitere Verwendung fossiler Energien, verzögere damit enorm die Energiewende und gefährde den Umbau der Industrie hin zu einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft. Bei CCS-Verfahren wird CO2 entweder der Atmosphäre entzogen oder bei dessen Entstehung in Industrieprozessen abgefangen und in unterirdischen Speichern eingelagert.

Im Bundeshaushalt ist ein erheblicher Anteil des Förderprogramms „Dekarbonisierung der Industrie und Carbon Management” für CCUS Projekte (Carbon Capture, Utilisation and Storage) vorgesehen – laut Pressemeldungen geht es um 1,36 Milliarden Euro aus dem Gesamtförderetat in Höhe von 3,55 Milliarden Euro bis 2030, also knapp 40 Prozent, berichten die Umweltorganisationen.

Gegenteil von Klimaschutz

„Eine staatliche Richtungsentscheidung für CCS wäre eine lebensverlängernde Maßnahme für klimaschädliche Produktion. Kraftwerke und ganze Industriezweige würden sich mit CCS über Jahrzehnte weiter an die Nutzung von Öl und Gas binden“, warnt das Bündnis. „CCS ist das Gegenteil von Klimaschutz. Es verhindert den Ausstieg aus fossilen Energien, gibt der Öl- und Gasindustrie noch mehr Macht und belastet kommende Generationen mit der Ewigkeitslast von CO2-Deponien.“ Das Bündnis ruft daher zu einer gesellschaftlichen Debatte über die CCS-Pläne der Bundesregierung auf, „bevor solche weitreichenden Entscheidungen getroffen werden.“

Subventionierung der Gasindustrie verhindern

Die Umweltverbände wenden sich gegen das Vorhaben der Bundesregierung, ein mehrere tausend Kilometer langes CO2-Entsorgungsnetz quer durch Deutschland, große unterirdische CO2-Endlager und einen grenzüberschreitenden Handel mit dem Transport und Deponieren von Kohlenstoffdioxid aufzubauen. Mit Milliardensummen aus Steuergeldern würde ein europaweites Geschäftsmodell für die Gasindustrie subventioniert, das umso profitabler wäre, je mehr CO2 entsteht, so die Kritik.

Warnung vor langfristigen Umweltschäden

Ganz abgesehen von den Gefahren für die Umwelt. „CCS gefährdet unser Trinkwasser, hat einen gewaltigen Flächenverbrauch, zerstört natürliche Landschaften und braucht enorm viel Energie und Material“, warnen die Umweltschützer. „Jede CO2-Verpressung an Land oder unter dem Meeresboden kann Erdbeben auslösen und giftige Ablagerungen in den Böden hervorrufen. CO2-Endlager in der Nordsee gefährden das Weltnaturerbe Wattenmeer.“

Über die mit CCS verbundenen Kosten und die schwerwiegenden Gefahren für Umwelt, Gesundheit und für das Klima lasse die Bundesregierung die Öffentlichkeit bisher im Dunkeln, mahnen die Akteure. Denn es sei bis heute nicht nachgewiesen, wie eine dauerhafte, sichere Lagerung großer Mengen verpressten Kohlenstoffdioxids im Untergrund gelingen kann, kritisiert das Umweltbündnis. Am Meeresboden etwa drohe durch Leckagen von CO2 das Wasser zu versauern – das könnte u. a. Muscheltiere und Korallen töten und regelrechte Todeszonen unter Wasser schaffen.

Es wäre zudem nicht akzeptabel, dass die Gaskonzerne nach einer Frist von einigen Jahrzehnten aus der Haftung entlassen und die hohen Klima- und Umweltrisiken der CO2-Deponien auf die Allgemeinheit verlagert werden, kritisieren die Organisationen. „Statt auf die Scheinlösung CCS zu setzen, braucht es jetzt biologischen Klimaschutz und Emissionsvermeidung. Beides ist sofort umsetzbar. Dies sind dauerhafte, nachhaltige Lösungen und wir wissen, dass sie funktionieren“, ist das Bündnis überzeugt.

Auch die Wissenschaft warnt vor den Folgen

2019 brachte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema CCS beim Petersberger Klimadialog wieder auf den Verhandlungstisch, Umweltverbände protestierten schon damals. Ebenso warnten Klimaforscher wie das MCC: Sie sehen CO2-Speicherung zwar als notwendige Maßnahme, raten aber, die umweltschädliche Technologie so wenig wie möglich einzusetzen. In ihrem MCC-Blog berichten Klimaforscher, dass die Menschheit in sechs Jahren rechnerisch so viel CO2 ausgestoßen haben wird, dass die 1,5-Grad-Marke der Erderwärmung überschritten wird. CO2-Entnahmen wären, so die Wissenschaftler, „eine Art planetarische Müllabfuhr, die wegen der Zaghaftigkeit der bisherigen Klimapolitik notwendig wird“ – doch eben keine Wunderwaffe im Kampf gegen die globale Erhitzung und sollten nur mit Vorsicht in eine Gesamtstrategie im Kampf gegen die Klimakrise eingebunden werden.

CCS auf dem Vormarsch

Ein Entwurf der Carbon Management Strategie der EU-Kommission soll nun am 6. Februar 2024 veröffentlicht werden. Im EU Net Zero Industry Act (aktuell im Trilog) sei vorgesehen, CCS-Projekte als dem „übergeordneten öffentlichen Interesse” dienend zu definieren, berichtet das Umweltbündnis. Einige Länder setzen bereits auf die CCS-Strategie. Die norwegische Regierung investiert bspw. Milliarden in die hochumstrittene Technologie.

Beteiligt am aktuellen Appell gegen CCS sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, Deutsche Umwelthilfe, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Bundesverband für Umweltberatung e.V, PowerShift e.V., urgewald e.V., GasWende, Naturschutzverein Südtondern, Bürgerinitiative Kein CO2 Endlager Altmark und die Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager. na


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