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Showdown im WaldAktivsten stellen sich Autobahnausbau entgegen

Luftbild einer im Bau befindlichen Autobahnbrücke, unweit von dichten Wäldern.
Immer weiter frisst sich die Autobahn A49 in die Landschaft. Natur und viele Tierarten leiden. (Foto: 19lite93/WikiCommons, CC BY-SA 4.0)

Seit den 1970er Jahren gibt es Widerstand gegen den Bau der A49 in Hessen. Nun greifen Klimaaktivsten zu einer radikalen wie bekannten Maßnahme. Mit Baumhäusern besetzen sie einen Wald, der für den letzten Autobahnabschnitt gerodet werden soll.

03.10.2019 – Der Bau der A49 – geplant und zum Großteil gebaut, um die beiden Städte Kassel und Gießen miteinander zu verbinden – ist seit 40 Jahren Kritik und Widerstand ausgesetzt. Statt Entlastung für Landstraßen erzeuge die A49 noch mehr Transitverkehr und beeinträchtige gleichzeitig schützenswerte Natur, so die einhellige Meinung von Umweltschützern, wie Thomas Norgall vom BUND in Hessen. „Was wir angesichts des Klimawandels mehr denn je brauchen, ist eine Verkehrswende, die es uns allen ermöglicht, uns umweltfreundlich fortzubewegen, und eine Mobilitätsdiskussion, die insbesondere das ständige Wachstum des Lkw-Verkehrs hinterfragt“, sagt Norgall.

Wiederholt klagte der BUND Hessen gegen den Ausbau der A49. Zuletzt 2014, gemeinsam mit dem NABU. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen des Gebiets- und Artenschutzes. Denn die Autobahn würde bei Inbetriebnahme ein geschütztes Gebiet nach europäischer Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) beeinträchtigen. Die Missachtung dieser Richtlinie führte erst kürzlich zum Stopp des Braunkohletagebaus Jänschwalde. Bezüglich der A49 lehnte das Gericht die Klage ab. „Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände“ würden durch die Planung weitgehend vermieden. Auch für die Trinkwasserversorgung entständen keine Risiken.

„Wald statt Asphalt“

Seitdem war es still geworden um den Ausbau der A49 – bis jetzt. Denn nun wird das letzte Teilstück der Autobahn in Angriff genommen. Dafür sollen ca. 85 Hektar Wald zwischen Stadtallendorf und der Anschlussstelle zur A5 bei Gemünden fallen. Dagegen formiert sich sichtbarer Widerstand. Eine Aktivistengruppe, die unter dem Namen „Wald statt Asphalt“ agiert, hat im von Rodung bedrohten Dannenröder Wald mehrere Baumhäuser errichtet. Ab Oktober beginnt die Rodungssaison. Und wie im Hambacher Wald, stellen die Aktivisten sich mit der Besetzung aktiv gegen die geplanten Baumfällungen.

Da andere Formen des Widerstands, wie Demos, Petitionen, Klagen und Appelle, den Bau der A49 bislang nicht aufhalten konnten, habe sich die Aktivistengruppe nach eigener Aussage für diese Form des Widerstands entschieden. Dabei gehe es nicht nur um den Schutz des Waldes, sondern insgesamt um eine ökologische Verkehrswende sowie eine nachhaltigere Lebensweise, mit weniger Ressourcenverbrauch und weniger Warenverkehr. Es gehe nicht nur darum, eine Autobahn durch den Danneröder Wald zu verhindern, sondern insgesamt den Bau neuer Autobahnen zu vermeiden.

Der Bau der A49 bedroht die Trinkwasserversorgung

Genau wie Umweltverbände und Bürgerinitiativen, weisen die Aktivsten auch auf Gefahren für die Trinkwasserversorgung in der Region hin. Denn der letzte Teilabschnitt der A49 würde durch das Wasserschutzgebiet des Gleentals führen, welches auch Frankfurt am Main mit Trinkwasser versorgt. Der Grundwasserspiegel im Gleental ist bereits bedrohlich gesunken. Die Versiegelung von Flächen durch die Autobahn könnte diesen Prozess beschleunigen.

Die Bürgerinitiative „Schutzgemeinschaft Gleental“ beklagt gegenüber dem hessischen Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen eine Doppelmoral. „Wir können nicht verstehen, wie ein grüner Verkehrsminister, dessen Partei auf Bundesebene für die Mobilitätswende eintritt, diesen Autobahnausbau verantworten kann“, so die Initiative in einer Pressemitteilung.

Eine Richtlinie der Europäischen Union könnte helfen

Gemeinsam mit der Bürgerinitiative sieht der BUND Hessen inzwischen neue rechtliche Möglichkeiten, da der Autobahnausbau gegen die aktuelle Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union verstoße. Diese legt einen europaweiten Gemeinschaftsrahmen für den Schutz und die Bewirtschaftung von Wasser fest. Oberflächengewässer und Grundwasser müssten demnach geschützt und eine Verschlechterung unbedingt verhindert werden.

Der aktuell genehmigte Plan des letzten Autobahnabschnitts berücksichtige die neue Wasserrahmenrichtlinie der EU nicht. Der BUND Hessen hat Al-Wazir davon in Kenntnis gesetzt. Dieser muss nun handeln. Ansonsten könnte es zu einem neuen Rechtsstreit kommen. Die Aktivisten von Wald statt Asphalt harren derweil in ihren Baumhäusern, um die drohende Rodung zu verhindern. Noch ist es relativ ruhig im Wald. Das könnte sich bald ändern. mf


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Kommentare

Diskutieren Sie über diesen Artikel

Schleich Alfred 03.10.2019, 16:16:05

+129 Gut Antworten

Hallo,

wir müssen den Aktivistinnen und Aktivisten von "Wald statt Asphalt" dankbar sein. Sie sezten für uns und für eine

bessere Umwelt viel aufs Spiel. Deswegen verdienen sie unsere Solidarität und Unterstützung. Auch gegen Hasserfüllte Kommentare von Leuten die noch nicht mal ihren Namen nennen, Feiglinge sind und mit Dreck werfen! Ich bin beeindruckt von den jungen Frauen und Männern im "Dannenröder Wald" und unterstütze sie so gut ich kann, für einebessere Zukunft. Wenn wir auf die Politiker warten wird das nichts! Es ist 5 nach 12 für unseren Planeten! Das müssen auch die endlich begreifen, die denken es ginge immer so weiter mit Wachstum, Wachstum, Wachstum!

Auch GRETA müssen wir danken. Sie hat den Damen und Herren dieser Welt gesagt was Sache ist! Bravo!

MfG

Alfred Schleich

Denkender Bürger 03.10.2019, 21:05:20

+115 Gut Antworten

So löblich die Absichten einer Verkehrswende insbesondere im Güterverkehr sind (ich hatte mich schon mehrfach dazu ausgelassen), so ist das Mittel der mittelbaren Gewalt, welches hier angewendet wird doch falsch. Zumal dadurch das Problem des immer weiter ausufernden Straßen-Güterverkehrs dadurch nicht beseitigt wird.

Hier ist nun (ausnhmsweise) wirklich mal die Politik gefragt, die Weichen für eine vernünftige Verkehrswende richtig zu stellen und das Übel bei der Wurzel zu packen.

Und das zu ändern wird man garantiert nicht dadurch erreichen, daß man ein einzelnes Straßenbau-Projekt sabotiert.


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