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Braunkohletagebau TurówBedrohtes Zittau legt Beschwerde bei der EU ein

Zittau mit dem Braunkohletagebau im Hintergrund
Die Stadt Zittau mit ihren 25.000 Einwohnern liegt in Sichtweite zum Braunkohletagebau Turów (im Hintergrund zu sehen). (Foto: Jürgen Lindert aus de.wikipedia, CC BY-SA 3.0 DE)          

Durch den polnischen Braunkohletagebau Turów wird grenzüberschreitend Grundwasser abgepumpt, das gefährdet den Boden unter dem deutschen Zittau. Betroffene haben Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht. Die Fortführung des Tagebaus sei illegal.

22.01.2021 – Es ist die zweite offizielle Beschwerde bei der EU-Kommission gegen den polnischen Braunkohletagebau Turów. Die Stadt Zittau hat gemeinsam mit weiteren Unterstützern, wie den Grünen im sächsischen Landtag, Beschwerde eingereicht, da die Fortführung des Tagebaus Turów ihrer Ansicht nach europäische Richtlinien verletzt. Und die Chancen stehen gut. Einer ersten Beschwerde tschechischer Behörden gab die EU-Kommission Ende vergangenen Jahres recht.

Die EU-Kommission monierte in ihrer Stellungnahme, dass Polen bei der Verlängerung der Konzession für den Tagebau grenzüberschreitenden Konsultationen nicht ordnungsgemäß durchgeführt habe. Der Tagebau liegt im Grenzgebiet zu Tschechien und Deutschland. Umweltauswirkungen des Tagebaus betreffen auch diese Länder. Auch habe es seitens polnischer Behörden keine ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben, die nach europäischem Recht vorgeschrieben ist, kritisierte die EU-Kommission. Tschechien kann nun vor dem Gerichtshof der Europäischen Union klagen.

Dass wollen auch die Stadt Zittau und ihre Unterstützer erreichen. Und die Zeit drängt, denn der Braunkohleabbau in Turów ist in Zittau spürbar. Weniger als fünf Kilometer vom Zentrum Zittaus entfernt beginnt der Tagebau. Auf einer Fläche von rund 50 km2 wird dort Braunkohle abgebaut. Unmengen an Grundwasser müssen abgepumpt werden, damit der Tagebau nicht vollläuft. Dadurch senkt sich der Boden in der Umgebung ab. Eine Studie im Auftrag der Frank Bold Society und Greenpeace aus dem vergangenen Oktober belegt, dass Zittau innerhalb dieses sogenannten Senktrichters liegt. Mehr als einen halben Meter könnte sich der Boden in Zittau bis 2044 absenken.

Die Bürger*innen der Stadt sind beunruhigt über diese Risse an ihren Häusern

Daniel Gerber, energie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag

Und der Boden hat sich bereits abgesenkt. Dies habe zu Schäden an mehreren Gebäuden in der Stadt geführt, erklärt der sächsische Landtagsabgeordnete Daniel Gerber von Bündnis 90/Die Grünen. „Die Bürger*innen der Stadt sind beunruhigt über diese Risse an ihren Häusern. Die bauliche Unversehrtheit ihrer Häuser oder zumindest der Wert ihres Eigentums steht auf dem Spiel“, so Gerber weiter, der gemeinsam mit der Stadt Zittau die Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht hat.

Sorge bereiten auch zu hohe Sulfatkonzentrationen in der Neiße. Der Fluss grenzt an der Stadt und markiert die Grenze zwischen Deutschland und Polen. Bei den ebenfalls umweltschädlichen Stoffen Cadmium, Uran und Nickel wurden ebenso höhere Konzentrationen festgestellt. Die Schadstoffe gelangen nachweislich durch die Entwässerung des Tagebau Turów in die Umgebung.

Grundlage für ein gutes Miteinander sind klare und gemeinsam getragene Regeln

Thomas Zenker, Oberbürgermeister von Zittau

Für den Oberbürgermeister von Zittau Thomas Zenker ist es sehr bedauerlich, so gegenüber der polnischen Seite vorgehen zu müssen. „Manche befürchten jetzt vielleicht Schaden daraus für die gewachsene gute regionale Zusammenarbeit. Wir sehen das aber anders: Grundlage für ein gutes Miteinander sind klare und gemeinsam getragene Regeln“, so Zenker.

Mit der eigenmächtigen Verlängerung der Konzession für den Bergbau in Turów bis 2026 verletzt Polen europäische Regeln, wie der einer fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung und grenzüberschreitenden Konsultationen – dass machte bereits die erfolgreiche Beschwerde Tschechiens deutlich. Gerber weist daraufhin, dass dieser Verstoß System habe. „Diese Art von Ausnahmegenehmigung, wie sie beim Tagebau Turów Anwendung findet, wurde gleichermaßen für drei weitere polnische Tagebaue erteilt“, sagt Gerber.

Ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren, nach der die polnische Regierung die europäische Richtlinie der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ordnungsgemäß in polnisches Recht umgesetzt habe, ist bereits anhängig. Doch der Prozess selbst wurde noch nicht eingeleitet. „Wir haben einen illegal betriebenen Tagebau vor unserer Tür“, so Gerber, der weiter ausführt: „Es gilt nun zu handeln, denn die grenzüberschreitende Grundwasserabsenkung gräbt uns erst das Wasser ab und dann rutscht uns regelrecht der Boden unter den Füßen weg“. mf


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