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PestizideZu viel Gift auf dem Acker

Traktor bringt Pestizide auf Acker aus
Auf den Äckern soll weniger Gift eingesetzt werden. Mit ökologischer Landwirtschaft kann das erreicht werden, mit gentechnisch veränderten Pflanzen eher nicht (Bild: Erich Westendarp / pixabay).

Die EU will Neue Genomische Technologien deregulieren, um Pestizide in der Landwirtschaft zu verringern. Ein Trugschluss, kritisieren NGOs. Gentechnisch veränderte Pflanzen brauchen mehr, nicht weniger Pestizide, um zu wachsen.

08.06.2023 – Die Farm-to-Fork-Strategie der EU fordert eine Reduktion chemischer Pestizide in der Landwirtschaft um rund 50 Prozent bis 2030. Die EU-Kommission will nun Anfang Juli einen Gesetzentwurf zum Einsatz von Gentechnik vorlegen. Geplant ist, Neue Genomische Technologien (NGT) zu deregulieren. Es wird argumentiert, dass NGT-Pflanzen weniger Pestizide benötigten, und deshalb geeignet seien, um die Ziele der Ernährungssicherheit und Pestizidreduktion zu erreichen.

Die NGOs GLOBAL 2000, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und foodwatch warnen jedoch eindringlich vor falschen Versprechen der Agrarlobby. Der Einsatz von NGT-Pflanzen habe erfahrungsgemäß noch nie weniger, sondern mehr Pestizideinsatz gebracht, und schade Biodiversität und Ernährungssicherheit.

Gentechnisch veränderte Pflanzen brauchen Pestizide

Die Idee, dass gentechnisch veränderte Pflanzen weniger Pestizide bräuchten, ist in der Realität nicht haltbar, zeigt eine Studie der NGO Foodwatch. Das Gegenteil ist der Fall. Gentechnisch veränderte Pflanzen werden normalerweise im Paket mit abgestimmten Pestiziden verkauft, ohne die sie kaum anbaubar sind.

Das liegt daran, dass die genetische Uniformität Pflanzen deutlich anfälliger für Schädlinge und Krankheiten machen, heißt es in der Studie. In Brasilien – wo besonders viele gentechnisch veränderte Sorten angebaut werden, ist der Pestizidabsatz seit 2000 um mehr als das vierfache gestiegen, sagt Lars Neumeister, Studienautor und Pestizidexperte von foodwatch in einer Pressemitteilung. Es sei zu erwarten, dass dies auch bei der Zulassung neuer NGT-Pflanzen der Fall sein werde.

Biologische Vielfalt verschwindet

Gentechnisch veränderte Pflanzen sind üblicherweise patentiert. Das bedeutet, dass Landwirte für jede Aussaat Saatgut und Pestizide einkaufen müssen. Sie können auch nicht aus Samen der letzten Ernte gezogen werden und auch eine Umstellung auf andere Pflanzen ist langwierig und schwierig. Damit machen sich Landwirte vollständig vom jeweiligen multinationalen Konzern abhängig, der die Pflanzensamen anbietet. Die sechs größten Saatguthersteller kontrollieren heute über die Hälfte des globalen Marktes. Vier von Ihnen sind auch die größten Pestizidverkäufer.

Globale Pestizid-Konzerne gewinnen, je mehr gentechnische veränderte Sorten eingesetzt werden. Die biologische Vielfalt, die so dingend für Ernährungssicherheit und den Klimaschutz gebraucht werden, verliert. Über die letzten 60 Jahre ersetzten Landwirte mehrheitlich traditionelle mit Hochertrags- und Hybridsorten. Das hat dazu geführt, dass drei Viertel aller Weizensorten verschwunden sind. In den sich schnell verändernden Bedingungen des Klimawandels seien jedoch gerade robuste und lokal angepasste Sorten notwendig, heißt es in der Studie. Nur so könne dem Klimawandel, durch den sich auch invasive Arten weiter ausbreiten, begegnet werden.

Ökologische Landwirtschaft statt Gift und Gentechnik

Derzeit existieren keine gentechnisch veränderten Sorten auf dem Markt, die keine oder kaum Pestizide benötigen und eine entsprechende Robustheit aufweisen könnten. Den Recherchen der NGOs zufolge sei davon auszugehen, dass es sei auch in den kommende 10 bis 15 Jahren nicht geben wird. Es sei zudem zu bedenken, dass es sich bei den Pflanzen, wenn sie überhaupt entwickelt werden, um eine neue Technologie handele, die erprobt werden müsse. Dem Gegenüber stehe die ökologische Landwirtschaft, die genau das erreichen kann, was gebraucht wird.

“Mit weniger oder sogar ohne chemisch-synthetische Pestizide zu arbeiten ist möglich – das zeigt der ökologische Landbau. Auch der integrierte Pflanzenschutz setzt zunächst auf Prävention und Förderung von Nützlingen. So kann schon eine breitere und vielfältige Fruchtfolge zu weniger Schaderregern beitragen”, so Pia Voelker vom BUND.

Vor dem Hintergrund der großen Profite der Pestizid-Konzerne sei weiterhin zweifelhaft, ob sie NGT-Pflanzen entwickeln, die tatsächlich weniger oder keine Pestizide benötigen. Um die Food-to-Fork-Strategie der EU umzusetzen und trotz Klimakrise die Ernährungssicherheit zu gewährleisten, sei eine Deregulierung von NGT-Pflanzen denkbar ungeeignet, kritisieren die NGOs. Statt auf die Versprechen der Agrarlobby zu hören, fordern sie echten Klima- und Biodiversitätsschutz sowie eine resiliente Landwirtschaft für die kommenden Generationen. jb


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